Schwarz
es zwei Methoden des Vorgehens: Entweder die russischen Aufklärungsorgane erfahren, oder besser, bringen in Erfahrung, dass irgendein finnisches Unternehmen die Absicht hat, ein interessantes Forschungsprojekt in Angriff zu nehmen. Oder Sibirtek selbst will irgendein Erzeugnis der Rüstungsindustrie, das Russland benötigt, in Finnland herstellen lassen. Dann schicken sie ihren Vertreter nach Finnland, der zusagt, das Forschungsprojekt ganz oder teilweise zu finanzieren. Es wird ein Kooperationsvertrag abgeschlossen, und anschließend wartet Sibirtek einfach auf das Resultat, das fertige Erzeugnis, das den Besitzer wechselt und nach Russland gebracht wird. In der Regel geschieht das rücksichtsvoll und im Einvernehmen mit der finnischen Seite, nötigenfalls aber auch auf die harte Tour, wie anscheinend im Fall von Fennica. Sibirtek nutzt die finnischen Unternehmen also ungeniert aus.«
»Free Nelson Mandela.«
»Free, free.«
»Free, free, free Nelson Mandela«, forderte Papagei Robert und beruhigte sich erst, als Henri Pohjala seinem Liebling Pekannüsse anbot.
»Was die Unternehmen anbelangt, die du untersuchst: Bei Fennica hat Sibirtek das Globeguide-Steuerungssystem bestellt, bei Wartsala die Abschussrampe und bei Finnsteel die aus einem neuartigen Metallkompositwerkstoff hergestellte Raketenhülle. Viktor Hofman, der im Namen von Sibirtek auftrat, bot den Firmen für eine Kooperation solch hohe Summen, dass man einfach nicht nein sagen konnte. Was bei dem Fennica-Projekt schieflief, warum Sibirtekdie Prototypen von Globeguide stehlen musste, ist mir nicht bekannt. Die Abschussrampe von Wartsala und den Metallkompositwerkstoff von Finnsteel haben sie ohne Schwierigkeiten bekommen.«
Endlich konnte Kati Soisalo einmal etwas anderes als immer nur Fragen zu dem Gespräch beisteuern. »Mitten in der Arbeit am Globeguide-Projekt wechselte die Leitung von Fennica, Otto Mettälä ging in Rente. Vielleicht wollte der neue Geschäftsführende Direktor von Fennica die Zusammenarbeit mit Sibirtek nicht fortführen.«
Pohjala grinste. »Die Zusammenarbeit mit Sibirtek bringt solche Vorteile mit sich, dass ich keinen kenne, der sie in den letzten zwanzig Jahren abgelehnt hätte. Wahrscheinlicher ist, dass Sibirtek nicht mit dem neuen Direktor zusammenarbeiten wollte.«
»Und der Tod von Otto Mettälä und Pertti Forslund – Zufall?«
Pohjala überlegte lange und formulierte seine Antwort mit Bedacht. »Statistisch gesehen ist kaum von der Hand zu weisen, dass allzu viele Menschen, die mit Sibirtek in Streit gerieten, keines natürlichen Todes starben. Berechne gelegentlich mal spaßeshalber, wie viele Generaldirektoren, Politiker und leitende Beamte in Finnland während der letzten zwanzig Jahre durch einen Unfall ums Leben kamen.«
»Doch jetzt muss Sibirtek seine Aktivitäten in Finnland einstellen. Nach den Vorfällen bei Fennica, Wartsala und Finnsteel werden die Behörden sicher dafür sorgen.« Kati Soisalos Behauptung hörte sich eher wie eine Frage an.
»Da irrst du dich. Willst du hören, was der genialste Zug des Systems ist, das sich die Sowjetunion und Russland während des letzten halben Jahrhunderts in Finnland geschaffen haben?«, fragte Pohjala und schaute sie an wie ein Quizmaster. »Es ist völlig egal, ob Sibirtek oder irgendein anderer russischer Akteur in Finnland bei Gesetzwidrigkeiten erwischt wird, an seine Stelle treten immer neue Akteure. Sibirtek ist nur ein Tropfen im Meer. Wichtig ist nicht Sibirtek oder wer auf russischer Seite den Platz von Sibirtek einnimmt, sondern jene Menschen, mit denen die Russen in Finnland zusammenarbeiten.«
Kati Soisalo sah Pohjalas Gesichtsausdruck an, dass er sich nun dem Kern der Geschichte näherte.
»Russland hat als Kooperationspartner eine Reihe führender finnischer Persönlichkeiten in der Hand und unter seiner Befehlsgewalt. Diese Gruppe vertritt schon seit Jahrzehnten die russischen Interessen. Sie hat ihre Vertreter in allen wichtigen Führungspositionen der finnischen Gesellschaft. Dazu gehören Politiker, leitende Beamte, Generale, Professoren, Richter, Journalisten, Polizisten … Die Gruppe ist nicht groß, aber eines ihrer Mitglieder ist immer zur Stelle, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden. Und sie erhalten ihre Befehle direkt vom Kreml.«
»Werden sie mit Geld gekauft?«, fragte Kati Soisalo.
Pohjala nickte. »Heutzutage meistens mit Geld. Allerdings hat Russland in Finnland so viel Einfluss, dass es seinen
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