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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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der Mann sowieso nur zur zweiten Garnitur, und dann war er für die Löhne der College-Bediensteten verantwortlich. In Skullions Augen war er eher ein Aufseher als ein echter Fellow, ein Zahlmeister, und noch dazu ein knauseriger, den er für seinen Hungerlohn verantwortlich machte. Und jetzt hatte sich der Schatzmeister auf Sir Godbers Seite geschlagen. Skullion machte auf dem Absatz kehrt und betrat mit seinem neuem Kummer und einigermaßen verwirrt den Neuen Hof. Das müßte der Dekan erfahren, doch Skullion würde sich hüten, es ihm zu erzählen. Der Dekan hatte etwas gegen das Horchen. Er war ein Gentleman von altem Schrot und Korn. Skullion fragte sich, was ein Fett Ackommplie sein mochte. Er mußte sich etwas einfallen lassen, wie er am Morgen den Dekan warnen konnte. Er ging durch den Portikus zum Pförtnerhäuschen und machte sich einen Kakao. »So so, die Tage des Dekans sind also gezählt, wie?« dachte er verbittert. »Das werden wir ja sehen.« Für solche Veränderungen war mehr vonnöten als Sir Godber Evans und sein mieser Schatzmeister. Schließlich gab es immer noch Sir Cathcart. Der würde schon dafür sorgen, daß sie sich blutige Köpfe holten. Sein Vertrauen in Sir Cathcart war immens. Um Mitternacht stand er auf und ging nach draußen, um das Haupttor zu schließen. Tagsüber hatte es getaut, und der Schnee war geschmolzen, doch am Abend hatte der Wind gedreht, und nun fror es wieder. Skullion stand kurz in der Einfahrt und starrte auf die Straße hinaus. Auf dem Bürgersteig gegenüber rutschte ein Mann aus und schlug lang hin. Skullion beobachtete den Sturz ohne jedes Interesse. Was außerhalb von Porterhouse geschah, ging ihn nichts an. Mit dem jähen Wunsch, der Rektor möge ausrutschen und sich den Hals brechen, ging Skullion zurück ins College und schloß die Tür. Vom Turm über ihm schlug es zwölf.

Kapitel 11
    Auf dem Treidelpfad neben dem Fluß stand der Dekan, den Mantel umgeworfen, und stemmte sich gegen den Wind, unter ihm zitterten und bebten die Weiden, und es raschelte in den Hecken. Vorn ruderten die Achter durch unruhiges Wasser, jeder mit seinem Klüngel von Trainern und Fans, die auf Fahrrädern durch die Pfützen preschten und Anweisungen oder Anfeuerungen brüllten. Bei jedem Schlag ruckten die Steuermänner nach hinten und die Boote nach vorn, jedes erfolgte den vor ihm liegenden Achter und war vor dem hinter ihm liegenden Achter auf der Flucht. Gelegentlich signalisierte lautes Jubelgeschrei, daß ein Boot den vor ihm liegenden Achter angestoßen hatte; dann legten beide am Flußufer an, und die Sieger brachen einen Weidenzweig ab und stecken ihn an den Bug. Wo ein solches Anpuffen erfolgt war, klafften Lücken in der Prozession, leere Wasserflächen, bis der nächste Achter um die Kurve bog und verzweifelt versuchte, das wenigstens zwei Längen vor ihm liegende Boot zu erreichen und anzustoßen. Jesus College, Porterhouse, Lady Margaret, Pembroke, Trinity, St. Catherine’s, Christ’s, Churchill, Magdalene, Caius, Cláre, Peterhouse. Historische Namen, heilige Namen wie die vielen Gebete an einem Rosenkranz aus Ruderbooten, die zweimal jährlich aufgesagt werden mußten, bei der Frühjahrsregatta und nach Ostern. Für den Dekan war dieses Ritual eine geheiligte Feier, an der man teilnahm, ganz gleich wie kalt oder naß es draußen war, im Gedenken an die gesunde Sportbegeisterung der Vergangenheit und die Überzeugungen seiner Jugend ... Für ihn waren die Regatten eine Zeit der Erneuerung. Wie er so auf dem Treidelpfad stand, verspürte er wieder die Unschuld, die blinde Unschuld von damals, als er noch gerudert hatte, und wie gesund früher alles gewesen war. Jawohl, gesund, damit meinte er nicht nur körperliche oder geistige Gesundheit, sondern die Dinge im allgemeinen, daß das Leben als solches akzeptiert worden war, ganz ohne hinterhältige subversive Fragen oder gefährliche Spekulationen, wie sie inzwischen Mode waren. Eine unschuldige Zeit war das gewesen, ein goldenes Zeitalter der Gewißheit vor dem Großen Krieg, als es noch Honig zum Tee gab und auch einen Diener, der ihn brachte. In Gedanken an diese Zeit trotzte der Dekan dem Wind und der Kälte und hielt auf dem Treidelpfad aus, während die Fahrräder seine Schuhe mit Schlamm bespritzten und die Achter an ihm vorbeiruderten. Als alles vorüber war, drehte er sich um und trottete zum »Hecht und Aal« zurück, wo sein Wagen stand. Hinter ihm und vor ihm, den ganzen Pfad entlang, schlugen alte

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