Schwartz, S: Blutseelen 2: Aurelius
nicht von einer Meute blutgieriger Bestien belauert zu werden. Außerdem bin ich unter Menschen.“
Darion wollte zu einer Entgegnung ansetzen, doch Sybell ergriff seinen Arm. Ihre silberblauen Augen blickten freundlich von Darion zu ihr. „Lass sie, Darion. Du weißt nicht, wie es sich anfühlt, diesem Druck ausgesetzt zu sein. Ich spüre ihre Anspannung. Lass uns ins Kino gehen und schauen, ob die Luft rein ist.“
Darion knirschte mit den Zähnen und drehte sich um. Er sprach von ihnen abgewandt.
„Bitteschön. Mike bewacht unsere Maschinen und informiert uns, falls Wölfe auftauchen sollten.“ Er warf einen Blick in die Richtung eines Schuhladens und nickte einer türkisch aussehenden Frau zu, die scheinbar zufällig an einem Außenregal stand und zurücknickte. Offensichtlich waren zu ihrem Schutz weitere Vampire auf der Zeil verteilt.
Amalia fragte sich, ob das vielleicht eine Falle war. Womöglich benutzten die Vampire sie als Köder und waren bereits darauf eingestellt, dass Renes Wölfe und Vampire angriffen. In dem Fall konnte es von Vorteil sein, dass Aurelius in Italien war. Er hätte einem solchen Vorgehen nie zugestimmt.
Und was war mit dem Verräter? Die Vampire wussten, dass einer der ihren mit Rene konspirierte. War es einer ihrer Begleiter? Oder der scheinbare Polizist namens Mike? Irgendwer musste dafür gesorgt haben, dass sie tatsächlich auf die Zeil gefahren waren. Es gab in Frankfurt noch andere Einkaufszentren, das wusste Amalia, weil sie nicht zum ersten Mal in dieser Stadt war. Wer hatte also dafür gesorgt, dass sie genau gegenüber von dem Kino parkten, in dem Rene Amalia haben wollte?
Es konnte ihr gleich sein. Hauptsache war, dass sie Kim nicht im Stich ließ. Sie würde es sich nicht verzeihen können, wenn Kim ihretwegen von Rene getötet wurde. Hoffentlich behandelte die Vampirfürstin ihre Freundin besser, als sie vermutete.
Die Vampire und Mai nahmen Amalia in die Mitte und gingen mit ihr über den Platz. Es war unter der Woche, trotzdem waren viele Menschen unterwegs, vor allem Schüler und Studenten, die über den Platz bummelten oder zielstrebig das nächste Geschäft ansteuerten.
Sie waren an der Hauptwache, die S-Bahn-Station lag schräg unter ihnen und eine Hauptverkehrsstraße führte an ihnen vorbei. Würde Rene ihre Leute mit einem Wagen schicken? Oder wie wollte sie Amalia mitnehmen?
Angespannt betrachtete Amalia die Filmplakate und entschied sich schließlich für einen Gruselfilm. Er passte am besten zu ihrer Stimmung, und der Eingang des Kinosaales lag laut Plan in dem Stockwerk, in dem Amalia an das Fenster treten sollte. Außerdem lief der Film zu einer günstigen Zeit. Er würde kurz vor dem vereinbarten Zeitpunkt zu Ende sein. Ob Rene das geplant hatte? Und was würde mit den Zuschauern geschehen, die – wie sie – ebenfalls auf die Toilette wollten?
Sie schüttelte den Kopf. Wenn sie sich verrückt machte, half das niemandem. Zuerst würde sie den Film anschauen, und sie durfte nicht zu nervös wirken. Darion war bereits misstrauisch.
Sybell berührte ihren Arm. „Lass uns gehen, Seelenblut.“
„Ich heiße Amalia“, sagte sie mechanisch.
Sybell lächelte. „Okay, Amalia. Steh nicht rum und träume. Wir müssen den Saal inspizieren, ehe wir uns hineinsetzen. Komm mit.“ Sie wartete mit Darion neben dem Zugang zum Kinosaal, während Madlene und Mai den Raum überprüften. Wonach sie dabei suchten, konnte Amalia nur vermuten. Vielleicht nach dem Geruch von Werwolf, auffälligen Menschen oder Verstecken.
Sie war über Nacht zur VIP geworden und stand, umgeben von ihren Leibwächtern, im Gang. Viele Besucher sahen neugierig zu ihr hin und tuschelten miteinander. Vielleicht hielten sie sie für eine Schauspielerin oder eine andere Persönlichkeit.
Mai kam ihnen entgegen und nickte. „Wir können. Sieht okay aus.“
Sie nahmen ihre Plätze ein. Amalia war froh, als sie endlich saß. Die Werbung erschien ihr endlos und auf den Film konnte sie sich kaum konzentrieren. Ihre Gedanken waren bei Aurelius und Kim. Wie gern hätte sie mit Aurelius über ihre Freundin und ihr Problem gesprochen. Der Gedanke, von Rene getötet zu werden und Aurelius vielleicht nie wieder zu sehen, lag schwer wie ein Eisklumpen in ihrem Magen. Sie würde dafür sorgen, dass Rene nichts erfuhr, bevor Kim in Sicherheit war. Die Vampirfürstin würde keinerlei Information erhalten, solange sie Kims Leben bedrohte.
Gegen Ende des Filmes war sie so nervös, dass sie
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