Schwanenschmaus im Porterhouse
Skullion, »ich hab’ ihnen gesagt, sie müssen was unternehmen.«
»Wem gesagt?« erkundigte sich Carrington, grammatisch von seiner Umwelt beeinflußt.
»Sir Cathcart und dem Dekan.«
Carrington atmete erleichtert auf. »Sie werden bestimmt dafür sorgen, daß man Ihnen Ihre Stelle wiedergibt«, sagte er, »aber falls es nicht klappt, finden Sie mich immer im Blauen Eber.« Er verließ das Büro und begab sich ins Hotel. Es bestand wirklich kein Anlaß zur Beunruhigung. Wenn der Dekan Sir Godber bat, doch ein Einsehen zu haben, würde das dem Pförtner wohl kaum helfen, doch für alle Fälle teilte Carrington der Zeitung Cambridge Evening News telefonisch mit, der Oberpförtner von Porterhouse sei entlassen worden, weil er sich der Aufstellung eines Kondomautomaten in der Studententoilette widersetzt habe. »Das können Sie sich vom Schatzmeister des Colleges bestätigen lassen«, teilte er dem Redakteur mit und legte den Hörer auf.
Ein zweiter Anruf bei dem Radikalen Studentenverband mit dem Inhalt, eine Dienstkraft werde bestraft, weil sie sich der Gewerkschaft angeschlossen habe, sowie ein dritter beim Schatzmeister persönlich, bei dem er sich auf Pidgin-Englisch beschwerte, der UNESCO-Bewässerungsexperte für Zaire erwarte, dank seiner diplomatischen Immunität nicht mehr vom Wächter am Tor des Porterhouse-Colleges unter obszönen Beschimpfungen rausgeworfen zu werden, sorgten endgültig dafür, daß Skullions Entlassung nicht nur allgemein bekannt, sondern auch zum Gegenstand linksradikaler Proteste und unwiderruflich wurde. Lächelnd und in dem Gefühl vollster Zufriedenheit legte sich Carrington auf sein Bett. Daß man ihn in den Brunnen des Neuen Hofes getaucht hatte, war zwar schon lange her, aber vergessen hatte er es nie. Im Büro des Schatzmeisters klingelte zweimal das Telefon. Der Schatzmeister nahm ab, verweigerte jeden Kommentar, verlangte zu wissen, woher der Redakteur seine Informationen habe, bestritt, daß auf der Studententoilette ein Kondomautomat angebracht worden sei, bestätigte, daß eben dies geschehen werde, verweigerte jeden Kommentar, bestritt, irgend etwas von sexuellen Orgien zu wissen, bestätigte, daß Zipsers Tod durch die Explosion gasgefüllter Präservative verursacht worden sei, fragte, was dies mit der Entlassung des Oberpförtners zu tun habe, gab zu, daß dieser gefeuert worden sei, und legte den Hörer auf. Als er sich gerade erholte, rief der Radikale Studentenverband an. Diesmal faßte sich der Schatzmeister kurz und kam gleich zur Sache. Nachdem er sich Luft gemacht und den Radikalen Studenten ordentlich die Meinung gesagt hatte, knallte er den Hörer auf den Apparat, der gleich darauf erneut klingelte. Das nun folgende Gespräch mit dem Abgeordneten aus Zaire, gespickt mit Hinweisen auf den Außenminister und das Amt für die Beziehungen zwischen den Rassen und durchsetzt von Entschuldigungen seitens des Schatzmeisters sowie der Beteuerung, der betreffende Pförtner sei entlassen worden, vervollständigte seine Demoralisierung. Er legte den Hörer auf, nahm ihn wieder ab und bestellte Skullion zu sich. Während er noch auf ihn wartete, trat der Dekan ein. »Ah, Schatzmeister«, sagte er, »wollte nur kurz mit Ihnen sprechen. Was höre ich da, von wegen Skullion sei rausgeschmissen worden?« Der Schatzmeister sah ihn böse an. Für diesen Nachmittag hatte er von Skullion die Nase voll. »Da sind Sie falsch informiert worden, würde ich meinen«, sagte er betont zurückhaltend. »Skullion wurde keineswegs rausgeschmissen. Ich schlug ihm lediglich vor, er möge sich nach einer anderen Beschäftigung umsehen. Er wird alt und geht ohnehin bald auf Rente. Sollte er bis dahin eine andere Stellung finden, wäre es ratsam für ihn, diese anzutreten.« Er hielt kurz inne, damit der Dekan diese Version verdauen konnte; dann fuhr er fort: »Das war allerdings der Stand von gestern. Was heute geschehen ist, läßt diese Angelegenheit in einem ganz anderen Licht erscheinen. Ich habe Skullion hierher bestellt und beabsichtige, ihn rauszuschmeißen.«
»Das wollen Sie?« fragte der Dekan, der den Schatzmeister noch nie so unverblümt erlebt hatte.
»Gerade hat sich bei mir ein Diplomat aus Zaire beschwert, Skullion habe ihn aus dem College geworfen und ihn dabei, wenn ich recht verstanden habe, unter anderem einen Nigger genannt.«
»Durchaus angemessen und korrekt«, befand der Dekan, der gerade überlegt hatte, wo Zaire lag. »Das College ist Privatbesitz, und Skullion
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