Schwanengesang (German Edition)
Herberts Enkelin zu helfen. Das Mädchen war damals sechzehn, hatte keinen Schulabschluss und keine Chance, jemals eine Lehrstelle zu bekommen. Frau Reichert hat sie dann als Hausmädchen angestellt.«
»Yvonne?«, fragte Marc erstaunt.
»Ja. Sie kennen sie?«
»Ich habe sie mal kurz getroffen«, antwortete Marc knapp. »Darf ich fragen, wie Ihr persönliches Verhältnis zu Frau Reichert war?«
»Es war von Anfang an gut und ist über die Jahre immer enger geworden. Ich habe sie, wann immer es meine Zeit zugelassen hat, auch zu Hause besucht. Hauptberuflich bin ich Pharmareferent und sehr viel unterwegs. Deshalb konnte ich sie bei Weitem nicht so oft sehen, wie ich es gewollt hätte.«
»Haben Sie bei einem Ihrer Besuche bei Frau Reichert Herrn Dr. Heinen kennengelernt?«
Lichtenfeld hob den Blick, als suche er nach einer entfernten Erinnerung. »Heinen, Heinen«, murmelte er vor sich hin. »Neeein«, sagte er dann gedehnt. »Ich denke nicht.«
»Vielleicht ein Mitglied Ihres Vereins?«, versuchte Marc ihm auf die Sprünge zu helfen.
»Nein, das kann ich ausschließen. Mir sind alle unsere zweihundertsiebenundsechzig Vereinsmitglieder bekannt, zumindest namentlich.«
Marc stand auf und gab ihm die Hand. »Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben«, sagte er. »Und viel Glück für die Zukunft Ihres Vereins.«
21
Um Punkt halb acht läutete es an der Tür.
Als Marc öffnete, stand Gabriel vor ihm. In der Hand trug er eine Plastiktüte.
»Schön, dass du da bist«, begrüßte Marc seinen Freund und begleitete ihn in den Flur. Als Gabriel dort auf Melanie traf, wusste er offensichtlich nicht, ob er sie zur Begrüßung umarmen oder sich mit einem Händedruck begnügen sollte. Schließlich entschied er sich für eine Art Mittelding, indem er ihre Hand schüttelte und gleichzeitig unbeholfen ihre Schulter tätschelte.
Als Gabriel sich wieder von ihr löste, entnahm er seiner Plastiktüte zwei in Geschenkpapier eingewickelte Pakete.
»Für Lizzy und für dich«, sagte er zu Melanie und zischte Marc zu: »Du kriegst nichts.«
Marc beobachtete Melanie beim Auspacken ihres Geschenks.
»Was ist das denn?«, fragte sie verblüfft.
»Das, meine Liebe, ist die erste Staffel von Dallas auf DVD. Ich weiß, dass Marc seine alten VHS-Kassetten weggeschmissen und sie nicht durch DVDs ersetzt hat.«
Melanie machte ein Gesicht, als habe sie in eine Zitrone gebissen. Gabriel betrachtete sie aufmerksam und auf einmal zogen sich seine Augenbrauen zusammen.
»Nein!«, rief er laut aus. »Du bist doch nicht etwa Fan vom Denver-Clan ?« Das war so ziemlich das schlimmste Vergehen, das ein fanatischer Dallas- Anhänger wie Gabriel sich vorstellen konnte.
» Denver , Dallas , ist mir alles vollkommen schnurz«, gab Melanie ungerührt zurück. »Für so einen Schrott ist mir meine Zeit echt zu schade!«
»Schrott?« Gabriel starrte Melanie entsetzt an. »Was meinst du mit Schrott?« Hilfe suchend fixierte er Marc. »Was meint sie mit Schrott?«
»Nichts, Gabriel, beruhig dich wieder. Sie weiß nicht, wovon sie redet. Als Dallas das erste Mal im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde, war Melanie noch nicht einmal geboren.« Dann wandte er sich seiner Freundin zu. »Schrott, so so. Und was ist mit Reich und Schön? «
» Reich und Schön ist etwas vollkommen anderes. Da geht es um realistische Probleme aus der Modewelt. Und in dieser Branche bin ich zufällig tätig.«
»Ich verstehe. Du betrachtest deinen Reich und Schön -Konsum also als eine Art Fortbildung.« Marc ließ seine Stimme ins Falsett kippen. »›O Stephanie, Rick hat Taylor verlassen und ist wieder mit Brooke zusammen.‹ Jetzt weiß ich endlich auch, warum ich das die ganzen Jahre für dich aufnehmen musste.«
Melanie warf ihm einen finsteren Blick zu. »Er heißt Ridge, nicht Rick. Und ich kann in deinem Interesse nur hoffen, dass du nicht vergisst, heute Abend Der seltsame Fall des Benjamin Button aufzunehmen. Sonst bekommst du in den nächsten Monaten Simpsons -Verbot.«
»Du bist Brad-Pitt-Fan?«, fragte Gabriel dazwischen.
»Sie ist der größte Fan überhaupt«, antwortete Marc für seine Freundin. »Da kann nicht mal mehr Johnny Depp mithalten.«
Gabriel nickte langsam. »Dann beantworte mir eine Frage, Melanie: Welcher mittlerweile weltberühmte Schauspieler hat seine Karriere in Dallas begonnen? Nicht vorsagen, Marc!«
»Doch wohl nicht Brad Pitt?«, mutmaßte Melanie.
»Eben der. Er hatte in der 264. Folge Das Ende der Geheimnisse
Weitere Kostenlose Bücher