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Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen -

Titel: Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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auch weiterhin immer wieder von einer unangemessenen, unberechtigten Aktion die Rede. Aus dem Blickwinkel der deutschen Soldaten bedeutet dies einen weiteren, nicht nachvollziehbaren Tiefschlag für die Glaubwürdigkeit der Bundeswehr: Neben den eigenen Erkenntnissen wird also auch den Aussagen und Schilderungen der afghanischen Bevölkerung kein Glauben geschenkt.
    Wie ist die rechtliche Frage zu diesem Fall zu bewerten? Auch dazu gibt es eine klare Aussage. Sie wurde in einer ersten rechtlichen Bewertung des Vorfalls durch den Rechtsberater-Stabsoffizier am 4. September 2009 in Mazar-e Sharif wie folgt bekannt gegeben: »Wenn durch INTELL -Hinweise ( INTELL -Hinweise bedeutet: nachrichtendienstliche Informationen, auch durch sogenannte Informanten) bekannt ist, dass es sich bei den Kräften, welche die Tanklastzüge entführt haben, nicht um gewöhnliche Kriminelle (Diebesbanden etc.), sondern um INS handelt, liegen die Voraussetzungen für die Anwendung der ROE 429 (Rules of Engagement = Regeln für die Kampfführung vom Einsatz körperlicher Gewalt bis hin zum Einsatz von Schusswaffen) grundsätzlich vor.«
    ROE 429 a erlaubt Angriffe auf Personen oder Gruppen, die den ISAF -Truppen gewaltsamen Widerstand leisten, wenn diese, ihrem Auftrag gemäß, der afghanischen Regierung die rechtmäßige Ausübung ihrer Herrschaft ermöglichen wollen. Einsatzregel 429 b erlaubt Angriffe auf Personen oder Gruppen, welche die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit von ISAF -Truppen gewaltsam behindern. Die Ermächtigung zur Anwendung der Einsatzregeln liegt grundsätzlich beim ISAF -Kommandeur. Von Fall zu Fall, vor allem in zeitkritischen Situationen, darf ein Einheitsführer im Range eines Obersten und darüber selbstständig die Anwendung von Einsatzregel 429 verfügen, also Angriffe auf Menschen und Objekte befehlen. Voraussetzung dafür ist, dass die angegriffenen Personen klar als Aufständische (Insurgents/ INS ) identifiziert sind, dass sich aus der gegebenen Situation eine unmittelbare lebensgefährliche Bedrohung ergeben könnte oder dass die Aufständischen zu fliehen drohen.
    Nach all diesen Aussagen sowohl im streng vertraulichen Untersuchungsbericht des 20. Deutschen Einsatzkontingentes ISAF vom 9. September 2009 wie auch aufgrund der Ergebnisse aus Befragungen und Gesprächsprotokollen stellen sich folgende Fragen: Wenn die Voraussetzungen für einen Luftschlag vorlagen, warum musste sich Oberst Klein nach diesem Vorfall vor Gericht rechtfertigen? Zwar wurde er mittlerweile freigesprochen, dennoch wird er immer mit diesem Makel leben müssen. Seiner Karriere hat es aber zumindest nicht geschadet. Mittlerweile ist er in das Bundesministerium der Verteidigung nach Bonn gewechselt. Er hat nach seinem Freispruch also einen weiteren Grund zur Freude. Warum haben dann aber Angehörige des Deutschen Bundestages, im Speziellen Abgeordnete der Linkspartei, im Rahmen der vorletzten Mandatsverlängerung zum Afghanistaneinsatz im Jahre 2010 diesen Fall so dargestellt, als seien nur Unschuldige zu Tode gekommen? Wieso wird auch an anderen Stellen in Politik und Presse weiterhin stets von 142 getöteten Zivilisten gesprochen?
    4.2 Kampfalltag und Geheimberichte
    Der vertrauliche Untersuchungsbericht, der hier präsentiert wurde, untermauert ganz im Gegenteil die These, dass die Vorgänge in Kundus militärischer Alltag und der Kriegswirklichkeit völlig angemessen waren. Und doch behauptete das Verteidigungsministerium: »… dass es unvollständige und oberflächliche Feststellungen aus Ermittlungen sind, zu denen der Autor nicht befugt war.« Dieser Satz wurde durch das Verteidigungsministerium im Begleitschreiben zu dem Bericht hinzugefügt. Dieser Bericht wurde durch das NATO -Untersuchungsteam JIB (Joint Investigation Board) Anfang Oktober 2009 angefordert und sollte als Einwand des Ministeriums aussagekräftig sein. Mit »Autor« wird hier die Person bezeichnet, die den Auftrag hatte, diesen Bericht zu erstellen, nämlich der Chef der deutschen Militärpolizei vor Ort. Im Klartext heißt das, der Soldat hatte keine Fach- und Sachkenntnis und war nicht befugt, seine Lageeinschätzung im Bericht abzugeben. Doch wer sonst hätte das machen sollen oder machen können, wenn nicht der Chef einer Einheit, die dafür von unserem Staat ausgebildet wurde?
    Zur Wahlkampfzeit stürzten sich deutsche Politiker geradezu auf die verschiedenen Aussagen und Schriftstücke, die ihnen zu diesem Zwischenfall vorlagen. Es ging um

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