Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung
Kardinälen ernannt, 2001 der Erzbischof von Lima, Juan Luis Cipriani, und 2003 der an der Kurie in Rom tätige Erzbischof Julián Herranz. Zumindest Kardinal Cipriani ist so ultrakonservativ, dass er entgegen der offiziellen Haltung der Kirche und gegen die Meinung des Papstes die Todesstrafe befürwortet. Laienmitglieder des Opus zog der Papst zur Reform der Vatikanbank IOR heran, dieser Vorgang ist in dem vorigen Kapitel zu den Kirchenfinanzen näher beschrieben, in aller Stille kontrollieren sie seither diesen eminent wichtigen Bereich. Und man fragt sich, ob die Zeit der vatikanischen Finanzskandale jetzt vorüber ist oder ob diese nur perfekter als früher verschleiert werden. Das nächste Mitglied des Opus Dei, dem eine noch größere Karriere bevorstehen könnte, ist José Horacio Gómez. Der 1951 geborene Mexikaner war 2001 zunächst Weihbischof der US -amerikanischen Erzdiözese Denver, kam dann 2004 als Erzbischof in das mexikanische San Antonio und wurde im April 2010 zum nachfolgeberechtigten Stellvertreter des Erzbischofs von Los Angeles, Kardinal Mahony, ernannt. Der Kardinalshut ist ihm also beinahe sicher, und Gómez hat gute Chancen, in einem zukünftigen Konklave die iberoamerikanischen, nordamerikanischen und konservativ-europäischen Stimmen auf sich zu vereinigen und damit erster nichteuropäischer Papst zu werden.
Der kircheninterne Aufstieg des Opus Dei innerhalb der letzten dreißig Jahre ist zum einen seiner theologisch und gesellschaftlich sehr konservativen Ausrichtung geschuldet, aber auch der Tatsache, dass der größte Teil seiner Mitglieder der hispanisch-lateinamerikanischen Kultur entstammt, also der Wachstumsregion der Kirche schlechthin, die bisher an der Kurie noch unterrepräsentiert war. Schließlich konnte das Werk den Vatikan mit hochqualifizierten Mitarbeitern versorgen, die nicht dem jahrhundertealten römischen Beziehungsgeflecht verpflichtet waren. Ganz klar erfolgte damit eine Verschiebung der Gewichte, und zwar weg von liberalen Traditionen in Theologie und Gesellschaft, wie sie in Europa nördlich der Alpen und in Nordamerika seit langem Usus in weiten Teilen der Kirche sind. Diese liberalen Traditionen waren lange mit der Hoffnung verbunden worden, dass sich in Südamerika durch die Theologie der Befreiung eine gesellschaftskritische, politisch wirksame »linke« Kirche bildet, die dann auf Europa zurückwirken und auch dort die gesellschaftspolitischen Haltungen der Kirche beeinflussen würde. Diese enttäuschte Hoffnung wird vielen Gläubigen zukünftig noch mehr zu schaffen machen, wenn sich der Trend zur »spanischen« Entwicklung der Kirche in den nächsten Jahrzehnten fortsetzt.
Die Legionäre Christi und ihr unfrommer Gründer
In der katholischen Kirche kann jeder Mann und jede Frau einen Orden gründen. Der Gründer muss es nur schaffen, etliche Gesinnungsgenossen zu finden und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für das Ordensleben herzustellen. Wenn er darüber hinaus noch einen guten Ruf genießt und seine Aussagen zu theologischen und moralischen Fragen der kirchlichen Lehre nicht grundsätzlich widersprechen, stehen die Chancen nicht schlecht für eine Anerkennung durch den Bischof, der für den Ort zuständig ist, an dem der neue Orden seine Zentrale einrichtet. Gelingt es dem neuen Orden, breitere Unterstützung zu erhalten und überregional tätig zu werden, steht am Ende die päpstliche Anerkennung des Instituts und damit eine weitgehende Freiheit von externer Kontrolle. Es gibt übrigens derzeit etwa 200 Männerorden und über 700 Frauenorden, die päpstlich anerkennt sind, und eine unbekannte, viel größere Zahl bischöflich anerkannter Gemeinschaften. Manche sind uralt, wie die Augustiner-Chorherren, die eine Traditionslinie von über 1500 Jahren aufweisen, andere wurden erst vor etlichen Jahren gegründet. Unter den neueren Orden sind zum Beispiel die Missionarinnen der Nächstenliebe recht bekannt, der Orden von Mutter Teresa. Es gibt sehr große (und damit wohlhabende und einflussreiche) Gemeinschaften, wie die Jesuiten, die Salesianer oder die Franziskaner, mit jeweils weltweit über 15 000 Mitgliedern, und winzige, die gerade einmal ein Dutzend Mitglieder aufweisen. Manche Vereinigungen haben ihre beste Zeit längst hinter sich und befinden sich seit Jahrzehnten auf dem absteigenden Ast; das trifft auf viele der traditionellen Orden zu, speziell in Europa. Und dann gibt es aufstrebende Neugründungen in Afrika, Südamerika
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