Schwartz, S: Blutseelen 2: Aurelius
sich Rene freiwillig auszuliefern, aber es war notwendig. Ihrer Freundin nicht zu helfen, hätte sie sich niemals vergeben, und vielleicht gab es ja doch noch einen Weg, Rene und den Vampiren zu entkommen.
Sie rasten durch die Innenstadt, kamen auf die Autobahn und fuhren zum Flughafen. Verfolger sah Amalia keine mehr, trotzdem fuhr Rene, als sei der Teufel hinter ihr her. Vielleicht erkannte sie im Rückspiegel mehr als Amalia.
Am Flughafen ließ sie das Motorrad stehen. Zwei vertraute Gestalten empfingen sie: Marut und Kamira. Die Werwölfe brachten sie im Laufschritt zu einem Check-in-Automaten. Es war kaum etwas los. Kontrolliert wurden sie nicht, lediglich zwei Sicherheitsmitarbeiter winkten Marut zu. Offensichtlich hatte auch Rene ihre Leute gut verteilt.
Sie liefen aus dem Gebäude und wurden sofort vom Fahrer eines Shuttlebusses empfangen, der sie drängte, einzusteigen. Mit überhöhter Geschwindigkeit fuhren sie zu einer Stelle, wo ein Privatflugzeug wartete. Amalia war außer Atem. Sie war lange nicht so schnell wie ihre Begleiter. Marut packte sie und trug sie die letzten Meter. Er verfrachtete sie in die Maschine.
Das Flugzeug rollte an, noch ehe Amalia richtig saß. Es schien einen langen Weg zurücklegen zu müssen, denn noch startete es nicht, sondern fuhr konstant seiner Startbahn entgegen.
Im Innenraum der Maschine gab es nur acht Sitzplätze, von denen vier leer waren. Amalia saß neben Kamira. Rene und Marut saßen ihr gegenüber. Der Lärm der Triebwerke war erstaunlich leise.
Die Vampirin lächelte zufrieden. „Wir haben einander noch nicht vorgestellt. Ich bin Rene.“
„Das ist nur einer von vielen Namen“, brachte Amalia heraus. „Wo ist Kim?“
„Kim ist in Berlin. Ihr wird nichts geschehen, wenn du mir das Wissen gibst.“
„Das werde ich nicht. Zuerst muss Kim in Sicherheit sein.“
Renes Lächeln war messerdünn. Ihre hellen Augen strahlten ein unnatürlich weißes Licht aus. „Ich ziehe es vor, sofort zu wissen, wo Laira ist. Marut, sei so nett.“ Sie nickte dem grauhaarigen Werwolf mit dem Narbengesicht zu.
Marut packte Amalias Unterarm. Sie wehrte sich panisch gegen den Griff, doch seine Hand umklammerte sich mit einer Gewalt, der sie nichts entgegenzusetzen hatte. Er reichte Rene den Arm, als sei Amalia eine Puppe.
Unter den neugierigen Blicken von Marut und den desinteressierten von Kamira schlug Rene ihre Zähne in Amalias Handgelenk.
„Nein!“ Amalia wollte Marut ins Gesicht schlagen, doch er wehrte den Angriff mit der freien Hand ab.
Rene saugte an der Wunde, und ein angenehmer Schwindel überfiel Amalia, der ihre Gegenwehr erlahmen ließ. Es tat nicht weh. Ob das an dem Gift lag, das Vampire zum Betäuben an die Haut ihres Opfers abgaben?
Amalias Geist glitt davon. Der Innenraum des Flugzeugs löste sich auf. Sie stand in ihrem Garten, auf einem Hügel. Paradiesblumen, Rosen und weiße Callas umgaben sie. Von einer Mauer oder einem Schmetterling war weit und breit nichts zu sehen. Auch war das Bild dieses Mal nicht leicht verschwommen, als wäre es in der Ferne diesig oder neblig. Unter ihr lagen gestochen scharf tausend Städte und Orte. Sie sah Rom und das Anwesen in der Nähe von Montbéliard. Sie sah Ägypten und unzählige fremde Häuser und Plätze, viele lagen in der freien Natur, waren von Felsen umgeben. Wasserfälle plätscherten, Tempel bohrten sich in einen strahlend blauen Himmel, und die fremdartigsten Skulpturen und Statuen säumten die Wege.
Neben ihr stand Rene. „Interessant. Ich würde vorschlagen, wir gehen in diese Richtung, Seelenblut.“ Sie packte Amalia am Arm und zog sie den Abhang hinunter, an dem sich ägyptische Gebäude befanden.
„Nein!“ Amalia riss ihren Arm los. Überrascht merkte sie, dass sie sich tatsächlich von Rene befreien konnte. In dieser Welt hatte sie andere Kräfte. „Das ist meine Welt. Mein Innerstes. Du bist nicht willkommen. Ich zeige dir gar nichts, bis Kim in Sicherheit ist. Nur wenn ihr nichts geschieht, wirst du bekommen, was du möchtest.“
Rene legte den Kopf schief. Das dünne Lächeln verschwand gänzlich. „Du willst dich geistig mit mir anlegen? So weit bist du noch lange nicht, Seelenblut. Sieh an dir hinab.“
Renes Stimme war so zwingend, dass Amalia gehorchte. Sie stand nackt vor Rene. Ihre Kleidung war verschwunden. Wie hatte Rene das gemacht? Ein leichter Wind kam auf und strich über ihre Haut.
Rene trat näher. „Knie gefälligst, wenn ich mit dir spreche, Seelenblut. Wo
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