Schwarze Blüte, sanfter Tod
Popularität.
Aber auch der Sängerin. So mancher GI, der seine Zeit lebend abgerissen hatte und heimwärts flog, erkundigte sich nach Schallplattenaufnahmen der Lieder. Junge Burschen machten ein Riesengeschäft mit selbst aufgenommenen Kassetten. Bis ein findiger Japaner, der seit langem in Saigon Geschäfte machte, die Chance ergriff und die Songs systematisch professionell produzieren lieÃ, während er gleichzeitig die jungen Songschreiber zu immer neuen Kompositionen anregte, vornehmlich mit Honoraren in US-Währung und dem Versprechen, sie mit Papieren für die Flucht nach Amerika zu versehen, wenn die Vietcong kämen.
»Das war Mister Imai?« wagte ich zu fragen.
Laureen lachte: »Da kommt der Detektiv zum Vorschein!«
Sie bestätigte, ja dies sei Mister Imai gewesen. Bis zum etwas überhasteten Auszug aus Saigon, bei Ende des Krieges, habe er das Geschäft mit viel Erfolg betrieben. Habe sich dann in Honolulu angesiedelt, wie mancher andere auch, der aus Vietnam kam, und die Musikfirma Southern Islands gegründet. Machte gute Umsätze. Vornehmlich mit Francis Lee, die es verstanden habe, auch mit ihren neueren Liedern Fans zu gewinnen.
»Ãbrigens haben wir ein Band ...« Laureen ging zu einem mit Perlmutt eingelegten Schränkchen, suchte eine Weile und fand dann die Kassette, setzte sie in ein monströses Musikgerät, und wenig später hatte ich den Eindruck, in einer Kathedrale zu sitzen, ganz allein, und der Stimme eines traurigen, verlassenen Mädchens zu lauschen, das ein paar Semester Musik studiert hat. Nicht schrill. Auch nicht weinerlich. Aber von einer blechernen Intensität, fesselnd. Es war ein Lied über ein am Meeresufer wartendes Mädchen, das glaubt, ihr Geliebter in einem fernen Land könne sie just in diesem Augenblick hören. Nicht ganz so verkitscht wie die Dutzendware aus den Regalen der Musikläden, aber unverkennbar auf die versteckte Sentimentalität des sonst so abgebrühten Zivilisationsmenschen zugeschnitten. Der Dalmatiner gähnte uninteressiert.
»Etwas viel Hall«, erlaubte ich mir zu bemerken.
Laureen meinte, das sei einer der Lieblingseffekte dieser Sängerin. »Sie ist übrigens ein recht gut aussehendes Ding«, urteilte sie und reichte mir die Kassette mit dem Bild einer dieser mandeläugigen Schönheiten, wie sie auf Hautcremereklamen in Hongkong gelegentlich zu finden sind, überhaupt auf allem, was verkauft werden soll. Und dann überraschte mich Laureen mit der Eröffnung: »Wes war dabei, sie für Aloha Records zu gewinnen. Er hat ihr einen auÃergewöhnlich guten Vertrag angeboten. Aber es ist wohl nichts daraus geworden ...«
Ich vermutete, Mister Imai von Southern Islands könnte einiges dagegen einzuwenden gehabt haben, daà jemand von der Konkurrenz das beste Pferd in seinem Stall mit einem Leckerbissen von ihm weglockte.
»Ist er denn nicht in der Lage, ihr genug zu bezahlen?«
Laureen lächelte. »Ich halte ihn für ziemlich betucht. Vielleicht ist er geizig, aber nicht arm.«
»Hat Hana Teoro einen besseren Vertrag als Francis Lee bei Imai?«
Die beiläufig gestellte Frage brachte Laureen in Verlegenheit, das spürte ich, obwohl sie es geschickt zu verbergen suchte.
»Sie bekommt soviel wie die Lee bei Imai, mindestens. Das erwähnte Wes einmal.«
Ich rechnete, während ich mich ein biÃchen mit meinem Eistee beschäftigte. Wenn Francis Lee den Vertrag, den ihr Wes angeboten hatte, als so auÃergewöhnlich gut empfinden sollte, wie Laureen ihn bezeichnete, dann konnte die Gage, auch die prozentuale Beteiligung an den Tonträgern, vielleicht höher sein als in ihrem Vertrag mit Imai. Speiste Wes vielleicht seine eigene Spitzensängerin Hana Teoro mit weniger ab, als er der Lee anbot, um sie zu sich zu ziehen? Und kam das Angebot an sie Laureen deshalb als auÃergewöhnlich gut vor? Es gab noch ein paar andere Aspekte dieser Angelegenheit, und ich würde ihnen nachgehen müssen. AuÃerdem gab es da diesen Frank Osborn, der ebenfalls in Hana Teoros Adressensammlung stand, und zwar mit seiner Privatwohnung, wie ich jetzt von Laureen aufmerksam gemacht wurde.
»Wenn sie ihn geschäftlich erreichen wollte, hätte sie die Adresse des Studios in der Queen Emma Street notieren können.«
Das fand ich auch. Was hatte die Folkloresängerin mit der Privatadresse des Mannes zu schaffen, der
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