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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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ich eine gewisse Mitverantwortung an diesem Vorfall eingestehen. So wie die Dinge liegen, werde ich genug damit zu tun haben, Geld für den Restaurierungsfonds zu beschaffen. Die Turmreparatur wird über eine Viertelmillion kosten.« Lady Mary musterte ihn streng. »Godber«, sagte sie, »du darfst jetzt nicht schwach werden. Du mußt deinen Grundsätzen kompromißlos treu bleiben. Auf keinen Fall darfst du die Waffen strecken.«
    »Waffen, meine Liebe?«
    »Waffen, Godber, Waffen.«
    Sir Godber runzelte skeptisch die Stirn. Die Waffen, die er einmal besessen hatte – wobei er im Hinblick auf Lady Marys Pazifismus zweifelte, ob diese Wortwahl moralisch angemessen war –, schienen ihm durch Zipsers tragischen Akt entwunden worden zu sein.
    »Ich wüßte wirklich nicht, was ich tun kann«, sagte er schließlich.
    »Na, zuallererst kannst du für den freien Verkauf von Präservativen im College sorgen.«
    »Was kann ich?« schrie Sir Godber.
    »Du hast mich sehr wohl verstanden«, schnauzte seine Frau ihn an. »Im King’s College hängt ein Automat auf der Toilette, in einigen anderen Colleges ebenfalls. Es scheint mir eine ganz normale Vorsichtsmaßnahme zu sein.«
    Der Rektor schüttelte sich. »Im King’s hängt einer rum, Wie? Na, die haben’s aber auch wirklich nötig. Der Laden ist eine Brutstätte der Homosexualität.«
    »Godber«, sagte Lady Mary warnend. Sir Godber schwieg. Er kannte Lady Marys Meinung über Homosexuelle. Sie schätzte diesen Personenkreis genauso so sehr wie Füchse, und ihre Meinung von der Fuchsjagd war, gelinde gesagt, extrem negativ. »Damit wollte ich nur andeuten, daß King’s diese Dinger aus gutem Grund hat«, sagte er.
    »Ich kann mir kaum vorstellen ...«, begann Lady Mary, als das französische Aupair-Mädchen den Kaffee brachte. »Wie ich schon sagte ...«
    »Pas devant les domestiques«, unterbrach ihn seine Frau.
    »Ganz recht«, sagte Sir Godber rasch. »Ich meinte bloß, dort hat man diese Dinger pour encourager les autres.« Nachdem das Mädchen gegangen war, goß Lady Mary Kaffee ein.
    »Welche anderen?« fragte sie.
    »Anderen?« wiederholte Sir Godber, der inzwischen den Faden verloren hatte.
    »Du sagtest, King’s College habe einen Kondomautomaten aufgestellt, um die anderen zu ermutigen.«
    »Genau. Ich kenne deine Einstellung zur Homosexualität, meine Liebe, aber man kann es auch übertreiben«, erklärte er. »Godber, du willst dich rausreden«, sagte Lady Mary bestimmt. »Ich bestehe darauf, daß du einmal im Leben das tust, was du angeblich tun willst. Als ich dich geheiratet habe, hast du vor phantastischen Idealen nur so gestrotzt. Wenn ich dich jetzt ansehe, frage ich mich manchmal, was aus dem Mann geworden ist, den ich damals geheiratet habe.«
    »Meine Liebe, du scheinst zu vergessen, daß ich ein Leben lang in der Politik tätig war«, wandte Sir Godber ein. »Man lernt, Kompromisse einzugehen. Es ist zwar deprimierend, aber so ist es nun einmal. Meinetwegen kannst du es den Tod des Idealismus nennen, aber wenigstens rettet es einem Haufen Leuten das Leben.« Er ging mit seiner Kaffeetasse in sein Arbeitszimmer, wo er sich über seine Feigheit wunderte. Er konnte sich noch an eine Zeit erinnern, als er den Enthusiasmus seiner Frau für soziale Gerechtigkeit geteilt hatte, doch die Zeit hatte ... oder anders gesagt: Da Lady Mary während all der Jahre aktiv geblieben war, hatte nicht die Zeit, sondern etwas anderes seinen Eifer getrübt – falls man Eifer trüben konnte. Sir Godber dachte darüber nach und war erstaunt, daß die Frage ihn so beschäftigte. Wenn nicht die Zeit, was dann? Die Sperrigkeit der menschlichen Natur. Die schiere Trägheit der Engländer, für die die Vergangenheit immer heilig und unantastbar war, und die auf ihre Sturheit auch noch stolz waren. »Wir haben den Krieg nicht gewonnen«, dachte Sir Godber, »sondern uns nur geweigert, ihn zu verlieren.« Zu neuer Kampfeslust wachgerüttelt, griff er sich den Schürhaken, stocherte wütend im Kaminfeuer herum und sah zu, wie die Funken nach oben ins Dunkel stoben. Verdammt wollte er sein, wenn er sich vom Dekan auf der Nase herumtanzen ließ. Er hatte nicht ein Leben lang in hohen Ämtern zugebracht, um sich von einem alternden Akademiker mit einer Vorliebe für Portwein das Leben vermiesen zu lassen. Er stand auf, goß sich einen Whisky ein und schritt im Zimmer auf und ab. Lady Mary hatte recht. Ein Frommsautomat wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Morgen früh würde

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