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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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habe ihn um sieben zum Abendessen erwartet, jetzt sei es elf, und was solle er ihr sagen –, und weiter ins Hinterzimmer, wo er sich aufs Bett legte. Es war schon lange her, daß er acht halbe Liter von irgendwas zu sich genommen hatte, und es lag eher daran als an seinem tiefverwurzelten Pflichtbewußtsein, daß er um zwölf Uhr nachts aufstand, um das Haupttor zu schließen. In der Zeit zwischen seinen Exkursionen auf die Toilette lag Skullion im Dunkeln, das Zimmer drehte sich um ihn, und er versuchte aus dem schlau zu werden, was ihm der Fernsehfritze erzählt hatte. Am Morgen den General aufsuchen. Mit Carrington in der Glotze auftreten. Sendung über Cambridge. Endlich schlief er ein und verschlief zum ersten Mal in fünfundvierzig Jahren. Darauf kam es jetzt auch nicht mehr an. Seine Zeit als Oberpförtner von Porterhouse war abgelaufen. Als Walter eintraf, hatte Skullion einen Entschluß gefaßt. Er nahm seinen Mantel vom Haken und zog ihn an. »Ich gehe aus«, sagte er dem verblüfften Unterpförtner, während dessen Assistentenzeit Skullion noch nie morgens ausgegangen war, und holte sein Fahrrad. Es hatte zu tauen angefangen, und als Skullion diesmal nach Coft strampelte, waren die umliegenden Felder gescheckt. Den Kopf gegen den Wind gesenkt, konzentrierte Skullion sich auf das, was er sagen wollte, und bekam nicht mit, daß der Wagen des Dekans an ihm vorbeirauschte. Als er am Schloß Coft angekommen war, hatte ihn die Verbitterung, die seit seiner Unterredung mit dem Schatzmeister in ihm schwelte, gleichgültig gegenüber Umgangsformen gemacht. Er stellte sein Rad neben dem Haupteingang ab und betätigte kräftig den Klopfer. Sir Cathcart öffnete selbst und war zu verdutzt, den ihn finster anstarrenden Skullion auf der Schwelle stehen zu sehen, um diesen daran zu erinnern, daß von ihm erwartet wurde, den Kücheneingang zu benutzen. Statt dessen folgte er unwillkürlich dem Pförtner in den Salon, wo der Dekan sich bereits in einem Sessel vor dem Kamin häuslich niedergelassen und das Neueste von Cornelius Carrington erzählt hatte. Skullion stand im Türrahmen und starrte den Dekan wütend an, während Sir Cathcart überlegte, ob er nach dem Koch klingeln solle, damit dieser einen Küchenstuhl brächte.
    »Skullion, was in aller Welt tun Sie hier?« fragte der Dekan. Heute wirkte der Pförtner gar nicht niedergeschlagen. »Wollte dem General mitteilen, daß ich rausgeschmissen worden bin«, sagte Skullion grimmig.
    »Rausgeschmissen? Was soll das heißen, rausgeschmissen?« Der Dekan erhob sich und stand mit dem Rücken zum Kaminfeuer da. Es war eine gute traditionelle Haltung, wenn man mit aufsässigen Bediensteten zu tun hatte. »Was ich gesagt habe«, erklärte Skullion. »Ich bin rausgeschmissen worden.«
    »Unmöglich«, sagte der Dekan. »Man kann Sie nicht rausgeschmissen haben. Niemand hat mich davon informiert. Weswegen?«
    »Wegen gar nichts«, sagte Skullion.
    »Das muß ein Irrtum sein«, erklärte der General »Da haben Sie etwas in den falschen Hals ...«
    »Schatzmeister hat mich kommen lassen. Sagte, ich müsse gehen«, beharrte Skullion.
    »Der Schatzmeister? Der hat keinerlei Befugnis zu so einer Entscheidung«, sagte der Dekan.
    »Er hat’s aber gemacht. Gestern nachmittag«, fuhr Skullion fort. »Sagte, ich solle mir eine andere Stellung suchen. Das College könne sich nicht mehr leisten, mich weiterzubeschäftigen. Hab’ ihm auch Geld angeboten, wollte helfen. Hat es nicht genommen, hat mich einfach rausgeschmissen.«
    »Das ist ein Skandal. Wir können nicht zulassen, daß mit College-Bediensteten so selbstherrlich umgesprungen wird«, erklärte der Dekan. »Sobald ich zurück bin, werde ich den Schatzmeister zur Rede stellen.«
    Skullion schüttelte verdrossen den Kopf. »Wird nichts nützen. Der Rektor hat ihn dazu angestiftet.«
    Der Dekan und Sir Cathcart schauten sich an. In ihrem Blick lag ein Anflug von Triumph, der sich immer mehr verfestigte, als Skullion fortfuhr: »Aus meinem eigenen Haus gejagt. Rausgeworfen, nach all den Jahren, die ich dem College gegeben habe. Das ist nicht in Ordnung. Das lasse ich mir nicht bieten, auf keinen Fall. Ich werde mich beschweren.«
    »Sehr richtig«, sagte der General. »Unglaublich skandalöses Verhalten des Rektors.«
    »Ich will sofort meine Stellung wiederhaben, sonst passiert was«, murmelte Skullion.
    Der Dekan drehte sich um und wärmte sich die Hände am Kaminfeuer. »Ich werde ein gutes Wort für Sie einlegen, Skullion.

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