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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Was das betrifft, brauchen Sie keine Angst zu haben.«
    »Der Dekan wird ganz gewiß sein möglichstes für Sie tun, Skullion«, sagte Sir Cathcart und öffnete ihm die Tür. Doch Skullion wankte und wich nicht.
    »Mit Worten allein ist es nicht getan«, sagte er trotzig. Der Dekan drehte sich abrupt zu ihm um. Er war es nicht gewohnt, daß Personal in diesem Ton mit ihm sprach. »Sie haben doch gehört, was ich gesagt habe, Skullion«, erklärte er gebieterisch. »Wir werden für Sie tun, was wir können. Mehr kann ich nicht versprechen.« Skullion ging immer noch nicht.
    »Sie müssen mehr tun«, murmelte er.
    »Ich muß doch sehr bitten, Skullion«, sagte der Dekan. Doch Skullion ließ sich nicht einschüchtern.
    »Pförtner zu sein ist mein gutes Recht«, erklärte er. »Ich habe nichts verbrochen. Fünfundvierzig Jahre ...«
    »Ja, wir alle wissen das, Skullion«, unterbrach der Dekan. »Es handelt sich ganz gewiß nur um ein Mißverständnis«, schaltete sich Sir Cathcart ein. »Der Dekan und ich werden versuchen, die Sache wieder ins Lot zu bringen. Wenn nötig, werde ich persönlich mit dem Rektor sprechen. In einem College wie Porterhouse darf so etwas nicht vorkommen.« Skullion schaute ihn dankbar an. Der General würde dafür sorgen, daß ihm Gerechtigkeit widerfuhr. Er drehte sich um und ging zur Tür hinaus. Der General folgte ihm in die Halle. »Bitten Sie den Koch, Ihnen etwas Tee zu geben, bevor Sie gehen«, sagte er zum Abschluß, ein Rückfall in die gewohnte Prozedur, doch Skullion war schon fort. Den Bowlerhut fest auf den Kopf gedrückt, stieg er auf sein Rad und strampelte die Auffahrt hinunter.
    Sir Cathcart ging zurück in den Salon. »Wie stehen die Chancen jetzt für Sir Godber?« fragte er. Vergnügt rieb sich der Dekan die Hände. »Ich glaube, jetzt haben wir ihn«, sagte er. »Der Rektor wird den Tag verfluchen, an dem er Skullion gefeuert hat. Das ist das Schöne an diesen verfluchten Sozialisten: Unter ihrem Gerechtigkeitsfimmel leidet als erstes immer die Arbeiterklasse.«
    »Jedenfalls hat er den alten Skullion mächtig gegen sich aufgebracht«, stellte Sir Cathcart fest. »Tja, dann setzen wir uns wohl am besten mit dem Schatzmeister in Verbindung und sehen, was wir tun können.«
    »Tun? Mein lieber Cathcart, wir tun absolut gar nichts. Wenn Sir Godber dumm genug ist, den Schatzmeister anzuweisen, er solle Skullion entlassen, werde ich ihm jedenfalls nicht aus der Bredouille helfen.«
    Sir Cathcart war unbehaglich zumute, als er der kleiner werdenden Gestalt des Pförtners nachsah. Durch die Fensterscheiben betrachtet, gewann Skullion ein ganz neues strukturloses Aussehen: geschrumpft, doch zugleich irritierend. Der General fragte sich kurz, wieviel der Dekan über Skullions Rolle bei der Manipulation von Examensprüfungen wußte – eine Frage, die wohl besser unausgesprochen blieb. Bestimmt würde sich die Aufregung bald legen.
    »Schließlich waren ja Sie es, Cathcart«, sagte der Dekan, »der gesagt hat, das Blöken der Schafe errege den Appetit des Tigers. Carrington wird begeistert davon sein. Er wohnt im Blauen Eber. Ich werde wohl mal dort vorbeischauen und mit ihm plaudern; ihn zum Essen im Speisesaal einladen.« General Sir Cathcart D’Eath seufzte. Zu den wenigen guten Aspekten dieser Angelegenheit gehörte, daß er sein Haus nicht mit Cornelius Carrington teilen mußte.

Kapitel 16
    Cornelius Carrington verbrachte den Vormittag auf seinem Zimmer damit, seine Gedanken zu ordnen. Zu seinen Eigenheiten als Sprecher seiner Generation gehörte, daß er selten wußte, was er von einem bestimmten Thema halten sollte. Andererseits besaß er einen unfehlbaren Instinkt, wenn es darum ging, wovon er nichts hielt. So war es beispielsweise undenkbar, die Todesstrafe, die Regierungspolitik oder die Apartheid gutzuheißen. Diese Dinge waren ausnahmslos jenseits der Grenzen des Erlaubten und mit Hitler, Stalin oder Mackie Messer gleichzusetzen. Die größten Schwierigkeiten bereiteten ihm Zweifelsfragen. Gesamtschulen waren abscheulich, aber das gleiche traf auf die früher übliche Aufnahmeprüfung für weiterführende Schulen zu. Gymnasien waren großartig, aber ihre Produkte konnte er nicht ausstehen. Arbeitslose waren faul, sofern sie nicht gefeuert worden waren. Bergleute waren solange prima Kerle bis sie streikten, und der Norden Englands war das Herz Großbritanniens, das man um jeden Preis mied. Und schließlich waren da noch Irland und die Provinz Nordirland. Beim Versuch,

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