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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Nordwesten verbannt worden. Deportiert. Bis zu ihrer offiziellen Toterklärung hatte er nicht einmal gewußt, wo sie sich befanden. Dann war er geflohen. Hatte sein Leben hier ausgerichtet. War bekannt geworden, ein geschätzter Darsteller, erfolgreich, populär, wohlhabend. Vor zwei Jahren war er zusammen mit anderen Hongkonger Schauspielern zu Besuch in Shanghai gewesen.
    Austausch von Erfahrungen und dergleichen. Er habe die Heimatstadt kaum wiedererkannt ...
    Einen etwas versonnenen Eindruck machte er, als er das erzählte. Nostalgie? Und für mich sah es zeitweise so aus, als würde er stets vorher überlegen, ob er das, was er dann sagte, auch wirklich auspacken solle.
    Ich erkundigte mich: »Sie erwähnten, der Anrufer hätte Shanghaier Dialekt gesprochen – hat es bei dem damaligen Besuch irgendein Ereignis gegeben, auf das Rachegelüste seitens eines Shanghaiers zurückzuführen wären?«
    Ich hatte es so vorsichtig wie möglich ausgedrückt, aber sein Kopfschütteln fiel trotzdem ziemlich unwillig aus.
    Â»Wenn Sie irgendwelche Abenteuer meinen – da hat sich nichts abgespielt. Es war ja keine Privatreise. Die Studios hatten gegenseitig eingeladen. Ein Höflichkeitsbesuch sozusagen. Austausch eben.«
    Warum hatte ich den Eindruck, daß er Shanghai so schnell wie möglich aus der Unterhaltung heraus haben wollte? Daß sich hinter seinem beinahe ärgerlichen Gesichtsausdruck Gedanken verbargen, an denen er mich nicht teilhaben lassen wollte. Ich würde auf Shanghai zurückkommen müssen. Oder, wenn Shanghai in der Sache eine Rolle spielte, und es schien mir so, dann würde ich wohl selbst dort zu suchen haben.
    Vorerst hellte ich seine Stimmung dadurch auf, daß ich ihm zusagte: »Mister Ai Wu, ich nehme Ihren Auftrag selbstverständlich an. Sie sind im Augenblick sicher untergebracht. Joshua Singh ist ein zuverlässiger Mann. Verschwiegen. Haben Sie bei Ihrer Versicherung das Schadenersatzverfahren wegen des Hauses eingeleitet?«
    Â»Das ist geschehen.«
    Â»Dann«, beruhigte ich ihn, »sollten Sie sich zunächst in Ruhe fassen. Ich werde sofort tätig. Wer mich kennt, der weiß, daß es für mich keine auf Dauer unlösbaren Geheimnisse gibt. Wir werden diese Drohung aus der Welt schaffen, Sir ...«
    Er wirkte erleichtert. Aber ich wurde den Verdacht nicht los, es könnte auch darauf zurückzuführen sein, daß ich ihm keine weiteren Fragen stellte. Es blieb der Verdacht, daß mein Auftraggeber mehr wußte, als er mir im Interesse der Lösung des Falles zögernd mitteilte. Eine der weniger angenehmen Voraussetzungen, unter denen man Aufklärung beginnt.
    Woran auch der großzügige Scheck, den Ai Wu mir als Vorschuß überreichte, nichts weiter änderte.
    Der Brandmeister, der den Schaden an Ai Wus Haus festgestellt hatte, machte gerade Feierabend, als ich ihn auf der Feuerwache in Shek Kong ausfindig gemacht hatte. Aber er war bereit, mit mir die Brandstelle noch einmal aufzusuchen, zumal er ohnehin nordwärts heimfuhr, er lebte in Fanling.
    So gondelten wir durch den Nachmittagsverkehr hinauf ins Lam Tsuen Tal, und mein Begleiter dirigierte mich über verschiedene schmale Nebenwege auf das idyllische, von lichten Gehölzen gesäumte Plateau, auf dem die geschwärzten Trümmer lagen, die einmal der luxuriöse Bungalow von Ai Wu gewesen waren.
    Der Brandmeister, ein kleiner, flinkfüßiger Mann, deutete auf diese oder jene Stelle und erläuterte mir die Wirkung von brennbarer Flüssigkeit, von explosiven Gasen, die sich aus ihr bilden und der extrem leicht entflammbaren Ausstattung des Hauses, die das Tempo des Brandes noch beschleunigt hatte. Teppiche, moderne, mit viel Plast verarbeitete Möbel und abgelagerte Hölzer. »Das alles zusammen sorgt dafür, daß so ein Platz in zehn Minuten nicht mehr zu retten ist.«
    Â»Waren Sie nach zehn Minuten schon hier?«
    War er nicht. »Wir trafen erst ein, als der Haufen schon in sich zusammenfiel. Die Gegend ist abgelegen. Sie sehen ja selbst, es gibt keine Nachbarn in unmittelbarer Nähe. Jemand, der mit dem Auto im Tal entlang fuhr, nach Wo Hop Shek, sah die Flammen und rief uns an. Dachte zuerst, es ist ein Gehölz, das da brennt. Als wir ankamen, war nichts mehr zu retten. Nur noch Feststellungen waren zu treffen.«
    Â»Beispielsweise die, daß Benzin im Spiel gewesen war?«
    Â»Das

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