Schwarze Blüte, sanfter Tod
Bösewicht gekon nt spielte, begann, das geklaute Schwert Yü Tschou Fung zu schwingen, ging ein »Buuuh!« durch das Zelt. Jemand in der letzten Zuschauerreihe rief, als der Intrigant unter dem leisen Gerummel der Trommeln das Schwert herausfordernd kreisen lieÃ, lustig: »Klirr-klirr!« Ein anderer riet ebenso laut: »Eintänzer sollte er werden, in einer Dim-Sum-Bude!« Was die meisten Besucher mit einem Lachen quittierten â eine Atmosphäre, die zu chinesischen Opern gehörte wie Ãl zum Salat. Oder wie der Animateur, der im amerikanischen Fernsehen bei Live-Sendungen die Zuschauer unentwegt zum Mitklatschen auffordert, zum Showgeschäft.
Beeindruckt war ich, als im weiteren Verlaufe der Handlung Wei Wen-tang die Geistesgestörte spielte, um nicht dem König als Konkubine dienen zu müssen. Wie sie die Geister beschwor, die sie angeblich sah, wie sie den König behandelte, als wäre er auch nur eine ihrer Phantasiegestalten â das konnte man schon als reife Leistung bezeichnen.
Aber meine Nachbarin belehrte mich, nachdem sie ihr Baby von der Brust genommen hatte: »Das ist gar nichts gegen die Verrückte, die vor ihr die Rolle spielte! Als die unten am Ocean Center anfingen. Die Verrückte, die sie da hatten, war so gut, die hätte Politikerin werden können!«
»Vielleicht ist sie es geworden«, gab ich zu bedenken. »Wird besser bezahlt.«
Sie meinte lachend: »Oder sie war so echt, daà sie sie in die Endstation eingewiesen haben, oben am Kings Park!«
Was sie meinte, war das, was man vornehmer ausgedrückt eine Nervenklinik nannte, in Ma Tau Wai, im Kowloon Hospital.
Als die Auswahl der Szenen schlieÃlich vorbei war und das Publikum applaudierte, als Gongs und Trommeln in den Beifall einfielen, also unter einem Höllenlärm, gelang es mir, mich zu der Bühne durchzudrängeln, auf der die Akteure standen und sich mit vor der Brust gekreuzten Armen verbeugten.
Wei Wen-tang nickte mir unauffällig zu, als sie mich entdeckte. Ich nahm die Gelegenheit wahr und fragte sie, in dem allgemeinen Durcheinander wohl unbeobachtet, wie ich jedenfalls glaubte: »LäÃt die Disziplin Ihres Ensembles es zu, daà Sie morgen, wenn keine Probe ist, einen Tee mit mir trinken?«
Sie raunte zurück: »Wir proben Unruhe im Himmel. Ich spiele den Affenkönig Sun Wu Kung.«
»Den ganzen Tag?«
Lächeln. Dann: »Am späten Nachmittag habe ich frei.«
»Sagen wir um vier?«
»Ich stehe vorn an der StraÃe.«
Ich sagte Pipi vorsichtshalber Bescheid, daà ich mich mit der Aktrice treffen würde. Von meiner Dschunke aus rief ich am nächsten Vormittag zunächst den Kidnapping-Beamten der Polizei an, der bei Mià Logan gewesen war: nichts!
»Wir haben nur die Anzeige von der chinesischen Amerikanerin, sonst keine Spur. Auch keine Forderung an das Studio oder sonstwen. Tut mir leid.«
Mrs. Logan rief ich an, um ihr die GewiÃheit zu geben, daà ich weiterhin an dem Fall arbeitete.
Sie jammerte: »Hoffentlich ist ihm nichts passiert! Ich mache mir Vorwürfe!«
Ich versprach ihr, meine Bemühungen zu steigern.
Gegen Mittag erreichte ich meinen Freund Bobby Hsiang bei der Mordkommission. Der sagte mir freundlich auf meine Bitte, ob er sich mit mir treffen könne: »Ich habe eben einen Mord mit Baseballschläger hinter mir. Erinnerst du dich, wie so ein Kopf aussieht?«
Als ich ihn wissen lieÃ, das sei mir aus meiner Polizistenzeit noch geläufig, ein gutes Gegenmittel sei da ein blutiges Steak in einem der Top-Hotels, wo man nicht erst auf die Idee kommt, das Rind sei überhaupt getötet worden, geschweige denn erschlagen, bot er an: »In einer Stunde bei deiner Mutter?«
»Abgemacht!« konnte ich hauchen.
Bevor ich mich mit dem Wassertaxi an Land bringen lieÃ, wo mein altersgezeichneter Japaner stand, rief ich meine Mutter an, die ihre Energie in das Hibiskus steckte, eines der letzten Lokale, in denen der Tourist in Wanchai noch das Gefühl hat, tatsächlich in Hongkong zu sein und nicht in Manhattan. Sogar Blumenmädchen lieà sie neuerdings durch die Tischreihen wandern. Das waren allerdings zurechtgemachte Ballettmädchen, die sich nebenbei etwas verdienten mit der Vorführung, aus der nie Ernst wurde, weil die Touristen viel zu sehr mit ihrem Essen beschäftigt waren und auÃerdem meist ihre Frauen dabei
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