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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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gelitten hat, bei der Hühnerpest!«
    Er blieb höflich. »Danke, Sir! Die Götter mögen Sie behüten!«
    Aber er machte ein Gesicht dabei, das ungefähr sagen wollte: Hau ab, du Idiot, und fang dir bei der nächsten Hure die Siphylis ein!
    Das Reisebüro hatte seine rosa Tage, wie es schien. Neben den Palmen und anderen tropischen Blattpflanzen standen eine Menge Blumen herum, alle von ausgesucht rosafarbener Blütenpracht. Dagegen wirkten die Plakate an den Wänden, die von Papeete bis Rio Ferienspaß anpriesen – zu günstigsten Preisen, versteht sich – schreiend bunt.
    Ein Blick auf die schwarzen Buddhas und die Seidenfächer, die Ebenholzdschunken und die Bronzevasen war danach erholsam wie eine Augendusche mit Okulex. Allerdings strapazierte der Anblick der Minirock-Mädchen sogleich wieder. Ihre Arbeitstische waren nicht ohne Absicht aus dickem Glas. Ein armer Mann, der nicht das Geld hatte, sich im Paradise oder im Hubba-Bubba eine Girlie-Show zu leisten, konnte hier schon einen gewissen Ersatz finden. Unentgeltlich. Allerdings nur solange ihn Eugene Hsus Sicherheitstypen nicht feuerten.
    Der Sin Fung sah wieder aus, wie aus dem Modejournal gekupfert. Er mußte Monate darauf verwendet haben, zu studieren, welcher Schlips zu welchem Hemd paßte, welches Hemd zu welchem Anzug, welcher Anzug zu welchen Schuhen, welche Uhr zu welchen Manschetten – vor allem aber welches Lächeln zu welchem Besucher.
    Er kam mir entgegen. Pumpte meine Hand, daß ich dachte, er wolle sie abreißen, lachte und flachste: »Na, schwimmt die alte Dschunke immer noch?«
    Als ich ihm versicherte, das würde sie noch eine ganze Weile tun, schüttelte er bedauernd den perfekt frisierten Kopf und bot mir an: »Ich hätte Eigentumswohnungen, oben in Tai Tan anzubieten. Die gegenwärtig ruhigste Gegend von ganz Hongkong. Wie geschaffen für einen Mann, der viel denken muß. Ein Drittel Anzahlung, der Rest über zwanzig Jahre ... sagen wir fünfzehn, wegen des gefährlichen Berufs ...«
    Er wies immer noch lachend auf einen tiefen Sessel. Der Tisch davor trug einen Whiskytumbler, gefüllt, und die mir versprochene gelbe Limonade.
    Im Hinsetzen lobte ich ihn: »Sie sind und bleiben der unübertreffliche Gentleman!«
    Er hob sein Whiskyglas und prostete mir zu. Wir tranken. Dann war es Zeit, über das vergangene Jahr zu sprechen, über die Leute aus dem Mutterland, über neue Verordnungen, alte Bekannte, die Gesundheit der Familien und die kleinen Enttäuschungen, die das Leben so mit sich brachte, angefangen von miesen Hummern zum vollen Preis bis zu der Frechheit einer Angestellten, die im Lotto den Pot gewonnen und ihren Abschied mit der übermäßig laut gerufenen Bemerkung an Gene genommen hatte: »Sie sind der beschissenste Liebhaber, der jemals mit mir auf einem Wasserbett gepinselt hat!«
    Ich gab mir alle Mühe, nicht herauszuplatzen. Schnalzte ungehalten mit der Zunge. »Das sagt man aber nicht. Selbst wenn es stimmen sollte. Was ich natürlich nicht glaube ...«
    Er nahm feixend einen Schluck, dann sagte er: »Der Ärger ist – es stimmte! Ich hatte sie ein einziges Mal auf dem Feuchten, und an dem Tag, ausgerechnet, hatte ich mit einer Grippe zu kämpfen, die war grausam. Deshalb ...«
    So ernst wie ich konnte, riet ich ihm: »Nie bei Grippe! Eiserne Regel von mir!«
    Er klagte betrübt: »Geld verdirbt eben die Menschen. Vorher war sie ein so sanftes, feinfühliges Mädchen ...«
    Und dann setzte er wieder das Lächeln auf, das ich bei ihm kannte. Es hieß: Kommen wir zur Sache! Ohne sich mit weiteren Vorreden aufzuhalten, fragte er: »Erfolg gehabt in Shanghai?«
    Zunächst verschlug es mir die Sprache. Das will etwas heißen bei einem Jungen, der in Wanchai aufgewachsen ist. Aber Jungen aus Wanchai haben auch die Gabe, schnell mit Überraschungen fertig zu werden. Deshalb griff ich mir in aller Ruhe erst einmal das Limonadenglas, nahm einen generösen Zug, und dann sagte ich, als wäre es mir schnurzegal, was Leute wie Eugene Hsu von mir wußten: »Soso. Habe einiges gehört, kann es aber noch nicht in Schubladen sortieren.«
    Â»Ãœber Ai Wu?«
    Auch das wußte er also! Diesmal entschied ich mich für einen leichten Hieb mit dem Säbel: »Haben Sie schon so gute Quellen in Shanghai? Die Wurzeln der Familie ...?«
    Er schüttelte den Kopf.

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