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Schwarz. Weiß. Tot.: Storys

Titel: Schwarz. Weiß. Tot.: Storys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Augenblick. »Weil ich weiß, wie der Mörder vorgegangen ist.«
    »Wie denn?«, fragte er spontan.
    Sie schwieg erneut, diesmal noch länger. »Superintendent …«
    »Johnnie.«
    »Ich … Es ist sehr kompliziert zu erklären, wissen Sie …«
    »Aber Sie glauben jedenfalls, dass es weitere Morde geben wird?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Der erste Schritt wäre vielleicht, herauszufinden, ob es bisher ähnliche Fälle gegeben hat. Ungeklärte,
     rätselhafte Morde …«
    »Die sich jeder Erklärung entziehen?«
    »Ja. Ich habe schon im Internet recherchiert, aber nichts gefunden. Aber wenn man in den Datenbanken der Polizei nachforschen
     könnte …«
    »Können Sie mir sagen, wie Sie darauf kommen, dass es noch weitere Morde gegeben hat?«
    Wieder zögerte sie. »Superintendent, ich habe solche Angst! Ich möchte nicht, dass Sie mich für … irgendwie durchgedreht halten.«
     Ihre Ausdrucksweise und irgendetwas |149| in ihrer ganzen Art und ihrer Stimme sagten ihm, dass sie noch jung sein musste.
    »Nein, ich halte Sie nicht für durchgedreht. Trotzdem habe ich mich gefragt, warum Sie sagten, Sie seien so nervös gewesen.«
    Sie schwieg so lange, dass er schon befürchtete, sie habe aufgelegt. »Weil viele glauben … weil die meinen, dass …« Plötzlich
     fuhr sie eindringlich und hastig fort: »Bitte sagen Sie mir, Superintendent, ob sie wirklich glauben, was Sie 1997 in der
     Zeitung gesagt habe?« Es war ein Flehen, keine Frage.
    »Dass man kraft seines Geistes Geschehnisse anstoßen kann?«
    »Ja!«
    Er fühlte sich unbehaglich und wusste auch warum – man verbrennt sich nicht zwei Mal an demselben Feuer die Finger. Schließlich
     ging er auf Nummer sicher: »Damals habe ich daran geglaubt.«
    »Aber heute nicht mehr?«, fragte sie zutiefst enttäuscht.
    »Mein Leben hat sich seitdem verändert«, erwiderte er ausweichend.
    »Aber Sie glauben noch immer, dass es möglich ist?«
    Pearlies Worte kamen ihm wieder in den Sinn, als sie zwei Monate zuvor in der Seitenstraße neben dem Restaurant gestanden
     und hinauf zu dem frisch gemalten Schild
Kaapse Kos
geblickt hatten. Pearlie hatte ihre Hand in seine gelegt und gesagt: »Siehst du, mein Herz, du hattest recht. Man kann kraft
     seines Geistes Geschehnisse beeinflussen. Und Träume werden wahr.« Für einen Augenblick hatte er selbst wieder daran geglaubt,
     bis er erkannte, dass sie ihn bloß trösten wollte.
    |150| »Ja, es ist möglich«, antwortete er schließlich, denn das war es wohl, was die Frau am Telefon hören wollte.
    »Ja«, pflichtete sie ihm bei, »das ist es. Aber wenn man mit anderen darüber redet, lachen sie einen aus. Ich war nervös,
     weil ich Angst hatte, ausgelacht zu werden. Ich habe mir so sehr gewünscht, dass Sie mir glauben würden.« Sie klang geradezu
     verzweifelt.
    Plötzlich befürchtete er, sie könne tatsächlich verrückt sein, eine dieser psychisch gestörten, depressiven Gestalten, die
     immer dann anriefen, wenn ein Mord in die Schlagzeilen geraten war. Sie meldeten sich mit seltsamen Erklärungen oder Forderungen
     und beharrten äußerst eindringlich und ernsthaft darauf, dass ihre Theorien über Dämonen, Außerirdische, Zauberei oder die
     Illuminati auf tatsächlichen und persönlichen Erfahrungen beruhten. Nach dem Fall Florian hatten sie ihn mit Anrufen bombardiert:
     drängende Flüsterstimmen, die ihm versicherten, dass auch sie an das Metaphysische, das Übersinnliche und die Existenz außersinnlicher
     Erfahrungen glaubten. Er versuchte, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, aber vergeblich: »Ich glaube Ihnen«,
     sagte er wenig überzeugend.
    Wieder schwieg sie lange. »Heute Nachmittag, wenn Sie in Ihren Cressida einsteigen, werde ich es Ihnen beweisen«, sagte sie
     und legte auf.
     
    Als er um kurz nach vier am Empfang vorbeiging, rief Mavis ihm hinterher: »Johnnie!«
    Er schaute durch ihr Glasschiebefenster und sah, dass ihre Augen schalkhaft funkelten.
    »Wer ist eigentlich dieses Mädchen, das dich dauernd |151| spätnachmittags anruft?« Richtig, C. hatte auch tags zuvor um Viertel vor vier angerufen, und der Brief vorgestern war um
     dieselbe Zeit abgegeben worden. Was hatte das zu bedeuten?
    Ihm fiel etwas ein. »Kannst du die Nummern der Anrufer erkennen?«
    »Nicht immer. Willst du damit sagen, dass du eine heimliche Verehrerin hast?«
    »Was denn sonst, bei meinem Aussehen …«
    Mavis lachte. »Johnnie!« Dann sah sie ihn und fügte in einem ernsteren Ton hinzu: »Endlich!

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