Schwanengesang (German Edition)
Bevor du fragst, womit die Polizei die Fingerabdrücke verglichen hat: mit denen von den Dallas -DVDs, die du Melanie und Lizzy geschenkt hast.«
Gabriel zog eine Grimasse. »Das kommt also dabei heraus, wenn man anderen Menschen eine Freude machen will. Also gut, ich gebe zu, dass ich Charlottes PC aufgestellt und auch das Passwort notiert habe. Aber das ist schließlich kein Verbrechen. Genauso wenig wie die Tatsache, dass ich deine Adresse auf den anderen Zettel geschrieben habe. Charlotte hatte mich darum gebeten, nachdem ich dich als Anwalt empfohlen hatte.«
»Nein, dieser Zettel diente nur einem Zweck: der Änderung von Johanna Reicherts Testament. Und die Testamentsänderung diente wiederum auch nur einem Zweck: um nachzuweisen, dass ich ein finanzielles Interesse an Johanna Reicherts Tod hatte.«
»Aber davon habe ich doch nichts gewusst!«, protestierte Gabriel.
»Doch, das musst du gewusst haben. Warum hast du sonst meine Privatanschrift und nicht meine Kanzleianschrift auf den Zettel geschrieben? Und was sollte die Angabe meines Geburtsdatums? Das waren völlig unangebrachte Informationen, wenn es nur darum ging, der Vollmer einen Anwalt zu empfehlen! Die Polizei sieht das übrigens genauso. Sie ist davon überzeugt, dass du Charlotte Vollmer erschossen hast. Du warst gestern Abend bei ihr. Als ich geschellt habe, hat es eine ganze Zeit gedauert, bis sie aufgemacht hat. Ich vermute, dass sie nicht vorhatte, mich reinzulassen, aber du wolltest wissen, was ich herausgefunden habe. Und was du dann mit anhören musstest, hat dir ganz und gar nicht gefallen. Du hattest Angst, dass deine Geliebte einem Polizeiverhör nicht standhalten und alles gestehen würde. Deshalb musste sie sterben!«
»Das sind doch alles haltlose Spekulationen! Hast du auch nur den geringsten Beweis für deine abstrusen Theorien?«
»Ja, den habe ich. Deine Fingerabdrücke sind nämlich nicht nur auf dem Adresszettel und dem Passwortzettel aus Charlotte Vollmers Wohnung. Wie heute Vormittag festgestellt worden ist, waren sie auch auf den beiden Beweisstücken aus Melanies Nachttisch. Hast du auch eine Ausrede dafür, wie deine Fingerabdrücke dorthin gelangt sein können?« Marc wartete gar nicht ab, wie Gabriel auf seine rhetorische Frage reagierte und sprach gleich weiter. »Kriminalhauptkommissar Templin ist in diesem Augenblick beim Amtsgericht, aber nicht, um einen Haftbefehl gegen mich zu erwirken, sondern einen Durchsuchungsbeschluss für deine Kanzlei und deine Wohnung. Die Polizei wartet tatsächlich unten. Aber nicht wegen mir, sondern wegen dir.«
Gabriel lächelte kalt. »Und was genau hoffen sie hier zu finden?«
»Zum Beispiel die Mordwaffe.«
»Glaubst du wirklich, ich wäre so dumm, die zu behalten?«
»Nein, du denkst, du seiest so clever, dass dir nie jemand auf die Schliche kommen wird. Ich glaube, du hast die Mordwaffe behalten, weil du meinst, dass du sie vielleicht noch einmal brauchen könntest.«
»Weißt du was, Marc?« Mit einer blitzschnellen Bewegung zog Gabriel eine Schublade seines Schreibtisches auf und hielt plötzlich eine großkalibrige Pistole in der Hand, die er auf Marc richtete. »Es stimmt: Es sieht tatsächlich so aus, als würde ich sie noch einmal benötigen.«
Obwohl Marc fast damit gerechnet hatte, zuckte er zusammen. »Mach keinen Scheiß, Gabriel«, sagte er so ruhig wie möglich. »Es ist aus. Du hast keine Chance mehr.«
»Kann sein«, meinte Gabriel. »Kann aber auch nicht sein. J. R. war schon in aussichtsloseren Situationen. Aber er ist jedes Mal davongekommen. Ja, er ist sogar von den Toten auferstanden, weißt du noch, Marc?« Er lächelte erinnerungsselig. »Als ich dir eben sagte, du seiest wie mein Bruder, habe ich das ernst gemeint, Marc. Allerdings verstehen die meisten Menschen eines nicht: Der zentrale Konflikt bei Dallas war nie der zwischen J. R. und Cliff Barnes oder etwa zwischen J. R. und WestStar , nein, der eigentliche Kampf fand immer zwischen den Brüdern statt, zwischen J. R. und Bobby. Deshalb musste Bobby nach seinem Tod am Ende der achten Staffel in der zehnten ja auch zurückkehren.«
»Ja«, bestätigte Marc. »Die beiden haben sich bekämpft bis aufs Messer. Insbesondere J. R. hat mit allen Tricks gearbeitet: Testamentsfälschung, Denunziation, Spionage, Betrug, Intrigen, Erpressung, ja, er hat sogar Edgar Randolph in den Selbstmord getrieben. Aber eines hat J. R. nie getan: jemanden ermordet. Und deshalb wirst auch du mich nicht
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