Schwarzbuch Wachtturmgesellschaft - der verborgene Januskopf (Will Cook und die Wachtturmgesellschaft) (German Edition)
zeitgenössischer Gegenspieler, Reverend J. J. Ross, beschuldigte ihn daraufhin öffentlich des Meineids, 157 da er tatsächlich nicht so mittellos sei, wie von ihm unter Eid vor Gericht behauptet, so Ross. Er hatte auf eigene Faust recherchiert und war zu dem gleichen Ergebnis wie die Anwälte von Maria Russell gekommen. Der Reverend konfrontierte Russell im Gerichtssaal mit seinen Erkenntnissen und den Handelsregistereinträgen seiner diversen Firmen. Er warf Russell unwidersprochen vor, dass er es in Wahrheit sei, der über seine Beteiligung als Mehrheitsaktionär sowohl den Besitz in Pittsburgh, als auch das Vermögen der Wachtturmgesellschaft und damit seine eigene – frühere - Investition kontrolliere und daher keinesfalls als besitzlos gelten könne.
Im Gegenzug für das Einbringen seines Vermögens in die Gesellschaft hatte Russell die Ausgabe von Stimmrechtsanteilen zum Preis von 10 US$ angeordnet und damit seine Position als Mehrheitsaktionär, die ihm die absolute Kontrolle über die Gesellschaft für seine restliche Lebenszeit gesichert. Zudem konnte man schon zu diesem relativ frühen Zeitpunkt davon ausgehen, dass bei den Aktien ein erheblicher Wertzuwachs zu verzeichnen war.
Der auf diese Weise seiner finanziellen Ambitionen in der Öffentlichkeit überführte Pastor hatte dem jedenfalls nichts Entscheidendes mehr entgegenzusetzen. Er konnte wahrscheinlich nur froh darüber sein, dass der Staatsanwalt angesichts seines Predigerstatus und seiner Popularität keine Anklage wegen Meineids gegen ihn erhob, und tröstete sich vermutlich mit dem Gedanken, dass seine Gemeinde von all diesen Beschuldigungen unangefochten, weiterhin zu ihm halten würde.
Und dies war auch tatsächlich der Fall. Russells Anhänger ließen sich schon damals nicht durch Fakten in ihrer Überzeugung von der Sendung ihres Pastors irremachen. Sie glaubten fest an die Rolle Russells als „Prophet des Jahrhunderts“ und weigerten sich, auch nur im entferntesten daran zu denken, dass er ein „Prophet des Götzen Mammon“ sein könnte. Folgerichtig führten sie die Geschehnisse und das gegen ihn ergangene Urteil, mit dem ihr geliebter Pastor vom Gericht zur Zahlung von Unterhalt an seine Frau verurteilt wurde, wohl eher auf die infamen Machenschaften Satans zurück, als auf eine Form irdischer Gerechtigkeit.
Als Russell von einer unmittelbar auf den Prozess folgenden Europareise zurückkehrte, wurde ihm unter Beifall seiner zu seiner Begrüßung versammelten Anhänger eine gesammelte Spende von ungefähr 9.000 US$ zur Begleichung seiner gerichtlich verfügten Unterhaltsverpflichtung überreicht. Schließlich war er ja ein armer und mittelloser Prediger, der nicht in der Lage war, selbst eine solche Summe aufzubringen.
Aber unabhängig davon war das für seine Reputation vernichtende Gerichtsurteil nun mal in der Welt und ließ sich auch von seinen treuesten Verbündeten nicht mehr so einfach ignorieren. Das Gericht hatte befunden, dass Russells finanzielle Transaktionen, vor allem die Einbringung seines Vermögens in die Wachtturmgesellschaft, das Ziel verfolgten, Unterhaltszahlungen an seine Frau zu umgehen, und daher als Betrug an ihr einzustufen seien. Als Beispiel wurde der vorherige Verkauf eines in seinem Besitz befindlichen Hauses in einem Schätzwert von 20.000 US$ angeführt, das von Russel für nur 200 US$ veräußert worden war.
Ein weiteres Ärgernis für ihn war, dass auch seine Gewinne, die er durch Spekulationen am Aktienmarkt und in Ölgeschäften erzielt hatte sowie seine Spendeneinnahmen während des Gerichtsprozesses zur Sprache kamen.
In der Folge des ersten folgten weitere Verfahren. Russell war endgültig ins Zwielicht geraten und die Darstellung seiner Rolle als uneigennütziger Prediger ließ sich für den Rest seines Lebens nicht mehr widerspruchslos aufrecht halten.
Aber schließlich war er es selbst, der seine eigenen Verdienste als Wiederentdecker biblischer Wahrheiten durch seine Geschäftstüchtigkeit, sein Gewinnstreben, seine Lügen, seine mangelnde Loyalität gegenüber seinem alten Gönner Conley und seine fehlende Würdigung der Leistungen seiner ihm früher loyal ergebenen Frau Maria überschattet hatte.
Ein Schatten der Unaufrichtigkeit, der Unwahrheit, der finanziellen Doppelbödigkeit und des schlichten Leugnens der Realitäten, den er selbst über sich gebracht hatte und von dem sich Russell zu seinen Lebzeiten nicht mehr erfolgreich zu lösen vermochte. Ein Schatten, der auch noch
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