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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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junge Damen, die Kunden bedienten: »Links Miß Fong. Tochter des Reifenhändlers Fong in der Wusung Street, drüben in Hung Hom. Sehr gut erzogen. Will später einmal selbständig werden. Rechts Mrs. Bruce. Ehe endete leider in Scheidung. Kleines Mädchen. Finanziell zwar abgesichert, aber eben an Schmuck interessiert ... sozusagen Kombination von Hobby mit ablenkender Beschäftigung ...«
    Dritter im Laden war ein älterer Mann, elegant angezogen, kahlköpfig, mit dicker Hornbrille, die ihm zusätzlich etwas Intelligentes gab. Er ordnete gerade den Inhalt einer Vitrine. »Das ist Mister Wen Tse. Wir nennen ihn Lao Tse. Ist seit Gründung des Geschäfts bei uns. Einer der höflichsten Menschen, die ich kenne. Hat über Schmuck, wie die Chefin immer sagte, mehr vergessen, als wir anderen alle zusammen jemals wußten. Extrem verläßlich ...«
    Â»Muß eine Freude sein, mit so guten Leuten zu arbeiten«, warf ich ein. Sie bestätigte das sogleich. Ich erkundigte mich vorsichtig: »Wie war Ihr persönliches Verhältnis zu Mrs. Ronaldo?«
    Prompt versicherte sie mir: »Sehr gut, Mister Lim Tok! Zu beiden ... auch zu dem leider so tragisch umgekommenen Mister Ronaldo war es ausgezeichnet. Nun ja, während einer so langen Zeit der gemeinsamen Arbeit rückt man schon sehr eng zusammen, nicht wahr?«
    Ich nickte verständnisvoll. Während sie Tee nachschenkte, schloß ich die Frage an: »Wie sind die Umsätze?«
    Â»Sehr gut. Unsere Einnahmen übersteigen bei weitem die der meisten vergleichbaren Geschäfte in Hongkong.« Nach einem Schluck Tee fuhr sie im Plauderton fort: »Sehen Sie, ich bin ja an dem Geschäft beteiligt? Ich hatte, als die Ronaldos mit dem Schmuckhandel anfingen, geerbt. Mein Vater war Portugiese. Hatte ein Restaurant in Macao. Nach der Scheidung blieb ich bei meiner Mutter. Hier. Aber mein Vater war so anständig, mich in seinem Testament generös zu bedenken. Also hatte ich Mittel ... wir gründeten dieses Geschäft damals gemeinsam ...«
    Sie blickte plötzlich auf den Eingang des Ladens. Ein nicht mehr junges Paar war eingetreten. Inder, wie es schien. Der Mann litt an Haarverlust. Dafür konnte sich die Frisur seiner Begleiterin sehen lassen.
    Miß Silva sprudelte: »Sie müssen mich eine Weile entschuldigen, Mister Lim Tok. Eben erzählte ich Ihnen noch von den begüterten Kunden, die wir haben – da ist Mister Chakaloo aus New Delhi gekommen, mit seiner Gattin. Immer im Herbst machen sie mit ihrer Motoryacht eine Reise. Sehr reiche Leute. Speiseöl ...«
    Sie flatterte den beiden entgegen. Die Begrüßung allein dauerte einige Minuten. Dann wurde geredet. Erzählt. Gestikuliert. Gelacht. Bis die beiden sich an einer der Vitrinen Schmuck auf einem samtbedeckten Tablett vorlegen ließen, verging eine Menge Zeit, in der mich Miß Silva scheinbar völlig vergaß. Ich machte mir einige Gedanken über sie. Das Verschwinden ihrer Chefin hatte sie, wie es aussah, noch nicht in Panik versetzt. Eine wunderschöne Frau mit einem sonnigen Gemüt, sagte ich mir. Von traurigen Gedanken an enge Freunde und Geschäftspartner offenbar nicht ernsthaft beunruhigt ...
    Dann erinnerte ich mich an professionelle Pflichten. Sah mich etwas genauer in dem Büro um. Obwohl mich dabei das Gefühl beschlich, jetzt einen Vertrauensbruch schäbigster Art zu begehen. Der Umlegekalender auf dem Schreibtisch reizte meine Neugier. Er war zu erreichen, ohne daß die Dame Silva das von draußen beobachten konnte. Also zog ich ihn zu mir herüber und blätterte. Aus dem Augenwinkel mußte ich Miß Silva beobachten, um nicht überrascht zu werden, was mir mehr als peinlich gewesen wäre. Aber sie war mit dem Maharadscha in Sachen Speiseöl und seiner Gattin so intensiv beschäftigt, daß ich die Chance behielt, mir die Kalenderblätter genau anzusehen.
    Neben den verschiedensten Eintragungen, die sofort als Geschäftsnotizen zu erkennen waren, fanden sich welche, die Anrufe betrafen, Treffzeiten, ja sogar Konzerttermine der offenbar musikliebenden Dame.
    Aufmerksam wurde ich auf eine Bezeichnung, die sich, als ich systematisch suchte, jeweils im Abstand von zwei Wochen fand. Ohne Zeitangabe stand da stets »Ti. Wo.« Nur einmal war es mit dem Vermerk versehen: »Ausfall wg. Fernsehrep.«. Ich notierte mir das Datum. Zuletzt blätterte ich noch die Zettel

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