Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung
Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags kam letztlich zu keinem Ergebnis.
Zur gleichen Zeit saß übrigens einer der Geldgeber von Pater Keindl bereits im Gefängnis. Er hatte unter den Augen des aufsichtsführenden Bischofs die Caritas Trägergesellschaft um 20 Millionen Mark erleichtert. Im Prozess erklärte der Bischof, er habe von nichts gewusst. Er habe dem Geschäftsführer vertraut und fest geglaubt, alles gehe nach Recht und Ordnung. Auch habe er sich auf den Gesamtvorstand sowie auf die Rechts- und Finanzabteilung des Bischöflichen Ordinariats verlassen. Die leitenden Mitarbeiter des Ordinariats entschuldigten sich für ihr Nicht-Handeln damit, dass sie nur in vom Bischof abgeleiteter Kompetenz tätig würden und damit ja selbst nicht verantwortlich seien. Diese seltsame Trennung von Befehlsgewalt und Verantwortlichkeit gehört zum Strukturprinzip kirchlicher Organisation, das zeigt sich nicht nur in Finanzfragen. Eine bischöfliche Verwaltung gleicht hinsichtlich ihrer Struktur eben keiner modernen Verwaltung, sondern einer vormodernen Kanzlei: Die Dienstleute hängen alle persönlich von der Macht ihres Dienstherrn ab, sie sind dessen verlängerte Organe und handeln nicht wie moderne Staatsbeamte in eigener Verantwortlichkeit im Rahmen eines sachlich definierten Auftrags. Es ist deshalb kein Wunder, das die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil geforderte Einführung einer eigenen kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht umgesetzt wurde.
Ein ganz ähnlich gearteter Finanzskandal ereignete sich in den Neuen Bundesländern; er fand im Dezember 2007 mit einem für die Kirche günstigen Urteil des Bundesgerichtshofes (Az.: II ZR 239 / 05 ) ein vorläufiges Ende. Ausgangspunkt war hier das Kolpingwerk, ein katholischer Sozialverband, der sich eigentlich vor allem um die Ausbildung von benachteiligten Menschen kümmert. Die Diözesanverbände des Kolpingwerks in ostdeutschen Bistümern gründeteten 1990 das Kolping-Bildungswerk Sachsen e. V. Im Laufe der Jahre hatte der Verein seine Betätigungsfelder erheblich erweitert und nahm zuletzt eine reine Holdingfunktion wahr. Die Aktivitäten des Vereins wurden in mehr als 25 Tochter- und Enkelgesellschaften ausgelagert. Niemandem fiel auf, dass die Leitung des Vereins mit ihrer Aufgabe überfordert war und längst ein viel zu groß gewordenes Rad drehte. Ausbildungsstätten, Ersatzförderschulen, Lehrlings- und Studentenwohnheime, Gaststättenservice, aber auch ein Reisebüro, eine Tagespflegeeinrichtung, ein Call-Center, eine Werbeagentur und ein veritables Schloss bei Leipzig gehörten zu den Aktivitäten des kleinen Konzerns. Im Jahr 2000 kam die Pleite, 200 Millionen D-Mark betrug der Gesamtschaden für die Gläubiger. Auch hier fand binnen weniger Jahre der kometenhafte Aufstieg einer Unternehmensgruppe statt, der nur auf dem Ticket »Kirchlicher Sozialverband« möglich war. Sonst hätten die »Unternehmer« weder Geld geliehen bekommen, noch hätten sich ihnen die Möglichkeiten zum Erwerb von über 70 Standorten eröffnet. Ein Lieblingssatz des Geschäftsführers Stephan Michalke lautete: »Hinter uns steht der älteste Konzern der Welt.« Der kirchliche Status des Kolping-Bildungswerks Sachsen e.V. löste sich jedoch in dem Moment in Wohlgefallen und Weihrauch auf, als nach Aufsicht und Verantwortlichkeit gefragt wurde.
Die heutigen Prälaten verstecken sich gern hinter dem Nimbus, die Finanzgeschäfte, die Untergebene in ihrem Namen ausführen oder die sie zumindest beaufsichtigen sollten, interessierten sie nicht wirklich, es handele sich nur um weltliche Lästigkeiten. Andererseits nehmen sie Geld in durchaus barocker Manier als gegeben und ihnen zustehend in die Hand. Gerne auch völlig unbeeindruckt von bürokratischen Formalitäten, staatlichen Steuer- oder Zollgesetzen. Das gilt zumindest für Walter Mixa, bis Frühjahr 2010 Bischof von Augsburg, zuvor von Eichstätt. Schon vor seiner Zeit als Bischof liegt ein Vorfall, der seine legere Einstellung zeigt. Im Pfarrhof von Schrobenhausen, wo Mixa seit 1975 Stadtpfarrer war, wurden nach einer Sanierung Möbel gebraucht. Es sollte dann schon etwas Repräsentatives sein, und so kaufte der Stadtpfarrer Antiquitäten und Bilder für 70 000 D-Mark. Nur bekam er das Geld nicht aus der Pfarrstiftung, die das eventuell hätte bezahlen müssen, sondern entnahm es aus der Waisenhauskasse, deren Zweck nun mal nicht »Schöner Wohnen im Pfarrhaus« war. Die Angelegenheit wurde von der Kirche
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