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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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hatten.
    Â»Kannst du uns den kleinen Tisch in der Ecke neben der Bar reservieren?« bat ich.
    Â»Du kommst mit Pipi?«
    Â»Mit Bobby.«
    Eine Weile Stille. Dann: »Du wirst eines Tages mal jedes Mittagessen verfluchen, das du ohne Pipi eingenommen hast ...«
    Â»Mutter«, bat ich, »es ist eine dienstliche Sache, die ich mit Bobby zu bereden habe. Pipi hat nicht frei. Zwei schön blutige Steaks, ja?«
    Sie brummte etwas, das ich nicht verstand, und empfahl mir: »Komm lieber mal wieder mit ihr. Du weißt gar nicht, was für ein gutes Mädchen sie ist!«
    Ich wußte es sehr wohl, aber mir blieb keine Zeit, meiner Mutter das erneut zu versichern, weil sie etwas von Mordsbetrieb sagte und auflegte.
    Die engen Gassen zwischen Johnston und Queens Road wirkten nicht nur erholsam, weil ich die letzten paar hundert Meter der Strecke zu Fuß ging – hier gab es noch die kleinen Läden und die Kinder, die am Rinnstein spielten, die wandernden Händler, die ihre Waren ausriefen, es gab Frauen, die am Rand der Gehsteige kochten und Wäsche in Schüsseln walkten – das ganze Treiben, das ein Hongkonger in meinem Alter von jung auf kannte, das ihm vertraut war, in dem er sich wohlfühlte, und das ihn nicht selten heute zu dem Stoßseufzer brachte: »Was ist bloß aus unserer Welt geworden!«
    Meine Mutter empfing mich mit einem schwarzen englischen Bier. Sie wußte, daß ich es gelegentlich gern trank. Nach dem ersten Zug erkundigte sie sich, ob es mir gut gehe, erwähnte Pipi, die sie mochte, und bedauerte erneut demonstrativ, daß ich so selten mit meiner Freundin bei ihr einkehrte.
    Ich versprach, wie immer, mich zu bessern. Das übliche Ritual, das – als ich meine Mutter umarmt und ihr das Kompliment gemacht hatte, sie sähe blendend aus – durch Bobby Hsiang unterbrochen wurde, der ihr abriet, mich weiter zu verwöhnen, das würde mich am Ende verderben und zu einem öffentlichen Ärgernis machen. Es war die Sorte Spaß, die Bobby für gewöhnlich mit meiner Mutter machte. Dabei zog er ein todernstes Gesicht, was meine Mutter immer wieder überzeugte, er meine tatsächlich, was er sagte.
    Die Steaks waren nicht nur blutig, sondern zart wie reife Melonen. Mutter hatte einen Fleischlieferanten, auf den Verlaß war, und ein saftiges Steak zu liefern, das auf der Zunge zerging, war für ihn noch eine Sache der Berufsehre.
    Also ließen wir es uns schmecken, spülten mit englischem Bier nach, das zwar in Hongkong gemacht war, aber trotzdem nicht wie eine Imitation schmeckte – was selbst der höchste Mutterlandspolitiker lobend vermerkt hatte, nachdem man ihm eine Probe anbot.
    Eine Weile sprachen wir über den Mord, dessentwegen Bobby zu nachtschlafener Zeit hatte aufstehen müssen, und dann über meine bisher erfolglosen Mühen, herauszufinden, wer Ai Wu bedrohte.
    Bobby war sonst stets bereit, mir einen Tip zu geben, aber in dieser Sache war er ziemlich ratlos. »Wenn die Brandaufklärer und die Kidnapping-Leute nichts entdeckt haben, sieht es finster aus«, meinte er. »Das sind nämlich ausgezeichnete Polizisten, die sind in ihrem Fach so gut wie ich!«
    Als er von meinem Ausflug zu den Opernleuten hörte, horchte er auf. »Wenn es in der Sache eine Spur ins Mutterland gib, dann ist das eine der Stellen, an denen etwas zu vermuten ist ...«
    Aber er war nicht sicher, daß dies eine Geschichte war, die in die Vergangenheit zurückging, wenngleich vieles dafür sprach. Er machte mich aufmerksam, daß Ai Wu immerhin hier in Hongkong unter seinen Kollegen Neider haben könnte. Daß es vielleicht Leute gab, die ihn ausnehmen wollten, denn er war einer der am besten verdienenden Darsteller in Hongkongs Studios.
    Darüber nachzudenken lohnte sich. Aber warum hatten diese Leute Ai Wu dann nicht einfach im Regent umgelegt, wenn sie ihn beseitigt haben wollten? Warum gab es keine Lösegeldforderung? Keinen Erpressungsversuch an ihm? Würden sie das jetzt nachholen, nachdem sie ihn gebührend eingeschüchtert hatten?
    Bobby zuckte die Schultern. »Möglich. Deine Mutter weiß, was ein Mann gern ißt!«
    Er ließ sich die geeiste Melone auf der Zunge zergehen. War ganz offenbar zufrieden mit sich und der Welt, vor allem mit dem, was meine Mutter nach den Steaks noch alles aufgefahren hatte, um uns die Mägen zu füllen.
    Sein Handy schlug ganz dezent an. Wie

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