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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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er mit dem Schatzmeister reden. Er warf einen Blick aus dem Fenster und sah, daß in den Zimmern des Schatzmeisters Licht brannte. Es war noch nicht spät. Er würde ihm jetzt einen zwanglosen Besuch abstatten. Er trank aus, ging in den Flur und zog seinen Mantel an. er Schatzmeister wohnte extern. Infolge der Kochkunst seiner Frau aß er so oft wie möglich im College, und heute war er rein zufällig nach dem Abendessen in seinen Räumen geblieben. Er mußte über verschiedenes nachdenken. Beispielsweise über den Pessimismus des Dekans und daß der es echt geschafft hatte, Sir Cathcarts Unterstützung zu bekommen. Vielleicht, dachte er, empfahl es sich doch, seine eher dürftige Loyalität auf Sir Godber zu übertragen. Der Rektor hatte sich bereits als zielstrebiger Mann erwiesen – der Schatzmeister hatte sein an den Collegerat gerichtetes Ultimatum echt vergessen –, und würde ihn, wenn er es richtig anfing, bestimmt für geleistete Dienste belohnen. Schließlich hatte der Schatzmeister, ihm die Informationen geliefert, mit denen er den Rat eingeschüchtert hatte. Es lohnte sich, darüber nachzudenken. Er stand auf und zog sich gerade den Mantel an, als Schritte auf der Treppe einen späten Besucher ankündigten. Der Schatzmeister setzte sich an seinen Schreibtisch und tat, als würde er arbeiten. Es klopfte.
    »Herein«, sagte der Schatzmeister. Sir Godber spähte um den Türpfosten.
    »Ah, Schatzmeister«, sagte er. »Hoffentlich störe ich nicht. Ich ging gerade über den Hof, als ich bei Ihnen noch Licht sah, und da dachte ich, ich schaue mal vorbei.« Der Schatzmeister erhob sich, um ihn mit herzlicher Unterwürfigkeit zu begrüßen. »Wie schön, daß Sie gekommen sind, Herr Rektor«, sagte er und beeilte sich, Sir Godber den Mantel abzunehmen. »Ich wollte Sie gerade mit ein paar Zeilen um eine Unterredung bitten.«
    »Wenn das so ist, freue ich mich um so mehr, daß ich Ihnen diese Mühe erspart habe«, sagte Sir Godber. »Nehmen Sie doch bitte Platz.« Sir Godber setzte sich freundlich lächelnd in einen Sessel beim Kamin. Daß ihn der Schatzmeister so warm in seinen ärmlich ausgestatteten Zimmern willkommen hieß, war ganz nach Sir Godbers Geschmack. Wohlwollend betrachtete er den abgetretenen Teppich und die zweitklassigen, augenscheinlich irgendeinem Almanach entstammenden Drucke an den Wänden und spürte die kaputte Sprungfeder unter sich im Sessel. Sir Godber registrierte, wie aufdringlich all dies war. Seiner Zeit als Politiker verdankte er einen Riecher für untergeordnete Existenzen, und Sir Godber war nicht der Mann, der solchen Leuten Gefälligkeiten verweigerte.
    »Wie wär’s mit einem Schlückchen?« fragte der Schatzmeister und trieb sich unsicher in der Nähe einer wenig bemerkenswerten Karaffe mit Portwein herum. Sir Godber zögerte kurz. Port nach Whisky? Aus politischen Erwägungen verwarf er den Einspruch seiner Leber.
    »Nur ein Gläschen, danke«, sagte er, kramte seine Pfeife hervor und füllte sie aus einem abgenutzten Tabaksbeutel. Sir Godber war kein gewohnheitsmäßiger Pfeifenraucher; er fand, daß es auf der Zunge brannte, hatte aber gelernt, wie wichtig es war, sich volkstümlich zu geben.
    »Schlimme Sache, das mit dem armen Zipser«, sagte der Schatzmeister und reichte ihm den Portwein. »Die Turmreparatur wird eine kostspielige Angelegenheit.« Sir Godber steckte seine Pfeife an. »Darüber wollte ich unter anderem mit Ihnen reden, Schatzmeister. Ich denke, wir müssen wohl einen Restaurierungsfonds einrichten.«
    »Das ist leider richtig, Herr Rektor«, bestätigte der Schatzmeister bedrückt.
    Sir Godber nippte an seinem Port. »Normalerweise«, sagte er, »und wenn das College nur eine weniger ... äh, sagen wir ... weniger antiquierte Haltung einnähme, würde ich meinen Einfluß in der Geschäftswelt spielen lassen und eine beträchtliche Summe locker machen; doch wie es jetzt aussieht, befinde ich mich in einer problematischen Lage.« Er verstummte vielsagend und vermittelte dem Schatzmeister das Gefühl, dem Rektor ständen unbegrenzte finanzielle Resurcen zur Verfügung. »Nein, wir werden einfach auf unsere eigenen Mittel zurückgreifen müssen.«
    »Die sind sehr begrenzt«, gab der Schatzmeister zu bedenken. »Damit müssen wir eben zurechtkommen, so gut es geht«, fuhr Sir Godber fort, »bis das College sich endlich ein moderneres Image zulegt. Natürlich tue ich, was ich kann, doch leider wird es ein hartes Stück Arbeit werden. Wenn doch nur der Rat

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