Schwarz. Weiß. Tot.: Storys
nicht sein! October rief die Dienststelle in Seepunt
an und identifizierte sich. Er bat seine Kollegen, in der Datenbank nach der Telefonnummer zu suchen, die zu dieser Adresse
gehörte.
Nach einer Viertelstunde riefen sie zurück. Das Haus gehörte einem gewissen Peter Behrbaum. Die Kollegen gaben ihm die Festnetznummer.
Er rief an.
»Hallo?«, fragte eine Frauenstimme.
»Mevrou Behrbaum?«
»Richtig.«
»Entschuldigen Sie, kann ich unter dieser Nummer auch Jimmy Fortuin erreichen?
»Nein, er wohnt in dem kleinen Anbau hinten im Garten. Soll ich Ihnen seine Handynummer geben?«
»Ich weiß nicht, was du mit Zuyane angestellt hast, aber er ist heute zwanzig Minuten früher gekommen und hat die ganze Zeit
nur ›Gut, Antie Pearlie, ja, Antie Pearlie‹ gesagt«, berichtete seine Frau, als October um zehn Uhr zum Essen ging.
»Ich habe ihm gesagt, das Leben sei zu kurz, um einen Beruf auszuüben, der einem keine Freude macht«, antwortete er.
»Da hast du recht, mein Herz. Aber wie ich sehe, macht dir momentan dein Urlaub Freude.«
|223| »Ach ja?«
»Mich kannst du nicht an der Nase herumführen, Johnnie October, es steht dir ins Gesicht geschrieben – dieser Stör-mich-nicht-ich-ermittle-Ausdruck.«
»Du kannst mich ruhig stören.«
»Ach, du weißt doch, dass ich mich von diesem Ausdruck noch nie habe abschrecken lassen.«
»Morgen früh muss ich sehr zeitig aufstehen, Pearlie. Aber ich verspreche, leise zu sein.«
Der junge Mann glich einer großen Katze, geschmeidig und wachsam. Um halb acht kam er aus dem Tor des Hauses in der Algakirkstraat
und ging in Richtung Meer. Sein jugendlich federnder Gang erinnerte October an Nita.
Er saß in seinem Cressida und versuchte den Eindruck zu erwecken, als warte er geduldig auf jemanden. Jimmy Fortuin ging vorbei,
ohne ihn anzusehen. October blickte ihm im Rückspiegel hinterher und beobachtete, wie er rechts in die Kloofstraat abbog.
Er ließ den Motor an, wendete und folgte ihm. Er verlor ihn für einen Moment, fuhr schneller und sah, dass der junge Mann
nach links in die Kerkstraat abgebogen war. Gleich darauf verschwand er links in der Regentstraat.
October stellte das Auto an der nächsten Straßenecke ab, stieg aus, schloss hastig die Tür und folgte dem Verdächtigen zu
Fuß. Hundert Meter vor ihm schloss Fortuin ein Geschäft auf. October wollte gerade stehen bleiben, bemerkte aber rechtzeitig,
dass das zu auffällig gewesen wäre. Er überquerte die Straße und musste sich zwingen, sich nicht umzusehen. Erst als er wusste,
dass er sich außerhalb |224| von Fortuins Blickfeld befand, blieb er stehen, drehte sich um und spähte um eine Hausecke.
Jimmy Fortuin schloss die Tür des Geschäfts hinter sich. Es war ein kleiner Laden mit nur einem Schaufenster. Als October
das Ladenschild las, schüttelte er verwundert den Kopf:
Die Stoppuhr.
Und darunter:
Neue und gebrauchte Uhren. Reparaturservice.
October frühstückte im New York Bagel und las dabei in aller Ruhe die Zeitung. Um fünf vor zehn bezahlte er die Rechnung und
machte sich auf den Weg zu Fortuins Geschäft. Als er die Tür öffnete, läutete leise ein Glöckchen. Drinnen herrschte Halbdunkel.
Vitrinen voller Uhren waren aufeinandergestapelt, große und kleine Uhren, Armbanduhren, Wecker, Kuckucksuhren. Standuhren,
nebeneinander aufgereiht, Wanduhren, auf alt getrimmt, hübsch hässlich. Ganz im Hintergrund saß James Daniel Fortuin an einer
Werkbank, ein Vergrößerungsglas in der einen, einen winzigen Schraubendreher in der anderen Hand.
»Kann ich helfen, Uncle?«, fragte er mit sanfter, freundlicher Stimme.
Um zwölf saß October in seinem Cressida und schickte Nita eine SMS:
Ruf mich an, es ist dringend!
Kaum eine Minute später klingelte sein Handy. »Was ist denn?«, fragte sie aufgeregt.
»Wir können nicht bis Viertel vor vier warten, du musst sofort kommen!«
Um Viertel nach zwei klopfte sie an seine Scheibe. October entriegelte die Tür für sie. Nachdem er ihr alles erzählt hatte,
sagte sie: »Gib mir die Handschellen.«
|225| Er holte sie hervor und zeigte ihr, wie sie funktionierten. »Seine Werkbank ist am Boden festgeschraubt. Du musst die eine
Seite um seinen Knöchel und die andere um ein Tischbein schließen. Alles andere funktioniert nicht.«
»Cool.«
»Neben seinem Geschäft ist ein chinesischer Imbiss, da warte ich. Komm, wir müssen unsere Uhren gleichstellen, damit ich rechtzeitig
bei dir sein und dir helfen
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