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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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vertreten. Der Dekan war zu einer Unterredung mit Sir Cathcart nach Coft gefahren, und so stand Skullion allein im schneidenden Wind und sah zu, wie Porterhouse auch am zweiten Tag geschlagen wurde. Das schreckliche Gefühl, ihm werde Unrecht zugefügt, das er im Kesselraum empfunden hatte, als er vom geplanten Verkauf der Rhyder Street hörte, war noch nicht gewichen. Durch die Neuigkeit, die ihm Arthur nach dem Essen vom High Table mitgebracht hatte, war es nur noch vertieft worden. »Jetzt hat er aber was Schönes angerichtet, unser Rektor«, erzählte Arthur noch ganz außer Atem. »Diesmal hat er Ihnen aber was besonders Übles untergejubelt.«
    »Wundert mich gar nicht«, sagte Skullion erbittert und dachte an die Rhyder Street.
    »Schließlich würden Sie bei sich zu Hause keinen haben wollen, oder? Doch keinen von diesen Dingern.«
    »Was für Dinger?« fragte Skullion, der sich nur zu deutlich der Tatsache bewußt war, daß er sehr wahrscheinlich kein Zuhause haben würde, um irgend etwas unterzubringen, falls sich Sir Godber durchsetzen sollte.
    »Tja, weiß nicht recht, wie sie heißen«, sagte Arthur. »Nicht genau. Man steckt Geld rein, und dann ...«
    »Und was dann?« fragte Skullion gereizt. »Und dann kriegt man diese Dinger raus. Drei Stück, glaub’ ich. Nicht daß ich je in die Verlegenheit gekommen wäre, sie zu benutzen.«
    »Welche Dinger?«
    »Pariser«, sagte Arthur. Dabei vergewisserte er sich, ob auch niemand zuhörte.
    »Pariser?« wiederholte Skullion. »Was für Pariser?«
    »Die Pariser, mit denen sich der junge Herr Zipser in die Luft gejagt hat«, erläuterte Arthur.
    Skullion betrachtete ihn angewidert. »Sie wollen mir doch nicht etwa erzählen, daß sie einen von diesen versauten Apparaten ins College holen wollen?«
    Arthur nickte. »Aufs Herrenklo. Da kommt er hin.«
    »Nur über meine Leiche«, erklärte Skullion. »Mit einem dieser Geräte auf der Toilette will ich nicht länger Oberpförtner sein. Das hier ist schließlich keine verdammte Drogerie.«
    »Einige andere Colleges haben schon welche«, informierte ihn Arthur.
    »Von mir aus können einige andere Colleges welche haben. Bedeutet noch lange nicht, daß wir welche brauchen. Ist nicht in Ordnung. Fördern die Unmoral, diese Gummis. Man sollte meinen, das hätten sie aus dem Unfall mit diesem Zipser gelernt. Haben ihm keine Ruhe gelassen, diese Überzieher.«
    Arthur schüttelte besorgt den Kopf. »Is nich in Ordnung«, sagte er, »is nich in Ordnung, Mr. Skullion. Weiß wirklich nicht, was aus dem College noch werden soll. Obertutor ist besonders aufgebracht. Er sagt, das Rudern leidet darunter.« Wie er so auf dem Treidelpfad stand, war Skullion mit dem Obertutor einer Meinung. »Dieses ganze Gewese um Sex«, murmelte er. »Das tut keinem gut. Es ist nicht in Ordnung.« Als der Porterhouse-Achter vorbeiruderte, spendete Skullion matt Beifall und stolperte dann hinter ihm her. Um ihn er wühlten Fahrräder die schlammigen Pfützen auf, doch wie der Dekan tags zuvor war Skullion verbittert und in Gedanken versunken.
    Im Unterschied zum Dekan war er nicht nur wütend, sondern hatte auch das Gefühl, verraten worden zu sein. Das College, dem er diente und dem auch seine Vorfahren gedient hatten, hatte ihn im Stich gelassen. Sie hatten kein Recht, Sir Godber die Rhyder Street verkaufen zu lassen. Sie hätten ihn daran hindern müssen. Dazu waren sie ihm gegenüber verpflichtet, so wie es seine Pflicht gegenüber dem College gewesen war, für einen erbärmlichen Hungerlohn fünfundvierzig Jahre lang den ganzen Tag und die halbe Nacht als Hüter über die Privilegien und Affären der privilegierten jungen Herren n Pförtnerhäuschen zu sitzen. Wie vielen betrunkenen jungen Gentlemen hatte Skullion auf ihre Zimmer geholfen? Wie viele Geheimnisse hatte er für sich behalten, wie viele Beleidigungen ertragen? Er konnte sich nicht an alle erinnern, doch in seinem Hinterkopf waren Soll- und Habenseite ausgeglichen, und er war überzeugt gewesen, daß sich das College jetzt und auf seine alten Tage immer um ihn kümmern würde. Er, der Pförtner von Porterhouse, war stolz auf seinen Status als Dienstkraft gewesen, aber was, wenn der Ruf des Colleges lädiert war? Was würde dann geschehen? Ein entwurzelter alter Mann, allein mit seinen Erinnerungen. Das konnten sie mit ihm nicht machen. Sie mußten ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen. Das war ihre Pflicht.

Kapitel 12
    In der Bibliothek von Schloß Coft trug der Dekan das gleiche

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