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Schwanengrab

Schwanengrab

Titel: Schwanengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schwarz
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Worten zuckte sie zusammen. »Aber genau das ist ja das Problem! Du siehst aus wie sie. Du könntest ihr Zwilling sein.« Ihr Körper zitterte plötzlich, als hätte sie Fieber.
    Erschrocken starrte ich sie an. Das war echt, nicht gespielt. Geli hätte gar nicht das Zeug dazu gehabt, mir eine derartige Szene aufzutischen. Dazu war sie eineviel zu schlechte Schauspielerin. Sie hatte Angst, unglaubliche Angst. Aber vor was?
    »Veronika?«, hakte ich nach. »Du meinst Veronika?«
    »Schhhh!« Sie legte ihren Finger auf den Mund. »Nicht so laut! Man darf uns hier nicht zusammen sehen.«
    »Was? Aber warum denn nicht?«
    »Frag doch nicht so viel.« Sie klang flehend.
    Ich hielt ihr den Drohbrief erneut unter die Nase.
    »Wenn du mir nicht sagst, was hier los ist, gehe ich damit zu Herrn Kurz, und zwar jetzt – sofort!«
    »NEIN!« Sie unterdrückte einen Schrei. »Nein, bitte ... tu das nicht.«
    »Dann erklär’s mir.«
    »Die Briefe ... sie sind von mir«, sagte sie so leise, dass ich Mühe hatte, sie zu verstehen.
    Es aus Gelis Mund zu hören, war bitter. »Warum?«
    »Ich wollte dich nicht bedrohen. Ich wollte dich schützen.« Tränen rannen über ihr Gesicht. Sie war blass und wirkte zerbrechlich.
    »Du schickst mir Drohbriefe und willst mich damit schützen?«, wiederholte ich fassungslos. »Spinnst du?«
    Sie fasste meinen Arm, als befürchtete sie, ich könnte einfach gehen.
    »Neela ... der Zettel an deinem Fahrrad ... Ich habe mitgehört, als du dich mit Christoph über sie unterhalten hast. Sie ist von der Schule geflogen, weil jemand über sie Gerüchte verbreitet hat. Ich dachte, du würdest auch die Schule wechseln, wenn du erst einmal mitihr gesprochen hast. Du weißt gar nicht, wie gefährlich das hier alles ist.«
    Ich schauderte. »Wovon sprichst du?«
    Geli sah aus wie ein verängstigtes Reh. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ihre Nasenflügel bebten. Ihr ganzer Körper wirkte wie erstarrt. Himmel noch mal, was war mit ihr los? Ich wollte sie beruhigen, aber ich wusste nicht, wie. »Bitte Geli, du musst mir erzählen, was du weißt. Vielleicht kann ich dir helfen.«
    Erschrocken schüttelte sie den Kopf. »Du kannst mir nicht helfen. Geh wieder. Geh einfach von der Schule ... damit sich alles wieder beruhigt.«
    Ihr Atem ging flach.
    »Sag mir doch einfach, was hier los ist.«
    »Ich kann nicht«, wiederholte sie. Draußen auf dem Flur hörte man Stimmen. Langsam schien sich die Schule zu füllen. Sie hielt die Luft an und lauschte. Nervös blickte sie zur Tür. »Ich hab schon zu viel gesagt.«
    Zu viel? »Aber ...«
    »NEIN! ... Nein ... Ich muss jetzt los.« Ihr Blick huschte zur Tür. »Hör zu«, sagte sie, mit den Tränen kämpfend. »Verschwinde wieder. Geh einfach und stell keine Fragen mehr. Am besten noch heute!«
    »Aber wieso?«
    »Weil sonst alles wieder von vorne beginnt.«
    Ihre Lippen zitterten, als sie diesen Satz aussprach. Mir lief es eiskalt über den Rücken.
    Sachte streckte ich meine Hand aus, berührte ihren Arm. Sie zuckte zusammen, als hätte sie sich verbrannt.
    »Was beginnt von vorne?«, fragte ich leise.
    Wieder Stimmengewirr. Eine Gruppe Mädchen ging wohl den Flur entlang. Dann mischte sich eine Männerstimme in den Chor. Ein Lehrer?
    »Ich kann nicht mehr!« Tränen schossen in ihre Augen, dann drehte sie sich um und lief davon. Ich rannte ihr nach, holte sie auf dem Flur wieder ein, packte ihren Arm und zog sie durch die nächstbeste Tür ins Mädchenklo. Alle Toilettentüren standen offen, also waren wir allein. Mit einem kräftigen Schubs landete Geli in einer Kabine, ich drängte mich hinterher und verriegelte von innen.
    »Was?« Nur mit Mühe konnte ich mich beherrschen, sie nicht anzuschreien. »Erzähl endlich, was los ist!«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihr Gesicht war kreidebleich.
    »Wenn ich das tue, bin ich die Nächste!«
    Ich starrte sie fassungslos an. Die Nächste? »Geli! Lass mich dir helfen. Aber du musst schon sagen, was los ist. Wir können gemeinsam zu Herrn Kurz gehen, wenn du willst.«
    Energisch schüttelte sie den Kopf.
    »Bitte, Geli!« Ich packte ihre Schultern. »Geli, hat jemand bei Veronikas Tod nachgeholfen?« Endlich hatte ich ausgesprochen, was schon lange in mir brannte.
    Wieder schimmerten Tränen in ihren Augen.
    »Im Juni, als Veronika starb ...« Sie stockte. Weiter! , drängte es in mir. Erzähl weiter! Und sie tat es tatsächlich: » Schwanensee . Sie war wirklich gut. Die ideale Besetzung für die Rolle der Odette. Ich habe

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