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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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gerufen worden war, Ai Wu vorschlug, er könne ihn in einer von der Polizei diskret geschützten Kleinwohnung unterbringen, lehnte Ai Wu das ab, mit dem Hinweis, daß er in ein paar Tagen sowieso zum Drehort nach Kowloon müsse. Schließlich könne er nicht seine Gage aufs Spiel setzen und zudem noch Vertragsstrafe zahlen.
    Der Beamte verstand. Er sah mich fragend an: »Können Sie als Leibwächter fungieren?«
    Â»Nein«, sagte ich kategorisch. »Das ist nicht mein Beruf. Ich bin dabei, aufzuklären, wer es ist, der hier Mister Ai Wu verfolgt und warum!«
    Bobby grinste verstohlen. Der Menschenraubmann sagte zu mir: »Da wünsche ich viel Erfolg«, wandte sich an Ai Wu und kündigte ihm an: »Ein Beamter von uns wird hier erscheinen. Er wird für Ihre Sicherheit sorgen und sich im übrigen dezent im Hintergrund halten ...«
    Nachdem er gegangen war, versuchte ich, aus Ai Wu etwas herauszuholen, indem ich ihn fragte: »Es ist mir berichtet worden, Sie seien vor einiger Zeit bei einer Truppe von Operndarstellern aus Shanghai gewesen, die in Kowloon gastieren. Wollen Sie mir sagen, welche Bewandtnis es mit diesem Besuch hatte?«
    Seine Hände zitterten zwar weiter, aber er antwortete kurz und forsch: »Das war ein privater Besuch. Ohne die geringste Bedeutung für das, was mir passiert ist!«
    Die aggressive Bestimmtheit, mit der er das sagte, bestätigte endgültig meinen Verdacht, daß es hier nicht um Erpressung oder Neid von Kollegen ging, sondern um eine Sache, in der seine Vergangenheit in Shanghai eine Rolle spielte. Was mir dort im Durstigen Fisch Bao An erzählt hatte, enthielt vermutlich den Schlüssel. Aber der wollte erst einmal gefunden sein ...
    Bobby Hsiang nickte, als ich ihm, nachdem wir das Haus verlassen hatten, meine Vermutung mitteilte.
    Â»Komischer Heiliger«, sagte er. »Der weiß mehr, als er zugibt. Obwohl es unter Umständen um sein Leben geht. Bleibt die Frage, schweigt er aus Angst, oder schämt er sich zu sagen, was es ist, das da an ihm pikt. Wenn du mich fragst – da will ihn einer leiden sehen. Bleibt die Frage, warum. Ich verwette meinen linken Hoden darauf, daß dieser Jemand ihn quälen will, nicht töten, vorerst jedenfalls. Sie werden wieder zuschlagen ...«
    Für Bobby war das eine ungewöhnlich lange Rede. Ich sagte ihm voraus: »Du wirst deinen linken Gajoobi behalten, wie ich die Sache beurteile ...«
    Wei Wen-tang erinnerte so gar nicht mehr an eine Operndarstellerin, als sie da an der Straßenkante an der Südseite des Kowloon Parks stand. Ich hatte mich nur geringfügig verspätet, und das erste, was ich tat, als ich bei ihr hielt und ihr die Tür aufmachte, war, mich zu entschuldigen.
    Sie lachte. Das helle Minikleid, das sie trug, bedeckte knapp ihre Oberschenkel, wie oft sie auch versuchte, es in Richtung auf die Knie herabzuziehen. Eigenartigerweise wirkte das nicht annähernd so verkrampft wie etwa die Handbewegungen, mit denen sich Models lange Haarsträhnen aus der Stirn zu streichen pflegen, es wirkte eher gelöst. Das Mädchen erschien mir überhaupt anders als in der Umgebung, in der ich es bisher gesehen hatte. Wei Wen-tangs Benehmen war freier, ungezwungener, als es mir zuvor in der Gegenwart des übrigen Ensembles vorgekommen war. Sie war wohl doch in dieser Gemeinschaft zu einer Haltung genötigt gewesen, die sie eher für die anderen akzeptabel machte als für sich selbst.
    Ich sagte ihr das, als wir am Ocean Center in der Cafeteria saßen, die ihre Tische und Stühle in dieser Jahreszeit hinaus auf die Terrasse stellte, von wo man einen ungehinderten Ausblick auf das Meer hatte, den nur an der linken Seite das weit hinaus gebaute Terminal begrenzte.
    Sie sagte zuerst nichts, es machte den Eindruck, als überrasche meine Beobachtung sie nicht sonderlich. Ging auf meinen Vorschlag ein, mit einem der riesigen Eisbecher zu beginnen, für die diese Cafeteria berühmt war. Erwähnte eine Tournee, die das Ensemble vor der Eingemeindung Hongkongs durch ein afrikanisches Land unternommen hatte, wo man diese Leckerei etwas einfacher als bei uns herstellte, indem man nämlich eigentlich für die Kühlung von Getränken bestimmte Eisblöcke über einer Art Reibeisen raspelte und den grobkörnigen »Schnee«, der dadurch entstand, mit Limonensaft mischte.
    Sie lachte: »Sie werden es nicht glauben, aber das Zeug hat

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