Schwanengesang (German Edition)
seinen ersten Auftritt. Ab da hat er für ein paar Folgen Randy, den Freund von Jenna Wades Tochter Charlie, gespielt.«
»Nein!« rief Melanie laut aus. »Ich glaube, ich bin gerade zum Dallas -Fan geworden.«
»Echt?«, fragte Gabriel erfreut.
»Natürlich nicht !« Melanie hatte ihr Augenmerk schon auf das zweite Geschenk gerichtet. »Und das ist für Lizzy?«, fragte sie und musterte argwöhnisch das Paket, das in Größe und Form exakt dem ersten entsprach. »Das sind aber nicht zufällig noch mehr Dallas -DVDs?«
Gabriel machte ein beleidigtes Gesicht. »Aber nein!«, empörte er sich, doch dann senkte er beschämt den Blick. »Doch! Die zweite Staffel. Glaubt ihr, das gefällt ihr nicht?«
»Ich habe da meine Zweifel«, meinte Marc. »Lizzy guckt Sachen wie Hannah Montana und liest Wendy -Hefte. Sie ist nämlich gerade in der Pferdephase. Aber egal. Da muss sie jetzt durch.« Er hob die Stimme und rief in den ersten Stock hinauf. »Lizzy? Kommst du mal runter?«
Fünf Sekunden später erschien ihr Kopf hinter dem Treppengeländer im ersten Stock. »Was isn?«
»Komm doch mal runter. Gabriel hat ein Geschenk für dich.«
Das schien zumindest kurzfristig ihr Interesse zu wecken, denn sie machte sich daran, langsam die Stufen herunterzutrotten.
»Na, Lizzy, kannst du dich noch an mich erinnern?« Gabriel fuhr zur Begrüßung die geballte Faust aus und hielt sie Lizzy direkt vor die Nase. »Ghettofaust!«, sagte er.
Das Mädchen starrte ihn irritiert an.
»Sie ist gerade zehn geworden«, erinnerte Marc seinen Freund.
»Ja eben, fast schon ein Teenager. Ich weiß, wie die heutzutage reden. Wenn sie etwas gut finden, sagen sie zum Beispiel ›knorke‹. Also, wenn ein Junge ein hübsches Mädchen sieht, sagt er zu den anderen: ›Schaut mal, der Backfisch da ist ja knorke.‹ Was Lizzy? Das wirst du bald noch oft zu hören bekommen!« Er grinste breit und strubbelte Lizzy mit der linken Hand über die Haare.
Als das Mädchen die Gipsschiene an Gabriels Mittelfinger sah, zuckte sie leicht zurück.
»Hast du Angst vor dem Verband?«, fragte Gabriel und hob seinen Mittelfinger. »Den habe ich mir extra anfertigen lassen. Sehr nützlich, wenn ich mal wieder einem lieben Mitbürger die Meinung geigen muss. Neulich hat mich so ein Arschloch auf der Autobahn geschnitten. Hatte ein Fischsymbol hinten auf dem Kofferraumdeckel, aber den Führerschein muss er von Satan persönlich bekommen haben. Na ja, diesen Christenmenschen habe ich mir sofort geschnappt und ihm beim Überholen gezeigt, was ich von seinen Fahrkünsten halte.«
Marc sah, dass Melanie hinter Gabriels Rücken die Augen verdrehte. Um die Situation zu retten, sagte er schnell: »Guck doch mal, Lizzy, was Gabriel für dich hat.«
»Was ist das denn?«, wiederholte Lizzy die Frage ihrer Mutter wenige Sekunden später, nachdem sie das Geschenk ausgepackt hatte.
»Das ist Dallas!«, erklärte Gabriel. »So etwas wie Gute Zeiten, schlechte Zeiten , aber tausendmal besser. Und mit ganz vielen Pferden«, fügte er schnell noch hinzu.
»Danke«, sagte Lizzy ohne jede Begeisterung. »Kann ich jetzt wieder auf mein Zimmer?«
Gabriel schaute ihr hinterher, als sie die Treppe hochging. »Ach, Kinder«, seufzte er erinnerungsselig. »Ich glaube, sie hat sich wirklich gefreut.«
»Verdammt!« Melanie schaute hektisch auf die Uhr. »Ich habe die Tofu-Frikadellen vergessen.«
Sie drückte Marc die DVDs in die Hand und lief in Richtung Küche.
Gabriel grinste. »Weißt du, was ich an deiner Freundin am meisten mag?«, fragte er Marc. »Ihren Humor. Herrgott, Tofu- Frikadellen!«
Fünf Minuten später saß Gabriel am Esstisch und seine gute Laune war wie weggeblasen. Mit großen Augen starrte er auf seinen Teller. »Was ist das?«, raunte er Marc zu, als Melanie gerade in der Küche war.
»Tofu-Frikadellen. Hatte ich nicht erwähnt, dass Melanie Vegetarierin ist?«
»Nein, hast du nicht.« Gabriel seufzte schwer. »Ich fürchte, diesen Abend werde ich nur mit sehr viel flüssiger Nahrung überstehen.«
Und dieses Versprechen setzte er in die Tat um. Schon vor dem Nachtisch, einem veganen Mousse au Chocolat aus Seidentofu, hatte er eine ganze Flasche Rotwein intus.
Eine weitere Stunde später saß er auf der Couch, vor sich die dritte Flasche und war in entsprechender Stimmung. In Gabriels Fall bedeutete das, er wurde immer melancholischer.
»Marc sagt, du hättest ein paar Schwierigkeiten, dich wieder in Bielefeld einzuleben«, soufflierte Melanie, sie
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