Schwartz, S: Blutseelen 1: Amalia
löste, sich halb aufrichtete und das Hemd in einer fließenden Bewegung über seinen Kopf zog.
Sein Oberkörper war ein Anblick, der ihr die Sprache verschlug. Es waren nicht einmal die zwei Narben, die sie irritierten, nicht die ungewöhnliche Tätowierung an der Seite seines Brustkorbs, die ein ihr unbekanntes Symbol zeigte. Es war der Oberkörper an sich, diese perfekt ausmodellierten Muskeln, die nicht wie Fleisch wirkten, sondern wie in Marmor gemeißelt. Verwundert griffen ihre Finger nach der weißen Haut, betasteten ihre Fingerkuppen die Härte dieser Muskeln. Kühl und glatt fühlten sie sich an. Makellos.
„Du bist wunderschön“, flüsterte sie. Ihr Finger streifte eine wulstige Narbe, die sich quer von der Rippe bis zur Hüfte erstreckte, als habe jemand ein Schwert oder eine andere Hiebwaffe darüber gezogen. Die zweite Narbe schnitt die Erste, als wolle sie ein Kreuz auf seinen Körper zeichnen. Sie war kürzer, aber nicht weniger aufgeworfen. Deutlich fühlte sie die Erhöhung der dunkleren Haut. Ein winziger Gebirgszug auf glitzernder weißer Fläche.
„Was ist dir passiert?“
„Ein Unfall.“
Sie blickte in diese warmen Augen, die so viel Liebe in sich trugen. Nie war ihr bewusster als in diesem Moment, dass er etwas für sie empfand. Ihr Ängste wichen unter seinem Blick.
„Zieh dich ganz aus“, verlangte sie. „Ich will dich sehen.“
„Noch nicht.“ Er zog etwas neben dem Bett hervor, das leise klirrte. Es war lang, dünn und beweglich.
Amalia zuckte zusammen, als kaltes Metall ihre Brust berührte. „Was … ich weiß nicht, ob …“, sie verstummte, als er die Kette an dem hervorstehenden Kettenglied ihres Halsbandes befestigte. Das Ende der Leine lag locker in seiner Hand. Es war aus dunklem Leder gefertigt.
„Es gibt Frauen, die mögen es, im Bett an die Leine genommen zu werden, und solche, die es verabscheuen. Und dann gibt es Frauen wie dich: die so tun, als würden sie es nicht wollen, obwohl die Feuchte zwischen ihren Beinen eine andere Sprache spricht.“
„Wie kannst du …“, setzte Amalia an. Woher wollte er wissen, was sie mochte? Wer sagte denn, dass es die Leine war, die sie so feucht machte? Er setzte zu viel voraus. Gleichzeitig konnte sie nicht leugnen, wie richtig er lag. Es war, als könne er ihre Gedanken lesen.
Er legte seine Hand auf ihren Mund und sie krallte die Nägel in seinen weißen Unterarm. So einfach wollte sie es ihm nicht machen. Er sollte um sie kämpfen.
„Genießen ist so einfach“, erklärte er mit leuchtenden Augen. Er zog an der Leine. „Wehr dich nicht dagegen.“
Amalia folgte dem Zug und setzte sich auf. Die Leine war straff gespannt.
„Du magst es, im Bett geführt zu werden“, flüsterte er vor ihr. „Streite das nicht ab.“
Sie mochte es tatsächlich. Aber woher wusste er das? Sah man ihr die Lust so deutlich an?
Er kniete noch immer über ihr, seine Augen strahlten wie Sterne. „Soll ich dich eine Runde durch das Hotel führen? Vor den Augen der anderen Gäste? Würde dir das gefallen?“
Seine Worte erregten sie. Sie spürte ein warmes Brennen in sich, das sich rasch ausbreitete. Trotzdem wollte sie ihm nicht den Gefallen tun, seine Worte mit ihrem Verhalten zu bestätigen. Es machte ihr zu schaffen, dass er recht hatte.
Ihre Hände ließen seinen Unterarm los. Sie fasste nach der gespannten Kette und zog daran gegen seinen Arm.
Er schüttelte langsam den Kopf. „Nimm die Hände runter.“
Sie zögerte. Schließlich ließ sie die Hände sinken. Es hatte ohnehin keinen Sinn. Mit Körperkraft konnte sie ihm nicht begegnen.
Er wickelte sich das Ende der Leine mehrmals um die Faust, dass kaum noch Raum zwischen seiner Hand und ihrem Hals war.
„Fühl es, Amalia. Fühl den Zug an deinem Hals. Für die nächsten Stunden gehörst du mir und ich werde bestimmen, was du tust und lässt. Vielleicht werden wir dieses Spiel eines Tages umdrehen, aber für diese Nacht bist du meine Dienerin, und jedes Widersetzen wirst du bereuen.“
Ihre Gedanken überschlugen sich. Zum einen hatte er bereits zum zweiten Mal eine Andeutung gemacht, die darauf hinwies, dass er nicht nur diese eine Nacht wollte. Er wollte mehr von ihr, und der Gedanke machte sie glücklich. Zum anderen drängten sich ihr wieder Bilder aus Frankreich auf. Bilder ihrer Fantasie, in denen eine dunkelhaarige Frau in schweren Ketten am Boden vor Aurelius‘ Füßen auf dem Rücken lag, und ihm ihre gespreizten Beine freien Zugang zu ihrer Blöße
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