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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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war, warf sich auf die Präsermassen und stach mit einer Wut um sich, die sich nur teilweise damit erklären ließ, daß er die Nacht durcharbeiten mußte. Am meisten ärgerte ihn, wie unverschämt die Dinger waren. Mit Präservativen hatte Skullion normalerweise wenig im Sinn. Unnatürlich nannte er sie, und für ihn gehörten sie wie Schuhe mit Gummizug an der Seite und fertig gebundene Fliegen auf die unterste gesellschaftliche Stufe. Keine passende Kleidung für einen Gentleman. Doch mehr noch als ihre niedere Herkunft erzürnte ihn, daß eine so große Anzahl derart aufgeblähter Kondome die Würde von Porterhouse beleidigte. Die Mahnung des Dekans, von dieser Plage dürfe nichts nach außen dringen, war für Skullion überflüssig. So etwas brauchte man ihm nicht zu sagen. »Wir wären das Gespött der ganzen Universität«, dachte er und spießte ein besonderes Prachtexemplar auf. Als der Tag über Cambridge anbrach, hatte Skullion den Neuen Hof gesäubert. Der eine oder andere war in den Garten entkommen, und er begab sich durch den Bogengang dorthin und spießte die letzten auf. Hinter ihm war der Hof mit zerfetztem, auf dem Schnee so gut wie unsichtbarem Latex übersät. »Die sammle ich erst auf, wenn’s ein wenig heller ist«, murmelte er. »Jetzt sehe ich sie gar nicht.« Gerade hatte er ein kleines, aber wendiges Exemplar im Rosengarten zur Strecke gebracht, da bewirkte ein von der Spitze des Tower kommendes dumpfes Grollen, daß er sich umdrehte und hochblickte. In dem alten Schornstein ging irgend etwas vor. Die Schornsteinkappe wackelte. Es schien, als schwelle die vor dem Morgenhimmel schemenhaft sich abzeichnende Backsteinkonstruktion an. An Stelle des Grollens trat ein ungeheures Krachen, als aus dem Schornstein ein Feuerball austrat und sich ausdehnte, ehe er über dem College niederging. Der Schornstein darunter krachte seitwärts weg und fiel auf das Dach des Turmes aus dem vierzehnten Jahrhundert, der, begleitet von einem langsam lauter werdenden Grollen des Mauerwerks, seine gesamte Fassade verlor. Nun konnte man in die Zimmer sehen, deren Böden sich schrecklich neigten und dann wegsackten. Skullion starrte wie gebannt auf das Spektakel. Im ersten Stock rutschte ein Bett seitlich weg und fiel auf das unten liegende Mauerwerk. Schreibtische und Stühle folgten seinem Beispiel. Rufe und Schreie wurden laut. Aus Hauseingängen strömten Menschen, und rund um den Hof wurden Fenster aufgerissen. Skullion ignorierte die Hilferufe. Er war gerade damit beschäftigt, die letzten Präservative zu jagen, als der Rektor in seinen Morgenmantel gehüllt aus dem Rektorhaus auftauchte und zur Unglücksstätte eilte. Auf dem Weg durch den Garten ertappte er Skullion dabei, wie er ein auf dem Fischteich treibendes Präservativ aufzuspießen versuchte. »Öffnen Sie das Haupttor«, rief ihm der Rektor zu. »Noch nicht«, lautete Skullions knappe Antwort. »Was soll das heißen, noch nicht?« verlangte der Rektor zu wissen. »Rettungswagen und Feuerwehr müssen durch.«
    »Kommen keine Fremden ins College, bevor ich diese Dinger entfernt habe. Das wäre nicht richtig«, sagte Skullion.
    Wutentbrannt starrte der Rektor das schwimmende Präservativ an. Skullions Weigerung brachte ihn zur Weißglut. »Es gibt Verletzte«, schrie er.
    »Und wenn schon«, sagte Skullion. »Man muß aber auch an den Ruf des Colleges denken.« Damit beugte er sich über den Teich und brachte die schwimmende Blase zum Platzen. Sir Godber dreht sich um und lief zum Unfallort. Skullion folgte ihm langsam. »Hat kein Gespür für Tradition«, stellte er bekümmert fest und schüttelte den Kopf.

Kapitel 10
    »Diese Brieschen sind köstlich«, sagte der Dekan beim Abendessen. »Die gerichtsmedizinische Anhörung hat mich rechtschaffen hungrig gemacht.«
    »Sehr taktvoll abgewickelt«, sagte der Obertutor. »Ich muß zugeben, daß ich mit einem weniger großzügigen Entscheid gerechnet hatte. Mit dem Selbstmord schaden sie keinem.«
    »Selbstmord?« rief der Kaplan. »Hat da jemand Selbstmord gesagt?« Er sah sich erwartungsvoll um. »Endlich ein Thema, das wir gründlich erörtern sollten.«
    »Das hat der amtliche Leichenbeschauer schon ausführlich getan, Kaplan«, brüllte ihm der Schatzmeister ins Ohr. »Was wirklich nett von ihm war«, sagte der Kaplan. »Das erwähnte der Obertutor gerade«, erklärte der Schatzmeister.
    »Hat er? Wie interessant«, sagte der Kaplan, »und es war auch an der Zeit. Hatten schon seit etlichen Jahren

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