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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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einsähe, wie wichtig Veränderungen sind.« Er sah den Schatzmeister lächelnd an. »Aber ich nehme an, Sie sind mit dem Dekan einer Meinung?«
    Auf diesen Augenblick hatte der Schatzmeister gewartet. »Der Dekan hat seine eigenen Ansichten, Rektor, die ich nicht teile.«
    Sir Godbers Augenbrauenstellung deutete reservierte Aufmunterung an.
    »Ich hatte schon immer das Gefühl, daß wir den Anschluß an die Moderne verpaßt haben«, fuhr der Schatzmeister fort, begierig, die volle Unterstützung dieser Augenbrauen zu bekommen, »doch als Schatzmeister bin ich mit Verwaltungsaufgaben betraut, die sehr wenig Raum für politische Entscheidungen lassen. Wie Sie wissen, übt der Dekan einen beachtlichen Einfluß aus, und außerdem ist da natürlich noch der Cathcart.«
    »Meines Wissens plant Sir Cathcart eine Sitzung der Porterhouse-Gesellschaft«, sagte Sir Godber. »Die hat er nach der Zipser-Affäre abgesagt«, teilte ihm der Schatzmeister mit. »Wie interessant. Dann steht der Dekan also allein da, stimmt’s?«
    Der Schatzmeister nickte. »Ich glaube, auch ein paar andere Ratsmitglieder werden sich’s noch einmal überlegen, die jüngeren Fellows sind Veränderungen nicht abgeneigt, aber sehr einflußreich sind sie nicht. Das sind die wenigsten von ihnen, doch schließlich waren wir auch nie besonders berühmt für unsere Forschungsstipendien. Um solche Wissenschaftler anzuziehen, fehlt uns sowohl das Geld als auch das Renommee. Ich schlug vor ... doch der Dekan ...« Er fuchtelte hilflos mit den Händen.
    Sir Godber kippte seinen Port hinunter. Trotz dieses Getränks war er froh, daß er gekommen war. Der ermutigende Gesinnungswandel des Schatzmeisters stimmte ihn zufrieden. Es war Zeit für ein offenes Wort. Er klopfte seine Pfeife aus und beugte sich vor.
    »Unter uns gesagt: Ich glaube, wir können den Dekan austricksen«, sagte er und pochte dem Schatzmeister als Zeichen kumpelhafter Vertraulichkeit mit dem Zeigefinger aufs Knie. »Verlassen Sie sich drauf: Wir kriegen ihn dahin, wo wir ihn haben wollen.«
    Erstaunt und fasziniert starrte der Schatzmeister Sir Godber an. Die Primitivität dieses Mannes, sein Wechsel von gespielter Weitläufigkeit zur durchtriebenen Komplizenschaft, überraschte ihn, und Sir Godber registrierte befriedigt die Verblüffung des anderen. All die Jahre, in denen er Arbeiter, die er verachtete, ›Genosse‹ genannt hatte, waren nicht umsonst gewesen. Kein Zweifel, seine verbissene Jovialität hatte etwas Bedrohliches. »Wenn wir erstmal mit ihm fertig sind, kann er seinen Arsch nicht mehr vom Ellbogen unterscheiden«, fuhr er fort. Der Schatzmeister nickte ergeben. Sir Godber schob seinen Stuhl vor und skizzierte seine Pläne.
    Skullion stand im Hof und wunderte sich, daß im Zimmer des Schatzmeisters noch Licht brannte.
    »Der bleibt aber lange«, dachte er. »Ist normalerweise um neun zu Hause, jawoll.« Er ging zum hinteren Tor und verschloß es, wobei er erwartungsvoll auf die spitzenbewehrte Mauer schaute. Dann drehte er sich um und machte sich durch den Garten auf den Weg in den Neuen Hof. Er ging langsam und leicht humpelnd. Von der anstrengenden Kondomjagd war er wie gerädert und hatte Schmerzen, außerdem hatte er sich vom Schock der Explosion im Turm immer noch nicht erholt. »Werde alt«, murmelte er und blieb stehen, um eine Pfeife anzuzünden. Während er im Schatten einer großen Ulme stand, ging das Licht im Zimmer des Schatzmeisters aus. Skullion zog nachdenklich an seiner Pfeife und stopfte den Tabak mit dem Daumen fest. Gerade wollte er den Schutz der Ulme verlassen, als ihn das Knirschen von Kieselsteinen auf dem Weg zögern ließ. Zwei Gestalten kamen aus dem Neuen Hof in ein Gespräch vertieft auf ihn zu. Skullion erkannte die Stimme des Rektors. Als die beiden Gestalten auf seiner Höhe waren, zog er sich wieder in den Schatten zurück.
    »Bestimmt wird der Dekan Einspruch erheben«, sagte Sir Godber gerade, »doch angesichts eines  Fait accompli  wird er nichts unternehmen können. Ich glaube, wir können davon ausgehen, daß die einflußreichen Tage des Dekans gezählt sind.«
    »Das wird auch Zeit«, sagte der Schatzmeister. Die beiden Gestalten bogen um die Ecke des Rektorhauses. Skullion tauchte aus der Dunkelheit auf und schaute ihnen vom Weg aus nach, während es in seinem Kopf arbeitete. Der Schatzmeister war also zu Sir Godber übergewechselt. Das überraschte Skullion nicht. Für den Schatzmeister hatte er nie viel übrig gehabt. Einmal gehörte

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