Schwarz-Indien
mehr jung; er mochte 15 bis 20 Jahre
mehr zählen als ich. Ein wilder, menschenscheuer Cha-
rakter, der sich mit niemandem vertrug und weder Wasser
noch Feuer fürchtete. Die Beschäftigung als Büßer, der sich
nicht viele unterziehen mögen, wählte er aus Freude daran.
Die tagtägliche Gefahr schien seine Gedanken zu verwir-
ren. Man hielt ihn wohl für bös, während er vielleicht nur
ein Narr war. Dabei hatte er eine ungewöhnliche Körper-
kraft und kannte die Grube wie kaum ein anderer – min-
destens so gut wie ich selbst. Man gewährte ihm stets eine
gewisse Freiheit. Meiner Treu, ich hätt’ ihn schon seit vielen
Jahren tot geglaubt.«
»Was will er aber«, fuhr James Starr fort, »mit den Wor-
ten sagen: ›Du hast mir die letzte Ader unserer alten Grube
gestohlen!‹?«
»Nun, seit langer Zeit schon«, antwortete Simon Ford,
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»behauptete Silfax, mit dessen Gehirn es wie gesagt nicht
ganz richtig war, einen Anspruch auf das alte Aberfoyle zu
haben. So wurde auch sein ganzes Wesen nur desto scheuer
und wilder, je mehr seine Grube Dochart – seine Grube! –
sich zu Ende neigte. Es schien, als rissen die Schläge der
Hauer ihm die eigenen Eingeweide aus dem Innern. – Du
erinnerst dich daran, Madge?«
»Recht gut, Simon«, bestätigte die alte Schottin.
»All das tritt mir wieder vor Augen«, fügte Simon Ford
hinzu, »seit ich den Namen Silfax auf dieser Tür gesehen
habe. Doch, ich wiederhole es, den hielt ich längst für tot
und kam gar nicht auf den Gedanken, daß der von uns ge-
suchte Übeltäter der frühere Büßer der Grube Dochart sein
könnte.«
»Jetzt erklärt sich alles«, meinte James Starr. »Ein Zufall
hat Silfax das Vorhandensein der neuen Kohlenlager ent-
hüllt. In seiner wahnsinnigen Verblendung hielt er sich zu
deren Beschützer berufen. So mag er, da er in der Grube
lebte und sie Tag und Nacht durchstreifte, auch Euer Ge-
heimnis, Simon, und dabei die Absicht, mich eiligst zum
Cottage zu bestellen, in Erfahrung gebracht haben. Das er-
klärt die Absendung jenes, dem Eurigen widersprechenden
Briefs, das Herabwerfen jenes Steins nach Harry und mir,
sowie die Zerstörung der Leitern im Yarow-Schacht; das er-
klärt die Verschließung der Spalten in der Zwischenwand
nach den neuen Lagerstätten, unsere Einschließung und
unsere Erlösung, die wir, gewiß wider Wissen und Willen
des alten Silfax, der gutmütigen Nell verdanken.«
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»Ihre Darstellung der Tatsachen«, bemerkte Simon Ford,
»trifft gewiß das Richtige, Mr. James. Der alte Büßer ist jetzt
unzweifelhaft ganz wahnsinnig.«
»Das ist ein wahres Glück«, äußerte Madge.
»Ich weiß nicht«, erwiderte James Starr kopfschüttelnd,
»ob ich dem zustimmen soll, denn sein Wahnsinn muß
wohl entsetzlicher Art sein. Oh, jetzt begreif ich, daß Nell
nur mit Schrecken und Abscheu an ihn denken konnte, und
verstehe, daß sie ihren eigenen Großvater nicht denunzie-
ren mochte. Welch traurige Jahre mag sie in Gesellschaft
dieses Greises verlebt haben!«
»Gewiß, sehr traurige!« meinte Simon Ford, »bei diesem
Wilden und seinem nicht minder schrecklichen Harfang.
Ganz sicher lebt auch dieser Vogel noch, denn nur er kann
damals unsere Lampe ausgelöscht und später das Seil zer-
hackt haben, an dem Harry und Nell hingen ...«
»Und ich begreife auch«, sagte Madge, »daß die Nach-
richt von der bevorstehenden Verbindung seiner Enkelin
mit unserem Sohn, die er auf wer weiß welche Weise erhal-
ten haben mag, den Groll des alten Silfax besonders erregt
und seine Wut gegen alle verdoppelt hat.«
»Eine Vermählung Nells mit dem Sohn desjenigen, den
er beschuldigt, ihm die letzten Schätze von Aberfoyle ge-
raubt zu haben, mußte seine Erregung allerdings auf die
Spitze treiben!« bestätigte auch Simon Ford.
»Es wird ihm nun nichts übrigbleiben, als sich mit dieser
Tatsache langsam auszusöhnen«, rief Harry. »So entfrem-
det er dem gesellschaftlichen Leben auch sein mag, wird er
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doch schließlich zu der Einsicht kommen müssen, daß Nells
jetzige Lebensverhältnisse denen im tiefsten Abgrund der
Grube gewiß vorzuziehen sind. Ich bin fest überzeugt, Mr.
Starr, daß wir ihm zuletzt diese Überzeugung beibringen
würden, wenn es uns nur gelänge, seiner habhaft zu wer-
den ...«
»Mit dem Wahnsinn ist keine Verhandlung möglich,
mein armer Harry!« antwortete der Ingenieur. »Besser ist
es gewiß, seinen Feind
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