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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Hunderennen gewonnen hat. Mrs. Tu ließ mir keine Chance, eine weitere Frage zu stellen, sie kam zur Sache und wollte von mir wissen, ob mir bekannt sei, daß der so tragisch ums Leben gebrachte Mister Yueh ein Verhältnis mit Miß Alma Tsao, seiner Sekretärin, gehabt hatte.
    Ich entwaffnete sie nicht gerade, als ich ihr gelassen erwiderte, das wäre mir inzwischen bekannt, vielmehr sagte sie: »Es sind drei Beobachtungen, die ich Ihnen mitteilen wollte, weil sie Ihnen helfen könnten, das Rätsel des Todes von Mister Yueh aufzuklären. Die zweite ist, daß Mister Yueh in den zurückliegenden Wochen sein Testament verändert hat. Es ist eigentlich eine Sache, die öfters vorkommt, aber ich denke, in dem nun entstandenen Zusammenhang könnte es interessant sein, das zu wissen, oder ...?«
    Darauf fiel mir vorerst nur ein leichtes Hüsteln ein. An meiner Stelle antwortete der Goldfink des alten Herrn am Tisch gegenüber, indem er einen bühnenreifen Triller losließ und prompt mit einem überdimensionalen Kuchenkrümel belohnt wurde. Erst als er damit zu kämpfen begann, hatte ich das mit dem Testament so weit verdaut, daß ich zurückfragen konnte: »Sie haben keine Ahnung, warum er das tat?«
    Sie schüttelte den Kopf, setzte die Teeschale ab und griff in die Tasche ihrer bunten Bluse. Auf dem Zettel, den sie mir gab, stand:
    Dr. Bu Yon, Rechtsanwalt
    Hongkong, Garden Road 102
    Tel.: 2835 – 4600
    Mir fiel ein: »Das ist unweit der Bank of China?«
    Sie nickte. »Vermutlich werden Sie von Herrn Bu Yon keine Details erfahren, aber es wird vielleicht doch nützlich sein, mit ihm zu reden ...«
    Ich würde das tun, sicher. Wenn jemand kurzfristig sein Testament änderte, dann hatte er meist einen Grund dafür, und im Falle des verblichenen Mister Yueh interessierte mich dieser Grund.
    Â»Darf ich erwähnen, daß der Hinweis von Ihnen kam?« fragte ich nach. Zu meiner Überraschung gab sie mir Bescheid: »Das können Sie gern. Mister Bu Yon ist der Anwalt, der es sehr gern sähe, wenn ich für ihn arbeitete. Und – ich habe ihn vor einer Stunde gefragt, ob ich Sie informieren darf. Er ist auf Ihren Besuch nicht unvorbereitet.«
    Eine erstaunliche Frau. Ich war auf die dritte Beobachtung neugierig, und sie ließ mich nicht lange warten. Sagte in einem Tonfall, in dem man etwa jemanden aufmerksam macht, daß man Post von einer Tante in Kanada bekommen habe: »Mister Yueh hat einen Bruder. In England. Er ist zwei Wochen vor der Übergabe Hongkongs an China hier angekommen. Zu Besuch. War verschiedene Male mit Mister Yueh zusammen. Es wird für Sie ganz sicher nützlich sein, ihn kennenzulernen ...«
    Sie zauberte aus der Blusentasche einen weiteren Zettel hervor und schob ihn mir zu. Da stand:
    RITZ CARLTON HONGKONG * * * *
    Das Hotel für höchste Ansprüche
    3rd Connaught Road / Apt. 208
    Tel.: 2877 – 6666
    Â»Das ist ... nicht so sehr weit von der Gegend, in der Mister Bu Yon sein Büro hat ...«, murmelte ich.
    Nicht, daß mich Hotels mit mehr als zwei Sternen sprachlos machen, nein, vielmehr schoß mir durch den Kopf, daß die Anwesenheit von Mister Yuehs Bruder der Grund dafür sein konnte, daß Miß Tsao so rätselhaft gelächelt hatte, als sie von mir hörte, daß ich für ihn ermittelte.
    Die Blamage würde riesengroß sein, wenn sie ihn kannte, was wahrscheinlich war, und wenn sie sich bei ihm nach mir erkundigte.
    Der Goldfink trällerte wieder. Ein anderer antwortete ihm, gleich war ein liebliches Konzert im Gange. Erst als es wieder Kuchen zur Belohnung gab, trat Ruhe ein, und Mrs. Tu konnte mir mitteilen, daß Mister Yueh Lo-tsin in der Tat mehrmals in der Redaktion gewesen war, sein Bruder ihm alles gezeigt habe und das Personal ihm vorgestellt worden sei.
    Â»Auch Miß Tsao?«
    Sie lächelte fein. »Natürlich auch Miß Tsao. Man besuchte anschließend gemeinsam ein Spezialitätenrestaurant.«
    Das Vogelgezwitscher machte mir plötzlich keinen Spaß mehr. Der Tee schmeckte nach Dachrinne. Was war zu tun, um die Blamage in erträglichen Grenzen zu halten? Ich war froh, als Miß Tu ihre Schale absetzte und demonstrativ auf die Uhr an ihrem Handgelenk sah, worauf sie mich etwas verlegen wissen ließ: »Leider muß ich wieder in die Redaktion ... Darf ich mich verabschieden ...?«
    Sie bedeutete mir, daß es ihr lieber

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