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Schwanengrab

Schwanengrab

Titel: Schwanengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schwarz
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Platz war leer.
    Herr Simon begann mit dem Unterricht und kritzelte irgendwelche Zahlenreihen an die Tafel. Unter normalen Umständen fiel es mir schon schwer, die Zusammenhänge zu verstehen, aber nun war es vollkommen unmöglich. Irgendwann klopfte es zaghaft an der Tür. Geli trat ein, kreidebleich mit rot geränderten Augen. Sie stammelte etwas von verschlafen, Kopfschmerzen und sonst noch etwas. Als sie sich durch die Bänke zu ihrem Tisch zwängte, versuchte ich vergeblich, ihren Blick zu erhaschen.
    Nach einer qualvoll langen Doppelstunde Mathe läutete es endlich. Wir hatten Sport. Auf dem Weg zur Halle verschwand Geli erneut. Ich suchte auf der Toilette nach ihr. Aber weder dort noch in der Umkleide konnte ich sie finden. Mit einem seltsamen Gefühl zog ich mich um und folgte den anderen. Herr Simon hatte für den Sportunterricht ein Zirkeltraining vorgesehen. Wir waren alle mit dem Aufbau der Geräte beschäftigt, als Geli endlich die Halle betrat.
    »Geli!«, rief Herr Simon. »Wir haben dich schon vermisst. Wie wäre es, wenn du zur Strafe für dein erneutes Zuspätkommen gleich mal den Kasten holst?« Seine Stimme hatte Eisfachcharakter.
    Geli gehorchte, ohne einen Laut von sich zu geben. Sollte ich ihr folgen? Vielleicht konnte ich in der Abgeschiedenheit des Geräteraumes an das Gespräch von vorhin anknüpfen.
    »Hey, kannst du mal mit anpacken?«, schnauzte Nessi mich an, die gerade mit den Ringen kämpfte. Sie drücktemir das Seil in die Hand. Ich schaffte es schließlich, die Blockade zu lösen. Die Ringe bewegten sich nach unten. Aber wie funktionierte der Feststellmechanismus? Wo war denn nur Herr Simon?
    Als ein spitzer Schrei aus dem hinteren Teil der Halle ertönte, ließ ich vor Schreck das Seil los. Die Ringe krachten nach unten, haarscharf an Nessis Kopf vorbei.
    Von allen Seiten rannten wir zum Geräteraum. Geli lag regungslos am Boden, eine schwere Leiter direkt auf ihrem Brustkorb. Herr Simon kniete neben ihr.
    »Die Leiter!«, schrie er. »Schnell, hebt sie hoch!« Zwei oder drei packten mit an. »Geli?« Er tätschelte vorsichtig ihre Wange. Sie stöhnte auf vor Schmerz. Der Boden unter ihrem Kopf war blutverschmiert.
    Ich hörte Herrn Simons Anweisungen wie durch eine dichte Nebelwand. Einige liefen los, um Hilfe zu holen. Ich konnte mich nicht rühren, stand einfach nur da. Als Geli ihre Augen öffnete und unsere Blicke sich trafen, drehte sie fast unmerklich den Kopf hin und her, dann schloss sie stöhnend die Lider. Ich kniete mich zu ihr und nahm ihre Hand. Sie war erschreckend kalt und schlaff. Ganz vorsichtig rieb ich mit dem Daumen über ihre Finger.
    »Hau ab!«, zischte Caro und schubste mich unsanft zur Seite. »Geli!«, rief sie laut. »Geli, alles in Ordnung?«
    Ganz langsam hob Geli ihre Augenlider, dann sah ich Tränen ihre Wangen hinunterlaufen. Ihr Mund zitterte, als wolle sie etwas sagen, aber sie brachte keine Silbe über die Lippen.
    »Sch...«, flüstere Caro und strich sachte über Gelis Mund. »Nicht sprechen, sonst tuts noch mehr weh. Der Notarzt kommt sicher gleich.« So einfühlsam hatte ich Caro noch nie erlebt. Geli verzog schmerzhaft das Gesicht. Sie tat mir furchtbar leid.

Kapitel 35
    In der Zwischenzeit war auch Herr Kurz in die Turnhalle geeilt und Frau Krahes schrille Stimme rief etwas von einem Rettungswagen, der bereits alarmiert sei.
    Es dauerte nicht lange, bis wir das Martinshorn hörten. Dann bahnten sich zwei Sanitäter einen Weg durch die Menge.
    Kälte kroch über meinen Rücken und ich lehnte mich an den Mattenwagen, während Geli verarztet und auf eine Bahre gelegt wurde. Die Kopfbandage über ihrem blutverschmierten Haar, der feuchte rote Fleck auf dem Fußboden, ihr schmerzerfülltes Stöhnen ... Geschockt blickte ich ihr nach, als sie abtransportiert wurde.
    Ich stand direkt unter der Verankerung, in der noch vor einigen Minuten die schwere Holzleiter hing. Nichts Auffälliges war daran zu entdecken. Keine Spur von lockeren Schrauben oder dergleichen.
    Frau Krahe scheuchte uns in die Umkleide. Die anderen Mädchen unterhielten sich und diskutierten laut, während wir uns umzogen. Ich hörte nicht einmal zu. Erst am Morgen hatte Geli diese seltsamen Andeutungen gemacht. Die Nächste! Nun hatte sie selbst einen Unfall gehabt. Zufall?
    Herr Simon dirigierte uns zurück ins Klassenzimmer. Die Pause mussten wir dort verbringen, aber gedanklichwar ich ganz woanders. Endlich erschien die Krähe, um uns über Gelis Zustand zu

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