Schwarz
das Todesröcheln des Soldaten aus seinen Ohren verschwinden, und nie würde er den Anblick des feigen UN-Mitarbeiters vergessen.
In Itang hatte Rashid Osman die Schwelle zum Töten überschritten.
***
Betha Gilmartin wachte auf dem Sofa ihres Arbeitszimmers in Legoland auf, als Clive Grover hereingestürmt kam, ohne anzuklopfen, gefolgt von einer dünnen jungen Kollegin mit blassem Gesicht. Die Vizechefin des SIS warf ganz verdattert einen Blick auf die Uhr, die sechs Minuten vor sieben Uhr morgens anzeigte, und stellte zufrieden fest, dass sie fast drei Stunden geschlafen hatte. Dann schnappte sie sich ihr Stützkorsett, huschte im Eiltempo zu ihrem Schreibtisch und setzte sich rasch auf ihren Bürosessel.
»Es ist gefunden, Jennifer ist sich ganz sicher. Das Fabrikgebäude auf den Fotos von Katarina Kraus ist geortet. Erzähl du es«, sagte Grover und ermutigte die junge Kartenexpertin, die einen unsicheren Eindruck machte.
»Nun macht mal um Himmels willen nicht so eine Hektik«, erwiderte Betha Gilmartin und stopfte das Korsett in die Schublade. Dabei schaute sie auf den Pulsmesser und war überrascht: 118. Die Umdrehungszahl ihres Motors lag zu hoch. Sie stand schon zu lange unter Stress.
»Die Fabrik befindet sich in der Nähe von El Obeid im mittleren Sudan«, berichtete Jennifer Sullivan. »Die Computer konnten die Fabrik auf den Satellitenkarten nicht orten, also beschloss ich, es mit einer anderen Methode zu versuchen. Ich habe die Fotos von Kraus auf das Tausendfache vergrößert und die Einzelheiten untersucht, bis ich ein Flugzeug im Landeanflug gefunden habe. Sein Kennzeichen konnte ich erkennen. Und da auf dem Foto Datum und Uhrzeit angegeben waren, habe ich herausgefunden, auf welcher Route die Maschine genau zu dem Zeitpunkt flog. Es war der Flug SD406 der Sudan Airways von Khartoum nach El Obeid.« Jennifer Sullivan strahlte vor Stolz.
»Ausgezeichnete Arbeit«, sagte Betha Gilmartin und wollte eben aufstehen, als ihr im letzten Moment einfiel, dass sie kein Stützkorsett trug. Sie blickte Grover an. »Was zum Teufel ist das für ein Gebäude, was wird dort gemacht, wem gehört es?«
Grover stützte die Fäuste auf ihren Schreibtisch und lächelte triumphierend. »Es wurde vor etwa zehn Jahren für ein Unternehmen errichtet«, antwortete er und legte eine kleine Pause ein, um die Wichtigkeit seiner nächsten Worte zu unterstreichen.
»Bauherr war der größte russische Ölkonzern Lukoil, von dem man weiß, dass er auch mit Sibirtek zusammengearbeitet hat. Katarina Kraus hat ja behauptet, dass Hofman der Chef von Sibirtek und das Gebäude auf den Fotos sein Stützpunkt ist. Wird Hofman in der Fabrik gefunden, dann erfahren wir endlich, wie der Mann schon vorher von dem Raketenanschlag wissen konnte. Wenn wir bloß die Leiter der SDC verhören, kommen wir Hofman vielleicht nie auf die Spur.«
Betha Gilmartin schaute kurz auf ihre Armbanduhr und trank einen Schluck kalten Kaffee. »Wie schnell können wir zuschlagen?«
»In einigen Stunden, wenn wir den Mechanismus jetzt sofort in Gang setzen. Die Spezialeinheiten sind natürlich in ständiger Bereitschaft, für den Fall, dass die Raketen gefunden werden.«
»Dann überprüfen wir diese elendige Fabrik«, schloss Betha Gilmartin und wandte sich der blassen Computerexpertin zu. »Und du Bleichgesicht gehst auf die Terrasse der Kantine, draußen scheint nämlich die Sonne. Du siehst aus wie jemand, den Dracula zu lange in den Keller eingesperrt hat.«
***
In Kati Soisalos Kanzlei herrschte eine eisige Stimmung. Die Anwältin klopfte mit den Fingern auf den Schreibtisch und schaute ihren Besucher streng an. Der etwa dreißigjährige Mann in einem maßgeschneiderten Anzug strotzte vor Selbstsicherheit, die der Wohlstand mit sich brachte.
»Irgendetwas lässt sich da doch sicher machen. Die Verwaltungsgesellschaften müssen doch irgendeine Haftung übernehmen, sie können ja wohl nicht achtzig Prozent meines Anlagekapitals innerhalb von ein paar Jahren einfach so in den Sand setzen. Mir wären weniger Verluste entstanden, wenn ich das Geld unter die Matratze gelegt hätte.«
»Und warum hast du es nicht gemacht?«, dachte Kati Soisalo, sagte aber: »Als Sie in den Aktienfonds investierten, haben Sie ein bestimmtes Risiko akzeptiert, und die Weltbörsen sind im letzten Jahr runtergesaust wie ein Bungee-Springer. Wie ich bereits sagte, übernehme ich derartige Aufträge nicht. Warum haben Sie gerade mich aufgesucht?«
Der Amateurinvestor mit
Weitere Kostenlose Bücher