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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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sie war, griff sie sich ein paar von den angefeuchteten Frotteetüchern, die Linny als perfekte Wirtin bereitgelegt hatte, und wischte sich Gesicht, Hals und Arme ab.
    Uwalu dachte offenbar nicht an Händewaschen. Er stand währenddessen im Hintergrund herum und verhielt sich ziemlich unbeteiligt. Aber es entging mir nicht, daß er mich immer wieder mit prüfenden Blicken musterte.
    Mrs. Choi hatte mich ihm nur kurz vorgestellt, in jenem Küstenpidgin, das er verstand: »Dies Mister Limtok. Hongkong. Großes Freund von Familie Emerson Choi. Sprechen mit mir.«
    Uwalu nickte. Wie es schien, beunruhigte ihn mein Auftauchen zwar, aber er verstand es, das nicht so sehr zu zeigen. Immerhin beobachtete er sehr intensiv, was ich tat, und daß er offenbar verärgert war, als ich, um ihn auszuschalten, mein Gespräch mit Mrs. Choi in Mandarin führte, war auch zu erkennen.
    Meiner Mutter kam das Verdienst zu, daß ich überhaupt noch Mandarin beherrschte, außer dem in Hongkong üblichen Kantonesisch, das ich auf der Straße, zwischen den Spielgefährten lernte, und dem Englisch der Schulzeit, der Beamtenzeit bei der Polizei. Meine Mutter war nämlich aus dem Norden nach Hongkong zugewandert, vor sehr langer Zeit, wie so viele der Leute in der Kolonie.
    Â»Ich bin Ihnen nachgefahren«, teilte ich Mrs. Choi mit, während sie ein paar Stückchen Tofu als Vorspeise verzehrte, »weil ich Sie dringend warnen will.«
    Â»Vor wem?«
    Ohne Uwalu anzusehen, sagte ich: »Vor dem Herrn mit dem Wuschelkopf, der Sie heute zum Ausflug hierher begleitet.«
    Â»Was könnte ein Angestellter, der das Vertrauen meines Schwagers hat, schon an Gefahr für mich bedeuten?«
    Sie aß ruhig weiter Tofu, und auch Uwalu griff nach einem der in Marinade schwimmenden Würfel. Vorerst fand er sich wohl damit ab, daß er an dem Gespräch nicht beteiligt war.
    Â»Sie erinnern sich, daß das Polizeilabor in Hongkong herausfand, es ist Gift gewesen, das Ihren Gatten umbrachte?«
    Sie nickte. Ihr Gesicht blieb ohne Ausdruck von Überraschung oder Erschrecken, als ich fortfuhr: »Es handelt sich um ein Pflanzengift, Mrs. Choi. Aus der Blüte einer bestimmten Orchidee gewonnen. Es bewirkt nach vielen Stunden einen tödlichen Herzstillstand. Ohne daß man vorher etwas davon spürt. Nicht einmal übel wird einem. Erinnert Sie das an etwas?«
    Â»Und das hat das Polizeilabor in Hongkong herausgefunden?« wollte sie noch einmal bestätigt haben.
    Â»So ist es. Wollen Sie noch wissen, was ich selbst herausgefunden habe?«
    Als sie mich schweigend ansah und dabei zu kauen aufhörte, teilte ich ihr mit: »Der Herr, mit dem Sie unterwegs sind, hat genau dieses Gift in seinem Besitz. Ich habe mir erlaubt, das unter Verletzung einiger gesetzlicher Bestimmungen festzustellen. Zeugen sind auch vorhanden. Allerdings weiß er nicht, das ich es weiß.«
    Nach einer Weile kaute sie weiter. Unterbrach das Kauen nur, um leise, als könne Uwalu es doch verstehen, zu fragen: »Woher kann er so ein Zeug bloß haben?«
    Ich klärte sie auf: »Er kommt von dieser Insel da, ganz im Süden, auf der wächst die Orchideenart, die das Gift enthält.«
    Â»Aber – man kann ihn doch nicht deswegen allein verdächtigen, oder?«
    Sie war unsicher geworden, die Frau stellvertretende Bürgermeisterin von Shanghai, und es war an der Zeit, ihr mitzuteilen, was Toby Chester mir anvertraut hatte, die Geschichte von seinem Segeltrip mit den Coltrans nach Papua. Von dem plötzlich gestorbenen Häuptling im Hochland und dem Gerücht, ein gewisse Uwalu habe ihn im Auftrage eines konkurrierenden Landkäufers auf genau die Weise umgebracht, wie es später mit Choi Lam geschehen war.
    Â»Freispruch mangels Beweises«, sagte ich. »Ich habe die Zeitung selbst gesehen.«
    Â»Und der Verdächtige ist dieser Herr, der jetzt für meinen Schwager arbeitet?«
    Â»Er hat ihn eingestellt. Und Sie machen Ausflüge mit ihm.«
    Sie fuhr auf: »Einen Ausflug, bitte! Nicht im Plural reden! Aber – was sollte der Mann, wenn der Verdacht überhaupt zu recht besteht, von meinem Gatten gewollt haben? Choi Lam war kein Papua-Häuptling, auf dessen Land Bodenschätze Eifersüchteleien auslösen könnten! Was hätte der Krauskopf davon, einen Mann umzubringen, der sich in Shanghai mit dem Export von Tee beschäftigt? Es will mir nicht

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