Schwartz, S: Blutseelen 2: Aurelius
und Betteln.
Amalia versuchte, zu verstehen, wo sie sich befand, und was sie tat. Alles um sie her drehte sich, und das Einzige, dessen sie sich sicher war, war ihre Lust. Sie war schon zu weit gegangen. Sie musste es zu Ende bringen. Sie presste ihre Hand hart gegen ihren Schamhügel, rieb sich und stöhnte auf, als es ihr kam.
Es war, als würde der Orgasmus sie befreien und ihre Gedanken klären.
Das Schamgefühl war vernichtend. Sie wünschte sich, auf der Stelle in der Erde zu versinken, um Perrys zufriedenem Blick zu entkommen.
„Großartig“, flüsterte er zufrieden. „In dir steckt Potenzial.“
Ihr wurde schlecht bei den Worten. Wie hatte sie Mai nur so quälen können? Endlich meldete sich ihr Verstand zurück und übernahm die Vorherrschaft über ihren Körper. Sie wich zurück, drehte sich um und rannte davon. Sie wollte raus aus diesem Zimmer und weg von Perry. Weit weg. Wie hatte es nur so weit kommen können? Wo war Aurelius? War es nicht seine Aufgabe, sie in diesem Irrenhaus zu beschützen?
Sie hetzte durch den Innenhof und sah die Frau zu spät, gegen die sie mit voller Wucht rannte. Es fühlte sich an, als sei sie gegen eine Betonmauer gesprungen. Halb erwartete sie, zu Boden zu stürzen und sich die Knochen zu brechen. Stattdessen packte die Frau zu und hielt sie fest.
„Nicht so stürmisch.“ Gracia lächelte. Sie setzte Amalia auf die Füße und musterte sie von oben bis unten. „Du riechst, als hättest du dich gepaart. Und das ganz ohne deinen Herrn?“
Amalia brachte keinen Ton hervor. Wieder war ihr, als würden Blicke sie bannen, und dieses Mal waren es nicht Perrys Blicke, sondern Gracias.
„Du solltest nicht zu viel herumhuren und dich lieber auf deine Aufgabe konzentrieren. Ich verliere langsam die Geduld.“
Amalia wollte zu einer scharfen Antwort ansetzen, doch Gracias Blick ließ sie innehalten. Die Vampirfürstin würde sie für jede Beleidigung schwer bestrafen. Zornig presste sie die Lippen aufeinander.
„Geh und reinige dich“, zischte Gracia. „Dein Geruch ist beleidigend.“
Zu gehen ließ sich Amalia nicht zweimal sagen. Aber dieses Mal rannte sie nicht. Sie hob stolz den Kopf und verließ den Innenhof. Gracia war es nicht wert, sich von ihr provozieren zu lassen. Obwohl die Worte der Vampirin keine Bedeutung für sie haben sollten, spürte sie, wie ihre Augen von ungeweinten Tränen brannten. Es waren nicht Gracias Beleidigungen, die ihr so zusetzten, sondern das schlechte Gewissen, sich auf ein solches Spiel mit Perry eingelassen zu haben. Sie musste mit Aurelius darüber reden. Sofort. Und sie musste so schnell wie möglich herausfinden, wo Lairas letzte Ruhestätte lag. Wenn sie länger in dieser Irrenanstalt ohne Ärzte blieb, würde sie wahnsinnig werden.
B ERLIN , S IEGESSÄULE, AM E NDE DER N ACHT
Kamira starrte hinunter auf die erleuchtete Stadt, die sich in der Dunkelheit vor ihr ausbreitete. Sie hockte auf dem vierten Trommelteil auf einer vergoldeten Girlande der Siegessäule und drückte sich eng an die Wand. Seit Tagen fand sie keinen Schlaf und strich ruhelos durch die Stadt. Dabei zog es sie immer wieder zu diesem Ort im Herzen Berlins. Früher war sie mit Gabriel durch die Städte Europas gezogen. Sie waren eine Einheit gewesen, und ganz gleich, wie viele Jahre vergingen, sie vermisste ihn. Zwei Mal hatte sie versucht, sich an einen anderen Werwolf zu binden und war gescheitert. Sie und Gabriel hatten eine Verbindung gehabt, wie es sie nie zuvor und niemals danach gegeben hatte. Sie hatten im Paradies gelebt, bis Gabriel anfing, die Verwandlungen nicht mehr zu ertragen, und wahnsinnig wurde.
Sie dachte an den Tag zurück, da sie ein Dienstmädchen zerfetzt auf den Treppenstufen ihres gemeinsamen Hauses gefunden hatte. Das war falsch gewesen. Gabriel hatte einen Fehler gemacht, aber sie hatte zu ihm gehalten. Bis zuletzt hatte sie daran geglaubt, dass ihre Liebe ihn heilen würde, doch dann hatte Aurelius ihren Gefährten getötet und jede Chance auf Heilung vernichtet.
Wenn Gabriel doch nur bis in diese Zeit überlebt hätte. Mit den heutigen Medikamenten wäre er wieder der geworden, der er einst gewesen war. Ihre Trauer über seinen Verlust und die vergebenen Möglichkeiten war ein Ozean, der niemals austrocknete. Es war an der Zeit, Abschied zu nehmen. Dies war ihre letzte Nacht im Dienst von Rene. Im Morgengrauen wollte sie fliehen, zurück nach Frankreich, und dort Trost suchen.
Sie schmiegte ihre Wange an den kalten Stein und
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