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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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in den Kopf. Ein Mensch, der tötet, egal wie und womit, muß einen Grund dafür haben. Ein Motiv. Wo liegt das?«
    Wir bekamen eine Pause, denn Linny erschien mit dem gedämpften Huhn. Auf einmal duftete es nach den guten alten Gewürzen, die eine Mahlzeit zu einem Erlebnis der Sinne machen, im Gegensatz zu den geschmacks- und geruchslosen Sattmachern, derer wir uns für gewöhnlich an den Arbeitstagen bedienen, im Vorbeigehen meist.
    Mrs. Choi schnupperte. Uwalu schnupperte. Und ich machte mir den Spaß, Linny zu bescheinigen: »Du hast nichts verlernt! Es ist eine Dummheit, daß nicht ganz Hongkong bei dir ißt. Und Macao dazu!«
    Sie wehrte ab: »Kein Massenbetrieb mit mir, bitte! Essen ist eine individuelle Sache. Man besieht sich die Gäste, spricht mit ihnen, hört ihnen zu, wenn sie ihre Wünsche äußern, daran merkt man alles, was man wissen muß, wenn man die Mahlzeit zu ihrer Freude zubereiten will. Man kann das Gericht auf die Gäste zuschneiden, wie ein Anzugmacher einen seidenen Kimono!«
    Â»Ich sehr viel hoffen, es schmecken Ihnen verflucht gut, Mister«, gestattete ich mir zu Uwalu zu sagen, in genau dem Slang, von dem ich vermutete, daß er ihn wahrscheinlich verstand, denn Mandarin oder Kantonesisch, selbst einigermaßen zivilisiertes Englisch traute ich ihm nicht zu.
    Mrs. Choi bestätigte das indirekt, denn sie überwand ihren Schock und ermunterte Uwalu sanft auf die gleiche Weise: »Ich wünschen, es gut schmecken, Uwalu, alles plenty scharf und süßsauer, richtig für starken Mann wie du ...«
    Er quittierte es mit einem zustimmenden Grinsen. Worauf die Witwe Choi mich wiederum im Mandarin der Shanghaier Gebildeten fragte: »Warum um alles in der Welt sollte ausgerechnet dieser Mann meinen Gatten umbringen?«
    Ich widmete mich einem Hühnerschenkel, aß etwas Gemüse dazu und eine Kleinigkeit Reis. Dann unterbrach ich das allgemeine Schmatzen, dem Linny von der Tür her mit Vergnügen zuhörte, mit der Bemerkung: »Ach, da fällt mir ein, ich verirrte mich neulich in eine Kneipe, in der lernte ich einen Einbrecher kennen, einen Mann mit Erfahrung. Wir kamen ins Gespräch, und er beichtete mir, er habe vor einigen Tagen die Pleite seines Lebens erlebt. Hat in der Privatwohnung von Victor Choi, bei dem er immerhin Millionen vermutete, den Safe geöffnet, ohne Spuren zu hinterlassen. Viel Arbeit. Gute Arbeit. Spezialist eben. Und alles umsonst! Nicht eine Banknote in dem Kasten. Nicht mal eine lumpige goldene Rolex. Keine Aktie. Auch kein Heroin. Alles, was er fand, waren Listen mit genauen Aufstellungen über die Unternehmungen seines Vaters Emerson Choi in Hongkong und anderswo. Alles fein zusammengestellt. Wert, Einnahmen, Verbindlichkeiten. Beeindruckend, sagte er, fand er die Höhe der Werte und Umsätze, aber das brachte ihm eben nicht einen Penny ein ... ist das nicht drollig?«
    Uwalu spuckte ungeniert einen Knochen auf den Fußboden. Ich bemerkte amüsiert zu Mrs. Choi: »Ob ihn Ihr Schwager auch einlädt, wenn er eine Party für die Honoratioren von Macao gibt?«
    Sie ließ sich Zeit. Wurde nachdenklich, was man ihr deutlich ansehen konnte. Dann grollte sie: »Mister Lim Tok, ich sehe ein, ich habe Sie unterschätzt. Privatdetektive sind in meiner Denkweise bisher Leute von geringem Wert für die Gesellschaft gewesen. Ich habe Sie für einen Wichtigtuer gehalten, mit wenig Chancen, mir zu helfen. Jetzt sieht es aus, als wäre es an der Zeit, mich dafür zu entschuldigen.«
    Eigentlich hatte ich auf der Zunge, ihr zu raten, sie solle sich dabei möglichst nicht an einem Hühnerknöchel verschlucken, aber ich verkniff mir die Bosheit im letzten Augenblick noch. Deutete statt dessen mit dem Oberkörper etwas an, das man für eine Verbeugung halten sollte, wobei es dienlich war, daß ich keinen Schlips trug, denn Schlipse haben es an sich, bei derartigen Verrenkungen meist mit dem breiten Ende in die Eßschale zu tunken.
    Â»Danke«, sagte ich würdevoll. »Sie müssen sich doch nicht entschuldigen. Lassen wir das. Es führt zu nichts, wenn man versucht, Gedachtes ungedacht zu machen. Das sagt schon Lao Tse. Oder war es Li Po?«
    Â»Tu Fu«, korrigierte sie mich milde. »Aber das ist jetzt unwichtig. Was raten Sie mir?«
    Uwalu schnippte mit den Fingern, wie Amerikaner, die während des Vietnamkrieges bei uns zum Ausruhen von

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