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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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in ihrem Studio sozusagen die rechte Hand des Chefs war? Zumal sie sich, wie ich vermutete, mit dem Chef selbst so gut verstand, daß sie sich mit problematischen Fragen ohnehin an ihn hätte wenden können!
    Das bestätigte mir Laureen: »Wes hatte ein sehr gutes Verhältnis zu ihr. Sie konnte in jeder Sache mit ihm persönlich verhandeln. Das tat sie auch.«
    Nun mußte Laureen vermutlich meinem Gesicht angesehen haben, daß ich kurz über ein Anliegen nachdachte, das nicht unbedingt etwas mit Schallplatten oder Kassetten zu tun hatte, denn sie lächelte und vertraute mir an: »Nein, nein, es gab keinen Grund zur Eifersucht, wenn du das meinst!«
    Es klang echt, aber ich würde der Sache trotzdem nachgehen. Zum Beispiel der Frage, wie die Lee in Hana Teoros Adressenverzeichnis kam.
    Â»Was ist dieser Osborn für ein Mann?«
    Laureen beschrieb ihn als jungen Musikfachmann mit kaufmännischer Ausbildung. Er war der Sohn einer auf Kauai, der nördlichsten Insel der Gruppe, ansässigen Familie.
    Â»Zuckerbranche«, merkte Laureen an. »Er leitete eine Bonbonfabrik in Lihue. Aber das Herz war bei der Musik, immer, wie er sagt. Du weißt, wie das ist, wenn die Leute ihre Liebhaberei eines Tages zum Job machen ...«
    Ich wußte es nicht so genau, wie Laureen es voraussetzte, aber ich nahm zur Kenntnis, daß ein Bonbonkaufmann in der Lage ist, auch Schallplatten oder Kassetten zu verkaufen. Vielleicht auch Heftpflaster. Möglicherweise besser als Bonbons.
    Â»Süßer Junge, wie?« Ich brummte das nur so vor mich hin, aber Laureen reagierte prompt: »Hat einen ungeheuer originellen Schnurrbart. Und im Umgang, nun ja, er ist schon charmant ...«
    Von der Originalität des strichdünnen Bärtchens auf der Oberlippe des jungen Mannes konnte ich mich zwei Stunden später überzeugen, als ich endlich in der Queen Emma Street eine Parklücke gefunden hatte und im Empfangsraum von Aloha Records saß, einem der am besten klimatisierten Büros, die ich bisher gekannt hatte, außerdem mit angenehm unmodernen Sesseln ausgestattet, in denen man sitzen konnte, ohne Rückenschmerzen zu bekommen. Und mit einer Sekretärin versehen, die aussah wie eine von der letzten Schönheitskonkurrenz glatt ignorierte Perle.
    Frank Osborn war in der Tat das, was ältere Damen als einen süßen Jungen bezeichnet hätten. Das meinte Laureen wohl mit charmant. Der Bursche von nebenan, dem man bei entsprechender Mitgift seine Tochter – sofern man eine hatte – anvertrauen würde. Für mich hatte er etwas von einem Eintänzer, der sich in eine Frittenbude verirrt hat, aber man kann sich beim ersten Ansehen ja täuschen, oder nicht?
    Er begrüßte mich mit einer Flasche Bourbon, und als ich abwinkte, es sei noch zu früh, fiel ihm sogleich die britische Weisheit ein, nicht vor Sonnenuntergang mit Alkohol zu spaßen. Er lachte: »Natürlich, Hongkong! Dort lernt man eben die britische Lebensart!«
    Ich machte ihn bescheiden aufmerksam: »Es ist vielleicht mehr das Erbe meiner chinesischen Ahnen. Die sind mit Alkohol immer sehr vorsichtig umgegangen, wenn man von ein paar versoffenen Gelehrten absieht und von Dichtern, die dann aus dem Boot in den See fielen und gleich drin blieben ...«
    Das schluckte er ohne Kommentar. Laureen hatte ihn, wie er durchblicken ließ, telefonisch auf mich vorbereitet, und er bot mir auch gleich an: »Mister Lim Tok, wenn Sie meine Hilfe brauchen – ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung, selbstverständlich!«
    Der Mann war aalglatt. Das war zwar vorerst nur ein Verdacht, und ich hütete mich, meine Gedanken zu deutlich zu äußern. Aber mein Gefühl hatte mich in solchen Dingen noch nie irregeführt. So fragte ich ihn, was er wohl vom Verschwinden seines Chefs hielt. Ob die Möglichkeit bestünde, daß Wes Blair einfach ausgestiegen war.
    Während er sich Zeit nahm, umständlich zu erwägen, daß die Wahrscheinlichkeit dafür zwar gering, aber immerhin vorhanden sei, daß es aber eigentlich keine finanziellen Gründe dafür geben könnte, daß im übrigen auch in der Ehe keine auffälligen Anzeichen für einen solchen Entschluß zu finden seien, soweit er es überblicke, überlegte ich mir, was wohl geschehen würde, wenn jetzt Hana Teoro unvermittelt eintreten und Osborn mich ihr als Mister Lim Tok, Detektiv, vorstellte,

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