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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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vielleicht einem anderen Kerl in die Quere gekommen, bei einer Dame? Das ist bei Schauspielern nicht gerade selten. Und das zeitigt manchmal irre Reaktionen ...«
    Joshua schüttelte den Kopf. »Er sagt nein.«
    Â»Schulden?«
    Â»Der Mann, ich sagte es ja schon, schwimmt in Geld. Eine Rolle nach der anderen. Hat seinen Aufenthalt hier für vier Wochen im voraus bezahlt. Bar.«
    Â»So lange will er sich verstecken? Da muß die Sache ja ernst sein!«
    Â»Ist sie«, bestätigte Joshua.
    Â»Dann läuft das auf eine Art Bodyguarding hinaus?« erkundigte ich mich mißtrauisch.
    Es gab Sachen, auf die ich nicht sonderlich scharf war.
    Aber Joshua verneinte. »Du sollst, während er hier in Sicherheit ist, herausfinden, wer ihn bedroht.«
    Worauf er mich kurz und bündig vor ein Ja oder Nein stellte. Den Spaß verdarb ich ihm.
    Â»Ich werde mich entscheiden, nachdem ich mit dem Herrn selbst gesprochen habe.«
    Das tat ich eine halbe Stunde später.
    Ai Wu bewies mir sein Vertrauen dadurch, daß er mich sogar in seinem eigenen Appartement empfing, dem geheimen Schlupfwinkel. Ein seriös wirkender Mann um die fünfzig, der sich nicht durch aufgetragene Schauspielerallüren zum Affen stempelte, was ihn mir, ohne daß ich das eigentlich wolte, sympathisch machte.
    Er saß ein wenig verloren in der Ecke einer riesigen Couch, auf der eine Fußballmannschaft Platz gehabt hätte. Auf dem Tisch vor ihm lag ein Buch, aber ich hatte den Eindruck, daß er sich wohl im Augenblick kaum auf Lektüre konzentrieren konnte.
    Ein Mann in den besten Jahren, wie man so sagt, der auch ohne Schminke und Puder einen gepflegten Eindruck machte, und der angenehm normal in seinen Umgangsformen war.
    Â»Ich kenne Herrn Joshua«, eröffnete er mir unaufgefordert, »und ich vertraue seinem Urteil, daß Sie nicht nur in der Lage sind, mir zu helfen, sondern auch das, was Sie ermitteln, außerhalb der Reichweite unserer Skandalblätter halten ...«
    Das konnte ich bestätigen. Und ich erfuhr auf einige gezielte Fragen, daß er eigentlich in Shanghai zu Hause war, daß Ai Wu senior und dessen Frau Ai Li seine Eltern gewesen waren, Schauspieler in Shanghai nach Gründung der Volksrepublik, ein angesehenes Paar von Theaterleuten. Daß er am Ende der sechziger Jahre aus Shanghai nach Hongkong geflüchtet war.
    Nicht ungewöhnlich. Um diese Zeit hatten die Engländer an ihrem Drahtzaun, der die Kolonie gegen das Mutterland absichern sollte, Tausende von Chinesen verpaßt, die auf unkontrollierbaren Wegen vor dem von Old Mao, seiner Frau und deren Gang veranstalteten Terror zu uns geflohen waren. »Kulturrevolution« hatte sich das Durcheinander von politischem Unsinn und privatem Machtkampf genannt.
    Â»Ich war Schauspielschüler gewesen«, erzählte Ai Wu, »und ich hatte es einfach satt, mein Leben dort verrinnen zu sehen, während ich vielleicht ab und zu einen Jubelsoldaten in einer Revolutionsoper spielte ...«
    Er schilderte mir sein Engagement in der Shaw-Gruppe, versicherte mir, er verdiene blendend, sei unverheiratet, gönne sich ab und zu eine Freundin, habe aber nicht die geringste Ahnung, warum ihm jemand ans Leben wolle.
    Das brachte mich zu der längst fälligen Frage, weshalb er aus einer Brandstiftung so einfach darauf schloß, daß es sozusagen einen Todfeind für ihn gäbe. Und ich erfuhr, daß ein Grund vorhanden war.
    Â»Ich habe das anfangs auch nicht geglaubt. Bin am Tage nach dem Brand noch im Studio gewesen. Dort erreichte mich der Anruf mit der Drohung. Ich nehme sie ernst.«
    Â»Eine Drohung, Sie zu töten?«
    Â»Es war eine Männerstimme am Telefon. Etwas heiser. Mandarin , kein Kantonesisch. Shanghaier Dialekt. Jemand, der mir eiskalt zu sein schien. Er sagte: ›Wir haben nur dein Haus verbrannt. Leider. Das nächste Mal brennst du selbst. Dafür sorgen wir!‹ Glauben Sie mir, Mister Lim Tok, ich kann eine ernstgemeinte Drohung von einem schlechten Scherz unterscheiden ...«
    Â»Keine Forderung nach Geld?«
    Er schüttelte den Kopf.
    Ich sah, daß seine Finger leicht zitterten. Der Mann hatte Angst. Und als ich ihm weitere Fragen stellte, fiel ihm absolut nichts ein, das die Sache wenigstens um eine Kleinigkeit erhellen konnte.
    Seine Eltern, so vertraute er mir an, seien während dieses Polit-Theaters im Mutterland, der Kulturrevolution, als Staatsfeinde nach dem

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