Schwarz
Staatsoberhäupter. Sorgen bereitete ihm nur eins, der Erfolg des Anschlags am nächsten Morgen. Der musste unbedingt gelingen, es war der wichtigste von allen. Rashid Osman wollte seine Rache.
Die Männer unterhielten sich noch eine Weile über ihren Plan und den künftigen Staatenbund. Gaddafi würde für die ersten zwei Jahre das Oberhaupt des Bundes sein, danach sollte Osman das Amt übernehmen. Sie verabschiedeten sich freundschaftlich, Gaddafi trat vor das Zelt und schaute zu, wie Osman in seinen Hubschrauber stieg. Sand wurde aufgewirbelt, und die Rotorblätter sorgten für einen höllischen Lärm, als die Maschine schwankend bis in Flughöhe aufstieg und in Richtung sudanesische Grenze abdrehte.
Rashid Osman versuchte in dem vibrierenden Helikopter eine erträgliche Position einzunehmen und überlegte unterdessen, welche Alternativen er hatte. So gut wie keine. Ohne Gaddafis Hilfe konnte er nichts anderes tun, als in einem Versteck zu bleiben und zu hoffen, dass der Westen sich nicht traute, ihn in Khartoum zu suchen und zu verhaften. Plötzlich schien der Lärm des Rotors noch lauter zu werden, er schaute kurz zur Seite und erblickte völlig entgeistert ein Jagdflugzeug. Es kam direkt auf sie zu. Osman schaute genauer hin und fuhr heftig zusammen, denn weder die sudanesischen noch die libyschen Luftstreitkräfte besaßen Harrier-Jäger.
***
Der Hubschrauber von Abu Baabas setzte um 18:21 Uhr auf dem Landeplatz im Barackengelände der Fünften Division der Sudanesischen Armee in El Obeid auf. Die Sonne versank gerade am Horizont. Er wusste sofort, dass etwas nicht stimmte, als er die bewaffneten Soldaten erblickte, die auf den Hubschrauber zukamen.
»Oberst Baabas, General al-Nuri will Sie sehen«, sagte der Leiter des Empfangskomitees, ein junger dunkelhäutiger Unteroffizier, und richtete sein Sturmgewehr auf den Bauch von Baabas.
Der Oberst prägte sich das Gesicht des Unteroffiziers ein und betrat gehorsam das weiße, zweistöckige Gebäude, in dem die Führung der Militärregion Mitte des Sudan ihr Quartier hatte. General al-Nuri empfing ihn sofort, und auf dem tiefschwarzen Gesicht des Mannes in seiner hellblauen Uniform war keine Spur von der Gleichgültigkeit zu erkennen, die er vor kurzem auf dem Flughafen von Khartoum Baabas gegenüber demonstriert hatte. Sie begrüßten sich.
»Setzen Sie sich, Oberst. Haben Sie schon die Nachrichten gehört?«, erkundigte sich der General. Er wirkte ungeduldig und starrte Baabas an wie einen Boten.
Baabas setzte sich in einen Sessel, schlug das rechte über das linke Bein, schob eine Zigarette zwischen die Lippen und hoffte, dass man ihm nicht ansah, wie verwirrt er war. »Welche meinen Sie?«
»Worüber haben Sie mit Vizepräsident Osman in Khartoum gesprochen?«, fragte der General, während er sein Ronson anzündete und dem Oberst Feuer gab.
Baabas überlegte fieberhaft. Woher wehte jetzt der Wind, warum interessierte sich al-Nuri für das, was er wusste? »Wir haben über den Raketenanschlag von Kenia gesprochen und darüber, dass die Briten wissen, wo die anderen Raketen sind. Wir haben auch über die Enthüllung der Identität von Nazir geredet.«
Der General schlug mit der Faust auf den Tisch. »Rashid Osman ist tot, sein Hubschrauber wurde vorhin über der libyschen Wüste abgeschossen. Das ist garantiert das Werk der Briten.«
Um ein Haar hätte Baabas gelächelt. Die Nachricht von Osmans Tod war für ihn ein Grund zur Freude, jetzt konnte er die Morde an Ewan Taylor und dem Witwenmacher Leo Kara anlasten und wäre bei seinen Vorgesetzten wieder gut angeschrieben. Und statt Osman, der dem Westen in den Hintern gekrochen war, bekämen sie endlich einen kompetenten Vizepräsidenten, einen anständigen Araber. »Das ist ein gewaltiger Verlust für den Sudan!«, sagte er.
Der General musterte Baabas und beschloss widerwillig, dem Mann zu vertrauen.
»Der ganze Staatenbund der Sahel-Sahara ist in Gefahr, wenn die westlichen Länder wirklich wissen, wo sich die restlichen vier Raketen befinden. Osmans genialer Plan zur Vertreibung des Westens aus Afrika zerbröckelt, kurz bevor er durch die Anschläge vollendet werden kann.«
Baabas spürte, wie ihm das Blut aus dem Kopf wich, er zog so heftig an seiner Zigarette, dass der Filter platt gedrückt wurde.
Osmans genialer Plan! Zur Vertreibung des Westens aus Afrika!
Baabas konnte nicht glauben, was er da hörte. Hatte Osman ihm nur vorgespielt, dem Westen in den Hintern zu kriechen?
General al-Nuri
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