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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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das Geld aussieht, oder die Regierung – ich bleibe. Danach gehe ich nach London. An die Börse.«
    Die alte Linny. Mit ihr konnte man auf diese Art unbeschwert scherzen. Sie war eine Frohnatur, selbst wenn ein Taifun über Hongkong hinweggefegt war, hatte sie das stets nur als einen etwas stärkeren Wind kommentiert, mit genau jener Dosis Ironie, die ihr Wesen ausmachte: »Wieder so ein beschissenes Lüftchen, man kann keine Wäsche auf den Balkon hängen. Vielleicht stürzt ja sogar das Haus ein, dann hat man keine Hose, um ins Peninsula zum Empfang beim Gouverneur zu gehen!«
    Ich sah nirgendwo etwas von den Reisenden, die mit der Pinocchio gekommen waren und nutzte die Chance, mich zu erkundigen: »Wo sind die Massen der Besucher? Es waren doch zwei drauf, oder?«
    Â»Ja, ja« gab sie zurück. »Komisches Pärchen. Die Madame spricht Mandarin . Wie früher die Shanghaier Matrosen, wenn die Dampfer bei uns anlegten. Und der Lockenkopf, den sie dabei hat, erinnert mich an so einen Urwaldmenschen aus einem Dschungelfilm. Damals sprang ihm Charly Chan von einem hohen Baum aus ins Genick, und er war gleich tot. Der Urwaldmensch, nicht Charly Chan.«
    Sie deutete hinter ihr Rasthaus und erläuterte mir, die beiden hätten sich erfrischt und wären dann zu einer Safari, wie man das jetzt nannte, ins Innere des winzigen Eilands aufgebrochen. Sie hätte ihnen einen Korb mit Lebensmitteln angeboten, aber den wollten sie nicht schleppen, sie würden später essen.
    Â»Neuerdings wohnen noch ein paar Verrückte außer mir hier, das sind junge Leute, und die betreiben da hinten eine Farm. Züchten diese kleinen Hunde mit der eingebeulten Schnauze.«
    Â»Pekinesen?«
    Â»Ja. Die sollen in Mode sein, neuerdings. Die von der Yacht wollten sie sich angucken. Hundefreunde vielleicht, was weiß ich. Willst du was trinken?«
    Â»Und ob! Limonade!«
    Â»Essen?«
    Ich winkte ab. Doch dann überredete sie mich zu ein paar Har Gua. Sie erinnerte sich wohl daran, daß ich diesen gedämpften Garnelenklößchen früher nie hatte widerstehen können. Und weil sie schon dabei war, drehte sie mir auch noch den Rest des Bambusgemüses an, der im Topf schmorte, ebenso wie eine generöse Portion »Wochenend-Reis« mit Leberstückchen, Wasserkastanien und Resten von geschnetzeltem Schwein, süßsauer. Schimpfte dabei gutgelaunt: »Euch Kerlen muß man das Essen am besten noch hineinstopfen, sonst laßt ihr alles aus und ernährt euch nur noch von diesen amerikanischen Buletten aus Wasserbüffel und Maisbrötchen – an die Hühner sollte man Mais füttern, aber an Menschen – abscheulich!«
    Es gelang mir nach einer Weile, als wir allein in der Veranda saßen, mit ihr ein ernstes Wort zu sprechen, ihr zu erklären, ich sei nicht gerade zufällig nach Sin A Chau gekommen. Dabei erkundigte ich mich vorsichtig, ob ihr irgend etwas an den beiden Besuchern aufgefallen wäre.
    Sie sagte nein. Bloß daß die Frau vom Festland wäre, das höre man an der Sprache. Wahrscheinlich sei sie überhaupt nicht von Hongkong, sondern aus dem Mutterland. Und der dunkle Krauskopf sei wohl ein Eingeborener aus einer rückständigen Gegend, er könne sich nur in einem schauderhaften Pidgin überhaupt verständlich machen.
    Â»Haben sie gesagt, wann sie essen wollen?«
    Linny schüttelte den Kopf. »Vielleicht spazieren sie von der Hundefarm noch bis zu den Libellenteichen, sie hätten Zeit, sagte die Frau. Ich habe ihnen süßsaures Huhn versprochen, und sie waren einverstanden.«
    Also aß ich erst einmal in Ruhe, und als die beiden Ausflügler schließlich in der Ferne auftauchten, stand der Plan fest, nach dem ich vorgehen würde. Es war an der Zeit, die Gegenspieler wissen zu lassen, daß man ihre Spur aufgenommen hatte und sich ihnen näherte. Meist rief das bei Gegnern Panikreaktionen hervor, die der Aufklärung dienten, so oder so. Das zweite »so« steht für Detektive, die in dieser Phase des Spiels einen falschen Zug machen, der dann mit ziemlicher Sicherheit ihr letzter ist. Davor wollte ich mich allerdings hüten.
    Â»Hallo!« begrüßte mich Mrs. Choi verblüfft, als sie an Uwalus Seite die Glasveranda betrat. Sie sah frisch und gesund aus, das Wandern in der freien Natur schien ihr besser zu bekommen als die Shanghaier Stadtluft. Leicht verschwitzt, wie

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