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Schwarzbuch ÖBB

Titel: Schwarzbuch ÖBB Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Weiss Hans
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dachte, dass die Zahl der Bahnreisenden über die Tauernlinie weiter ansteigen wird, plante man den teilweisen Neubau der Strecke mit Tunneln und Brücken. So etwas dauert.
    Es kam die Zeit, als die Gastarbeiter aus dem Süden Europas, die in Deutschland beschäftigt waren, endlich so viel verdienten, dass sie sich eigene Autos leisten konnten. Und zur Heimreise nicht mehr die Bahn, sondern den PKW benutzten. Schließlich wollten sie zu Hause ja zeigen, dass sie es zu etwas gebracht hatten.
Augen zu und durch
    Die Folge war, dass der Bahnverkehr über die Tauernstrecke rapide zurückging. Aber weil das Projekt schon geplant war und die Bauwirtschaft nach Aufträgen verlangte, wollte man es halt auch bauen. Die Parole lautete: Augen zu und durch. Und so wurden von 2001 bis 2004 61 Millionen Euro investiert. In die gesamte Tauernstrecke flossen bisher etwa 300 Millionen Euro. Gewissermaßen auf Vorrat. Denn es könnte ja sein, dass in den nächsten Jahrzehnten vielleicht wieder Bedarf entsteht. Und dann kann man wieder darauf zurückgreifen. Was man hat, das hat man.
Ein Schildbürgerstreich
    Heute ist es so, dass diese Strecke nicht mehr stark befahren wird. Der Regionalverkehr wurde vor Jahren auf Fernverkehr und Autobus verlagert, einige Haltestellen wurden aufgelassen, und der Güterverkehr ist rückläufig. Der bisherige Ausbau der Strecke erlaubt nun Geschwindigkeiten bis 120 km/h und auf einem kurzen Teilstück 130 km/h. Immer wieder wird jedoch am Pass Lueg die Zufahrt zur Tauernstrecke unterbrochen, weil sie nicht lawinensicher ausgebaut ist.
    Eine Schwachstelle ist auch die mehr als hundert Jahre alte Angerschluchtbrücke im Gasteinertal. Dort kann nur mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h gefahren werden, weil sie sonst zusammenstürzen würde. Gleich daneben wurde 2009 eine neue Brücke fertiggestellt. Sie darf aber nicht benutzt werden, weil vor Baubeginn nicht geprüft wurde, ob sie umweltverträglich ist. Ein Schildbürgerstreich.

4. Bahnhofsprotz
    Ende der 1990er Jahre starteten die ÖBB ein Programm zur Erneuerung von Bahnhöfen, das 42 Bahnhöfe und fünfzig Haltestellen umfassen sollte. Diese »Bahnhofsoffensive« wurde Anfang des Jahrtausends zurückgeschraubt und auf zwanzig Bahnhöfe und Kosten von 300 Millionen Euro begrenzt.
Zu groß, zu protzig
    2002 veröffentlichte der österreichische Rechnungshof eine Untersuchung über die Wirkung der Bahnhofsoffensive und kritisierte, die Größe mancher Bahnhöfe sei nicht nachvollziehbar. Weiters stellte er fest, dass in Zukunft bei jedem Projekt bis zu zwanzig Millionen Euro eingespart werden können. Kurz gesagt: Die ÖBB hatten zu groß und zu protzig gebaut.
    Als herausragendes Negativbeispiel nannte der Rechnungshof St. Valentin im äußersten Westen Niederösterreichs. Für diese Stadt mit nur 9000 Einwohnern hatte man einen Bahnhof gebaut, der 2002 fertiggestellt wurde und 100 Millionen Euro kostete. Für den Rechnungshof war die Dimension dieses Bahnhofs nicht nachvollziehbar. Der Bauherr – eine Staatsfirma, die inzwischen in die ÖBB eingegliedert wurde – rechtfertigte sich mit dem eigenwilligen Argument, die Dimension sei vertretbar. Außerdem habe die Behörde das ja genehmigt.
Neue Milliarden
    Seither fließt weiter viel Geld in die Erneuerung von Bahnhöfen, und die Mahnung des Rechnungshofes ist längst vergessen. Allein der neue Wiener Hauptbahnhof kostet mehr als eine Milliarde Euro, der Bahnhof Salzburg 250 Millionen, Graz 170 Millionen, Zeltweg 56 Millionen, Amstetten mehr als 150 Millionen, St. Pölten mehr als 165 Millionen, Gmunden 19 Millionen, Attnang-Puchheim 15 Millionen und Frohnleiten 39 Millionen; die vor einigen Jahren fertiggestellten Bahnhöfe Feldkirch und Klagenfurt kosteten 80 und 46 Millionen Euro. Zusammengezählt sind das rund zwei Milliarden Euro für elf Bahnhöfe.
Offensiven und Pakete
    Auf dem Programm stehen aber noch Dutzende weitere Projekte. Sie laufen bei den ÖBB inzwischen unter verschiedenen Investitionsposten wie Bahnhofsoffensive, Umbau oder Konjunkturpaket . Dabei scheint es oft in erster Linie nicht um Bahnhöfe zu gehen, sondern um den Bau von Einkaufszentren mit integrierten Verkehrsknoten. Oder um lukrative Verwertungen von ÖBB -Immobilienbesitz. Beispiele dafür sind etwa der Wiener Westbahnhof, der von einem Shopping Center und einem Hotel architektonisch fast erschlagen wird. Oder der Bahnhof Wien Mitte, der zum Kellergeschoss eines darüber liegenden, 130.000 Quadratmeter großen

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