Schwartz, S: Blutseelen 1: Amalia
Amalia es nicht länger erwarten konnte. Aurelius‘ Hände lagen viel zu oft und zu lange auf ihrem Körper. Sie verzehrte sich nach ihm und wollte mehr.
„Ins Hotel?“, rief sie gegen den Lärm in sein Ohr.
„Wie Ihr wünscht, Prinzessin“, gab er zurück, als habe er ihre Gedanken über Prinzessinnen und Zauberpferde gelesen. Er musste dabei nicht schreien. Sonderbarerweise verstand sie seine Stimme auch in nahezu normaler Lautstärke.
Sie verabschiedeten sich von Darion und Grace und brachen mit der Bahn zum Hotel auf.
Während sie auf den Bus warteten, presste er sie eng an sich. Amalia ließ die vergangenen Konzerte Revue passieren. Die Eindrücke des Tages setzten sich langsam, und in ihr entfaltete sich Raum für Neues. Raum, den sie nur für Aurelius reservierte.
Wie er wohl nackt aussah? Sie nahm sich vor, sich auf keinem Fall von ihm fesseln zu lassen. Das war einfach zu früh und deshalb keine gute Idee. Aber ein wenig härter durfte es schon sein. Aurelius war nicht der Typ, der nur auf Streicheln stehen konnte, so schätzte sie ihn nicht ein. Auch wenn er eine zärtliche und beschützende Seite hatte.
Aurelius‘ Hand lag unter ihrer Jacke auf ihrer Brust. Sinnlichkeit und Machtbewusstsein schienen geradezu von ihm abzustrahlen. Seine Lippen berührten flüchtig das silberne Band um ihren Hals. Allein diese Bewegung machte sie unruhig. Sie schmiegte sich an ihn.
Es war verheißungsvoll und aufregend, ihn an ihrer Seite zu haben. Sein Hunger nach mehr, war deutlich zu spüren. Seine Lust auf Experimente und vor allem – auf sie – auf ihren Körper und die Spiele, die wie in einem dunklen Garten auf sie warteten.
„Du riechst herrlich“, flüsterte er. „Frisch und unberührt. Nach Unschuld und Neugier.“
„Klingt ganz, als wäre Unschuld für dich ein Fetisch.“
„Sie ist nicht zu verachten“, flüsterte er an ihrem Hals. „Ich mag es, wenn du rot wirst. Ich mag deine Scham, dein Zögern und deine Überraschung, wenn du dich fallen lässt und merkst, wie gut dir das tut.“
Amalia erwiderte nichts. Sie liebte es, seine Stimme zu hören. Diesen tiefen, dunklen Klang, der von fremden Geheimnissen durchdrungen war. Was gab es alles zu entdecken in den Erfahrungen dieses Mannes? Und wie weit wollte sie gehen?
Der Bus hielt an ihrer Station und Aurelius führte sie zum Ausgang. Obwohl der Weg zum Hotel nicht sonderlich weit war, brannten Amalia die Füße, als sie ankamen.
Sie gingen an der Rezeption vorbei, unter der Spiegeldecke mit den dunklen Blüten entlang zum Fahrstuhl. Als Amalia auf den Knopf neben ihrer Stockwerknummer drücken wollte, hielt Aurelius ihre Hand fest.
„Wir gehen zu mir.“
Sie widersprach nicht, aber sie spürte eine leichte Sorge in sich. Sorge, die sofort vom Blick seiner dunklen Augen ausgelöscht wurde. Sie musste an Aurelius‘ Worte denken, an das Vertrauen von Männern gegenüber sexwilligen Frauen. War sie wirklich so viel anders? Sie lief diesem Mann hinterher, nur weil er gut aussah und wusste, wie man eine Frau leckte.
Der Gedanke ließ sie den Kopf schütteln. Es ließ sich nicht leugnen, dass er sie gestern mit seiner Zunge einer Erleuchtung gleich zum Orgasmus geführt hatte. Und sie wollte mehr. Viel mehr. Ihr Inneres zog sich erwartungsfroh zusammen.
„Wirst du mir auch nichts antun, wenn ich mich ganz in deine Hände begebe?“, flüsterte sie, nicht ganz sicher, ob sie es tatsächlich halb im Scherz gefragt hatte.
„Nichts, was du dir nicht wünschst“, versprach er und hielt dabei ihren schlanken Hals in einer Hand, mit einer Kraft, die sie schwindeln ließ. Als könne er ihn brechen wie ein Streichholz, wenn ihm danach wäre.
„Vertrau mir.“
Bevor sie etwas erwidern konnte, hielt der Fahrstuhl im obersten Stock. Aurelius führte sie am Hals zu der Tür des Penthouses. „Hier oben hört niemand deine Lustschreie.“
In jeder anderen Situation hätte Amalia über seine Worte lachen müssen. Aber sie war nicht in einer anderen Situation. Die Finger an ihrem Hals ließen keinen Zweifel daran, dass er heute Abend bestimmen würde, was sie tat und was nicht. Und er wollte ihre Lustschreie hören. Er wollte sie zur Ekstase treiben.
Das Appartment war doppelt so groß wie ihr eigenes Zimmer und lag zwei Etagen höher, direkt unter dem Dach. Auch in diesem Raum lag helles Laminat am Boden, und die Bilder von Feininger gehörten zu der Ausstattung dieses Luxushotels. Auch alle anderen Einrichtungsgegenstände sahen exklusiver
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