Schwarz
ein Waffenhändler. In welcher Eigenschaft bist du eigentlich hier, das Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung der UN hat ja in Finnland wohl kaum Polizeivollmachten …« Valo redete ohne Punkt und Komma und fuhrwerkte mit den Händen herum wie ein Jongleur.
»Das ist ein vollkommen inoffizieller Besuch«, antwortete Kara betont langsam in der Hoffnung, dass auch Valo die Geschwindigkeit drosselte. »Hatten Sie gesagt, dass von Globeguide nur ein Prototyp existiert?«
»Prototypen, fünf Stück. Sie wurden vor zwei Wochen nach Noordwijk in Holland geschickt, ins Weltraumforschungs- und Technologiezentrum der ESA, der Europäischen Weltraumorganisation. Ihre Funktion und Stabilität sollten unter Weltraumbedingungen getestet werden, wir können uns solche Anlagen wie im ESTEC nicht leisten.«
»Was ist an Globeguide so … zukunftsweisend?«, fragte Kara.
Valo ereiferte sich immer mehr. »Globeguide wendet völlig neuartige Algorithmen an, das System ist zu absolut präzisen XYZ-Mes sungen überall auf der Erde in der Lage, es liefert eine hypergenaue Referenzzeit sowie dreidimensionale Geschwindigkeitsdaten, und keinerlei Störsender können ihm etwas anhaben. Hast du übrigens eine Ingenieurausbildung?«
Allmählich war Kara von Valos Redeschwall frustriert, und einem großen Teil der Ausführungen konnte er nicht folgen. »Na, ein Ingenieur bin ich wirklich nicht. Und ich interessiere mich auch kein bisschen für die technischen Merkmale von Globeguide. Ich will wissen, was mit diesen Prototypen passiert ist.«
»Ich auch«, pflichtete ihm Valo erbost bei. »Verdammt noch mal, Fennica ist ein Konzern der Rüstungsindustrie, und da untersucht die Polizei sowohl in Finnland als auch in Kroatien den Verkauf gepanzerter Mannschaftstransporter, und jetzt wurden auch noch die Prototypen unseres Spitzenprodukts der Zukunft, an dessen Entwicklung die Abteilung für Satellitennavigation jahrelang gearbeitet hat, gestohlen. Was glaubst du, bin ich ein glücklicher Direktor?«
Jetzt mussten Ergebnisse her, bevor Valo ihn rauswarf, beschloss Kara. »Habt ihr Globeguide allein oder in Zusammenarbeit mit jemand anders entwickelt? Kannte irgendeine andere Firma oder … Seite die Details von Globeguide? Wie hat es mit Globeguide angefangen, war …«
»Ich arbeite seit genau einem Jahr hier. Und diese zwölf Monate sind übrigens, wenn du es genau wissen willst, die beschissensten in meinem Leben. Das Globeguide-Projekt wurde schon vor Jahren etabliert, und über diese Zeit bin ich nicht im Bilde. Der ehemalige Geschäftsführende Direktor Otto Mettälä kann Fragen beantworten, die diesen Zeitraum betreffen, und die alten Verträge hat die damalige Chefjuristin Kati Soisalo ausgearbeitet.«
Kara hätte Valo am liebsten angenehme Jahre im Gefängnis von Sörnäinen gewünscht, aber als er seine Sachen in die Tasche packte, fiel ihm noch eine Frage ein. »Sind Sie bei dienstlichen Dingen in der letzten Zeit zufällig auf den Namen Ewan Taylor gestoßen?«
»Nein«, antwortete Valo, ohne nachzudenken, öffnete die Tür und wies Kara den Weg zu den Aufzügen.
»Hoffentlich verläuft das nächste Treffen ein wenig entspannter«, dachte Leo Kara im Taxi auf der Tuusulantie. Als sie Siltamäki passierten, wurde ihm klar, dass Tapanila nur ein paar Kilometer entfernt war. Seit dem Umzug nach London war er kein einziges Mal da gewesen, wo er seine Kindheit verbracht hatte. Wer mochte wohl jetzt in dem Holzhaus in der Timonkuja wohnen? Ob auf dem dämmrigen Dachboden immer noch die »Colt«-Schachtel und der Playboy vom April 1982 mit den Bildern Mariel Hemingways versteckt waren?
Das Hauptquartier der KRP, der Zentrale der Kriminalpolizei, inder Jokiniemenkuja in Vantaas Stadtteil Tikkurila war nach finnischen Maßstäben riesengroß. Vor dem Gebäude erhoben sich Betonpoller, und sein Eingang schien einem Panzer widerstehen zu können. Es dauerte eine Weile, bis er die Sicherheitskontrolle hinter sich gebracht hatte. Zu seiner Überraschung erwartete ihn sein Gesprächspartner in dem riesigen Foyer. Der Kriminaloberinspektor Jukka Ukkola, ein spindeldürrer Mann von etwa vierzig Jahren mit pechschwarzem Haar, drückte ihm zur Begrüßung die Hand wie ein Nussknacker und eilte im Laufschritt zu den Aufzügen.
»Heute ist bei uns ein besonders hektischer Tag. Du hast dein Kommen so ziemlich im letzten Augenblick angekündigt. Die von mir geleitete Einheit, die Hauptabteilung, ist die größte der KRP. Alle
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