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Schwanentanz

Schwanentanz

Titel: Schwanentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Francis
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rennen; blindlings. Er war häufig wütend. Cara nannte ihn ihren kleinen Choleriker. Aber so intensiv hatte es noch nie unter seiner Haut geglüht. Das war mehr als nur Wut. Es war blanker Hass. Er hasste Cara mit überwältigender Kraft, die sich nun Bahn brach.
    Seine Lungen brannten. Der Berg wurde steiler, der Boden rutschiger, aber er bemühte sich, nicht langsamer zu werden. Solange er schnell genug rannte, konnte der Zorn ihm nichts anhaben.
    Diese Engländerin, Suzanna, war so freundlich zu ihm gewesen, dass es ihn zuerst verstört und dann verärgert hatte. Er hatte sie herausgefordert, sie angemacht und zu spät bemerkt, dass er dabei selbst am Abgrund tanzte. Auf dessen Grund lagen seine dunkelsten Fantasien, die von Cara, ihrem willigen Körper und gebrochenen Knochen handelten. Als Suzanna ihn küssen wollte, hatte Cara für einen winzigen, aber entscheidenden Moment seine Gedanken dominiert. Er hatte die Sídhefürstin gesehen, nicht die hübsche Tänzerin, und ihr Mund hatte sich auf seinen drücken wollen, um ihn erneut zu demütigen. Fast hätte er ihr …
    Brandon strauchelte, fiel auf die Knie, rappelte sich wieder auf und stolperte erneut. Er fing sich am Stamm einer verkrüppelten Kiefer und rammte die Stirn gegen die Borke. Ein Wanderfalke flog auf und ließ einen verärgerten Schrei zurück. Brandon gab auf und sank auf den Boden. Was auch immer ihn jagte – sollte es ihn doch holen.
    Ja, fast hätte er Suzanna geschlagen, auf den Boden gezwungen und ihren Körper gewaltsam genommen. Das Verlangen rauschte noch immer mit dem Blut in seinem Hirn, so sehr er auch stumm dagegen anschrie. Es war falsch. Sie war nicht Cara, sie hatte seinen Zorn nicht verdient. Sie war freundlich, offen und entwaffnend ehrlich zu ihm gewesen. Und sie war zerbrechlich. Cara war nichts von alldem.
    Aber die Erregung, die in der Vorstellung lag, es trotzdem zu tun, sie zu bezwingen, so wie er bezwungen wurde und der Stärkere zu sein, ließ nicht nach. Sie vermischte sich mit Scham, aber das machte die Komposition nur bitterer, keinesfalls schwächer.
    Was war nur aus ihm geworden?
    Der Wunsch, hemmungslos zu heulen, presste von hinten gegen seine Augäpfel, aber er riss sich zusammen, blinzelte dagegen an und biss die Zähne aufeinander, bis sie schmerzten. Mühsam atmete er den Geruch von Harz, Blättern und Erde und fand mit jedem Herzschlag einen Hauch Ruhe zurück.
    Zu jammern half niemandem, das sagte er Aiden schließlich ständig. Und immerhin bestand Hoffnung, hatte er das schon vergessen? Er besaß den Venuskelch. Bei dem Gedanken an die mächtige Pflanze wurde ihm der Kopf so schwer, dass er ihn gegen den Stamm lehnen musste.
    Sollte es ihm wirklich gelingen, Cara das Elixier in den Wein zu mischen, von dem es hieß, es würde Sídhe willfährig machen, hatte er nur wenige Sekunden. Ein einziges Versprechen würde er ihr abverlangen können. Der Pferdefuß dabei war, dass es Grenzen gab. In Legenden und alten Liedern hieß es, der Pflanzenzauber würde keine Wünsche unterstützen, die aus Egoismus, Habgier oder Bosheit ausgesprochen wurden. Wer zu viel verlangte, stand am Schluss mit leeren Händen da. Brandon hatte Aiden geschworen, dessen Bruder zu retten. Durfte er seinen Schwur in die Waagschale werfen und es riskieren, die Freilassung aller Männer zu verlangen? Cara würde toben, sie würde daran zerbrechen, es wäre ihr Untergang; das war ihm bewusst und genau darum ging es ihm. Die Frage war nur, ob die Blume sein Wissen kannte, oder ob er die Magie glauben machen konnte, er würde den Wunsch allein für die Männer aussprechen.
    Die Crux mit der Hoffnung und all ihrem Licht war, dass es finsterer wurde, wenn sie vorbeizog.

     
    Aiden schreckte aus dem immer gleichen Traum auf, in dem eine Ratte sich durch das Fleisch in seinem Nacken knabberte, sein Genick durchnagte und dann einen Tunnel durch seinen Körper wühlte, indem sie sein Rückgrat fraß.
    Diesmal hatte der Traum einen Grund. Der Chalzedon in seinem Nacken sandte pulsierende Wärme. Cara rief nach ihm. Er tastete nach der Öllampe neben seinem Bett, drehte am Regler und warmes Licht ergoss sich in seine Schlafkammer. Wie spät mochte es sein? Dwyn schlief noch tief und fest, was darauf schließen ließ, dass an der Oberfläche noch nicht die Sonne aufgegangen war. Gnome erwachten meist bei Tagesanbruch, egal wie viele Meter Erde zwischen ihnen und der Welt der Menschen lagen.
    Was wollte Cara so früh von ihm? Ihm wurde mulmig, als er

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