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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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des Mutterlandes und machte den Leuten dort unangenehme Tage, während uns die Hitze – wie jedenfalls ein paar selbsternannte Spezialisten behaupteten – im Verein mit der kommunistischen Mißwirtschaft, die nun nicht mehr oben bei Lo Wu ihre Grenze hatte, vor kurzem erst einen Hühnervirus bescherte, der ein paar Millionen der wohlschmeckenden Vögel zum Verbrennen verurteilt hatte.
    Inzwischen schlugen sich die Fischer vor den Küsten immer noch mit einer Art Wasserpest herum, die von ungewöhnlich wuchernden Algen kam, was ebenfalls der Hitze zugeschrieben wurde, teils aber auch kommunistischer Raubfischerei – ein Zusammenhang, der angeblich von Meeresbiologen begriffen wurde, der Normalbürger redete ihn sowieso nur nach.
    Jedenfalls gab es Restaurants in der Stadt, die schon seit Wochen nicht mehr wagten, Fischgerichte auf die Speisekarte zu setzen, weil die mißtrauischen Gäste sie einfach nicht bestellten.
    Ãœber dem Meer, das man von hier oben sehen konnte, flimmerte die Luft. Draußen kreuzten träge die kleinen Küstenfahrzeuge in der flauen Brise. Und die Luft schmeckte hier oben nicht mehr nach Salz oder Tang, sie schmeckte nach einem bitteren Kraut, das ringsum knöcheltief wucherte, und für das wohl nicht einmal die Botaniker einen Namen hatten.
    Natürlich fuhr ich nicht, wie ich Ai Wu angekündigt hatte, zu den Opernleuten. Das hatte Zeit. Wei Wen-tang hatte meine Handy-Nummer, und wir waren so verblieben, daß sie mich anrufen würde, sobald sie etwas erfuhr, das mir nützen konnte.
    Mir rochen nämlich die Anschläge auf Ai Wu inzwischen doch ziemlich nach professioneller Arbeit. Das legte mir den Verdacht nahe, daß da nicht ein Shanghaier am Werk war, der sich ja in Hongkong viel zu wenig auskannte, um so spurlos arbeiten zu können. Zumindest mußte einheimische Hilfe im Spiel sein, wie immer die aussah. Wenn nicht ganz und gar eine Hongkonger Gang die Musik veranstaltete. Entweder für einen Auftraggeber aus dem Mutterland oder einen von hier, der Interesse daran hatte, diesen Schauspieler zu zermürben. Von der Leinwand zu nehmen, gewissermaßen ...
    Deshalb rollte ich jetzt auch nicht bis zum Standplatz der Shanghaier, sondern ich stellte das Auto auf dem großen Parkplatz am Ocean Center ab und wählte die Nummer des Blue Moon.
    Als sich dort, in dem feinen Reisebüro, die weiche Damenstimme meldete und mir zugleich mit dem guten Tag schon im voraus eine vergnügte Reise in die ferne Welt wünschte, bedankte ich mich artig, nannte meinen Namen und bat, mich in einer Privatangelegenheit mit Mister Eugene Hsu zu verbinden, vorausgesetzt, er sei im Haus.
    Er war. Die Dame bat mich, zu warten, sie werde herausfinden, ob er nicht etwa Besuch habe. Es war die übliche Prozedur in weißen Handschuhen, natürlich mußte sie ihren Chef erst einmal fragen, ob er mit mir überhaupt reden wollte.
    Das Blue Moon war ein gutgehendes Reisebüro. Es hatte in Hongkong einige Filialen, aber auch in einer ganzen Anzahl pazifischer Länder, bis hinunter nach Papua war es mit Nebenstellen vertreten. Ein Weltunternehmen, sozusagen. Als ich es einmal gegenüber Bobby Hsiang so bezeichnete, meinte er, es sei eher ein Halbweltunternehmen. Er hatte da keinesfalls Unrecht. Denn die Büros dienten ja nicht etwa nur der Organisierung von Segeltörns in der Südsee oder Wochenendbesuchen balinesischer Tempel – Eugene Hsu bekleidete in der 314, einer der schlagkräftigsten Triaden Hongkongs, jenen unverwechselbar chinesischen Zusammenschlüssen zum gegenseitigen Nutzen, wie sie gern verharmlosend genannt wurden, den Posten eines Sin Fung.
    Das ist sozusagen der dritte Mann in der Führungsgruppe einer solchen weitverzweigten Gang, die eben nicht etwa nur gegen das Gesetz arbeitet, nein, ihre Mitglieder haben sogar überwiegend durchaus kaufmännische Interessen. Machen legal Geschäfte, nehmen Geld ein, zahlen auch Steuern, nur daß sie eben bei Hindernissen – sagen wir lieber bei Personen, die so unklug sind, sich als hinderlich zu erweisen – eine nicht ganz legale Art praktizieren, sie aus der Welt zu schaffen. Und außerdem kein Geschäft verschmähen, wie sehr es auch gegen Gesetze verstoßen mag.
    Der Chef, Shan Chu genannt, regiert einen solchen Clan. Etwa in der Art, in der Suharto Indonesien ein paar Jahrzehnte lang regiert hat. Wäre die 314 eine Staatsregierung, würde

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