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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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fiel mir ein. Alle vierzehn Tage! Nun ja, das war nicht gerade ungewöhnlich für eine erwachsene Dame, deren Register schon einige Eintragungen aufwies ...
    Sie erwischte mich bei einem versonnenen Lächeln, als sie sich vor einer Tür umdrehte und mir bedeutete, dies sei Mrs. Ronaldos Allerheiligstes. Und sie lächelte ebenfalls. Dann sagte sie mit ernstem Gesicht: »Der Polizist von der Vermißtenstelle hat den Raum auch besichtigt.«
    Â»Hat er etwas entdeckt, das Aufschluß geben könnte?«
    Sie bewegte leicht die Schultern unter dem Zweihundert-Dollar-Kattunkleid, das sich an ihre Konturen schmiegte wie eine zweite Haut. »Gesagt hat er nichts.«
    Sie schloß die Tür auf. Bedeutete mir, einzutreten. Entschuldigte sich dann: »Ich muß mal wieder nach dem Laden sehen ... Sie kommen einstweilen ohne mich zurecht?«
    Mein Nicken fiel hoffentlich nicht zu überheblich aus. Ich gönnte mir noch einmal ihre Rückfront, als sie zum Laden ging. Dann sah ich mich da um, wo Mrs. Ronaldo gewirkt hatte. Auf dem Schreibtisch stand, in einem Teakholzrahmen, ein Foto des Ehepaares. So sah ich zum ersten Mal, daß Mrs. Ronaldo eine auffallend zierliche, feingliedrige Frau war. Die Art von Wesen, das die Zeitungsschreiber gern als Ȋtherisch« bezeichnen. Wenn sie nicht gleich von »feenhaft« sprechen, oder von einem »fleischgewordenen Zauberwesen«. Weshalb ich so gern die Zeitungen lese. Um meine Bildung sozusagen per Abonnement zu perfektionieren.
    Es war mir klar, daß die Leute von Nello Quok hier schon nach verwertbaren Spuren gesucht hatten, und – wie immer, wenn Polizisten so etwas machen – Belangvolles nicht nur mitgenommen, sondern auch nebenbei getilgt hatten. Aber ich hoffte trotzdem, noch einen Hinweis zu finden, der mir ein Ansetzen ermöglichte.
    Bisher hatte sich nichts ergeben, was viel versprach. Also öffnete ich eine Schublade nach der anderen, sichtete Bündel von Gutachten, Kaufvereinbarungen, Rechnungen, Mängelrügen und speziellen Kundenlisten, bis das Papier langsam knapp wurde. Da sah ich mich bei den Getränken in der fahrbaren Hausbar um, klappte sogar die Couch auf, fand Decken und Kissen, durchstöberte das Kabinett mit der Wechselkleidung, und gerade als ich den Kalender durchblätterte, den ich mir bis zuletzt aufgehoben hatte, erschien eine lächelnde Miß Silva wieder und sagte im Tonfall des Bedauerns: »Sie Ärmster! Kein Erfolg?«
    Ich hatte entdeckt, daß in dem Schreibtischkalender der Mrs. Ronaldo, der dem von Miß Silva ähnelte, ein Blatt fehlte. Als ich Miß Silva darauf hinwies, nickte sie sogleich und setzte mich ins Bild: »Das ist von der Polizei entnommen worden. Es war der Tag, an dem Mrs. Ronaldo verschwand. Ich kann Ihnen aber sagen, was auf dem Blatt stand, denn ich hatte es mir angesehen, bevor der Beamte es kassierte. Zwei Vermerke gab es darauf. Einer war der Name eines Kunden. Mister Sullivan. Langjähriger Freund des Hauses. Holzhandel, international, in Manila. Er hatte eine Unterredung mit Mrs. Ronaldo, wegen einigen Dutzend gutaussehender Armbanduhren für Damen. Sind als Geschenke für die Gemahlinnen seiner Abnehmer gedacht. Zum christlichen Weihnachtsfest. Mister Sullivan ist Katholik. Wenn Sie seine genaue Anschrift haben wollen, suche ich Ihnen die Bestellung heraus ...«
    Ich wehrte ab. War wohl wenig wert. »Und der andere Vermerk?«
    Â»Ach ja! Mrs. Ronaldo war mit dem Organisator einer Modenschau verabredet. Um fünfzehn Uhr, zum Tee. Wissen Sie, wo der KCC liegt?«
    Das war eine der riesigen Einrichtungen, in denen sich Geschäfte mit Teehäusern und Nationalitätenrestaurants abwechselten, in einem mächtigen Gebäudekomplex, bei dessen Gestaltung sich – wie das in der ganzen Welt üblich war – die Phantasie unterbewerteter Architekten so richtig ausgetobt hatte. Ich war da nur einmal flüchtig durchgewandert.
    Â»Sie meinen das Ding in der Salisbury Road, wo sie den alten Bahnhof der Strecke nach Kanton mit seinem Glockenturm sozusagen zum Mittelpunkt von diesem Spaßparadies gemacht haben?«
    Â»Das genau meine ich. Ein Mister ... Augenblick ...« Sie griff nach einem Stapel Kundenpost, der auf dem Schreibtisch lag, blätterte kurz und hielt mir dann das Schreiben hin, das ein Mister Bai Liu, General Manager, unterzeichnet hatte. Er wäre glücklich, Mrs. Ronaldo zur Abstimmung über die

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