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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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seinem Wasserrohr im Kesselraum. Trotz der üblichen Unterbrechungen durch das Zentralheizungssystem verstand er viel von dem, was gesprochen wurde. Ein Großteil der Diskussion drehte sich darum, welche Reparaturkosten durch den Schaden am Turm fällig würden, den Zipsers Versuch einer Massenentsorgung von Kondomen verursacht hatte. Sir Godber hatte, wie es schien, eine sehr feste Meinung zu diesem Thema. »Es ist höchste Zeit«, sagte er, »daß das College die Notwendigkeit einsieht, sich nach den Prinzipien zu richten, die offenbar für die Mitglieder dieses Rates in der Vergangenheit maßgeblich waren. Die von mir auf unserer Sitzung vorgeschlagenen Änderungen wurden mit der Begründung abgelehnt, daß es sich bei Porterhouse um ein autonomes und unabhängiges College handele, um eine sich selbst verwaltende Körperschaft, deren Interessen sich nach innen richteten, ohne daß ein Bezug zur übrigen Welt existiere. Wie Sie wissen, erscheint mir diese Ansicht unzutreffend, doch da sie offenbar von der Mehrheit dieses Rates geteilt wird, bin ich bereit, sie zu akzeptieren.« Der Rektor machte eine Pause und sah die Fellows der Reihe nach beifallheischend an. Im Kesselraum versuchte Skullion ohne großen Erfolg, hinter die Bedeutung dieser Worte zu kommen. Die Hoffnung, Sir Godber habe seine Meinung geändert, erschien ihm unbegründet.
    »Sollen wir dem entnehmen, daß Sie einräumen, für die von Ihnen auf der letzten Sitzung vorgeschlagenen Veränderungen besteht keine Notwendigkeit?« fragte der Dekan. »Wenn ich etwas einräume, Herr Dekan«, fuhr der Rektor fort, »dann, daß das College für seine inneren Angelegenheiten selbst verantwortlich ist. Ich bin gewillt, die Ansicht des Rates zu akzeptieren, daß wir nicht um öffentliche Unterstützung oder Hilfe bitten sollten.«
    »Das möchte ich aber auch stark hoffen«, sagte der Obertutor heftig.
    »Mehr räume ich keineswegs ein, und da dem so ist, muß das College die Verantwortung für die letzten tragischen Ereignisse selber tragen. Speziell die Reparaturkosten für den Turm müssen aus unseren eigenen Rücklagen bestritten werden.« Die Erklärung des Rektors wurde mit einem erstaunten Murmeln aufgenommen.
    »Unmöglich«, sagte der Dekan aufgebracht, »kommt nicht in Frage. Früher haben wir auf einen Restaurierungsfonds zurückgreifen können. Es ist nicht ersichtlich, weshalb wir in diesem Fall keinen solchen Fonds einrichten sollten.« Im Kesselraum konnte Skullion dem Streitgespräch nur schwer folgen. Die Taktik des Rektors war ihm unverständlich. »Ich muß schon sagen, Herr Dekan, daß ich Ihre Einstellung nicht recht begreife«, fuhr der Rektor fort. »Einerseits widersetzen Sie sich allen Veränderungen, die Porterhouse dem heutigen Bildungsstandard anpassen würden ...«, hier erhob der Dekan wütend Einspruch, »... andererseits jedoch sind Sie anscheinend nur allzu schnell bereit, an die öffentliche Hand zu appellieren, um den für den Wiederaufbau des Turmes nötigen Sparmaßnahmen aus dem Weg zu gehen ...« An dieser Stelle meldete sich die Zentralheizung zu Wort, und es dauerte eine Weile, ehe Skullion den Gesprächsfaden wieder aufnehmen konnte. In der Zwischenzeit waren sie bei den einzelnen Sparmaßnahmen angelangt, die Sir Godber vorschwebten. Daß dazu genau die Änderungen der Collegepolitik gehörten, die er bei der letzten Sitzung vorgeschlagen hatte, war nicht weiter überraschend, doch diesmal führte der Rektor weniger politische als finanzielle Gründe an.
    Zwischen dem Gluckern im Wasserrohr verstand Skullion die Worte »Selbstbedienung im Speisesaal ... Koedukation ... und der Verkauf von Collegegrundstücken«. Gerade wollte er von seinem Hochsitz herabsteigen, als die Rhyder Street erwähnt wurde. In der Rhyder Street wohnte Skullion. Die Rhyder Street war ein collegeeigenes Grundstück. Skullions Interesse an dem, was über seinem Kopf stattfand, gewann eine neue, privatere Dimension.
    »Der Schatzmeister und ich haben ausgerechnet, daß die Reparaturkosten durch die von mir skizzierten Einsparungen gedeckt werden können«, hörte Skullion. »Speziell der Verkauf der Rhyder Street wird bei den heutigen überhöhten Preisen so etwa um die 150 000 Pfund einbringen. Es ist zwar eine Slumgegend, das weiß ich, aber ...« Skullion ließ das Rohr los und setzte sich auf den Stuhl. Eine Slumgegend hatte er sie genannt. Die Rhyder Street, in deren Nummer 41 er, Skullion, wohnte. Eine Slumgegend. Der Koch wohnte auch dort.

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