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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Wandte sich ab und wischte verschämt über das Gesicht. Ich nahm die Chance wahr und flitzte zu ihm. »Gestatten, Maestro, Lim Tok ...«
    Â»Was – auch modeln? Zu alt, mein Lieber! Ich mache Mode für junge Leute – verstehen Sie, – j. u. n. g. e !«
    Am liebsten hätte ich ihn aufgefordert, sich seine Mode dorthin zu stecken, wo es bei ihm am wärmsten war, aber ich bin eben ein Meister der Selbstbeherrschung, und so lächelte ich unwiderstehlich und gab ihm ebenso akzentuiert Bescheid, wie er das
    Mädchen abgefertigt hatte: »Verzeihung, ich arbeite im Auftrag der Verwandtschaft von Mrs. Ronaldo. Sie wissen schon, die Schmuckhandlung R. o. n. a. l. d. o. Das sind die netten Leute, die Ihnen für Ihre Shows den Schmuck leihen, der um die Hälse Ihrer Models hängt, und an den Ohren, an den Händen ... Sind Sie jetzt auf dem laufenden? Eine kurze Frage hätte ich ...«
    Ich hatte ihn wohl gekränkt, denn er erkundigte sich boshaft: »Was sind Sie denn für einer? Und was ist mit der Ronaldo-Sippe?«
    Â»Madame Ronaldo«, klärte ich ihn ungerührt auf, »verschwand. Abgängig, verstehen Sie? Weg. Ohne Adresse. Sie waren der letzte, der mit ihr sprach. Hat sie Ihnen angedeutet, wohin sie wollte, nach dem Gespräch mit Ihnen?«
    Er ließ sein Hippie-Getue. Deutete auf den nächstbesten Stuhl. Setzte sich mir gegenüber. Fragte sachlich: »Mrs. Ronaldo ist verschwunden?«
    Â»Seit jenem Tag, als sie bei Ihnen war, hier.«
    Er dachte eine Weile nach. »Und nicht wieder aufgetaucht?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nichts von ihr zu hören.«
    Â»Was soll das sein? Kidnapping? Gibt es Forderungen?«
    Wieder verneinte ich. Er brummte nach einer Weile: »Absurd. Wer sollte ... nun ja, sie hat ein Geschäft, das seinen Mann ernährt, da wäre schon was zu holen. Kommt in Hongkong ja öfter vor, nicht? Aber wenn Sie sagen, da war nichts ...«
    Er sah mich ratlos an. »Wie kann ich Ihnen helfen? Mrs. Ronaldo ... ich habe mit ihr gern zusammengearbeitet ... wir hatte beide etwas davon, ich den Schmuck und sie die Reklame ... Wir machen das schon längere Zeit so ...«
    Â»Sie könnten mir sagen, ob Ihnen etwas an ihr aufgefallen ist, an jenem Tag. Etwas Besonderes.«
    Â»Nein. War so wie immer. Hatte es ein bißchen eilig. Wartete wohl jemand auf sie.«
    Â»Hier? Vor dem Zentrum?«
    Â»Keine Ahnung. Sie telefonierte mit jemandem. Handy. Sagte, daß sie gleich da wäre. So etwas ähnliches. Ich dachte, es ist ihr Laden, der sie da anruft ...«
    Â»Vielleicht einer der Kunden, denen sie Schmuck zur Ansicht überlassen hatte?«
    Er bewegte die Schultern. »Möglich. Ich habe da nicht so genau hingehört. Waren ja auch nur ein paar Worte, die sie sagte. Himmel, das ist aber schlimm! Ich kann nur hoffen, ihr ist nichts Übles zugestoßen. Vielleicht eine überhastet angetretene Reise ...?«
    Diesmal war ich an der Reihe, die Schultern zu bewegen. »Nicht sehr wahrscheinlich. Aber, nun ja, Mister Bai Liu, falls Sie etwas hören sollten, was mir bei der Suche helfen könnte ...«
    Ich drückte ihm meine Karte in die Hand, und er nickte, etwas abwesend. Stammelte, daß er natürlich gern helfen wolle, wenn möglich. Die Nachricht schien ihn ernsthaft beunruhigt zu haben. Er blieb sitzen, als ich ging. Die Liste derer, die ich unbedingt im Auge behalten mußte, würde er wohl nicht anführen.
    Was tut man, wenn man zwar einige Leute kennenlernen konnte, für die zur Aufklärung einer Sache nötigen Zusammenhänge aber nicht den Schimmer eines Hinweises bekommen hat? Ich habe da in der letzten Zeit die Methode entwickelt, mich in eines der ältesten Restaurants in Wanchai zu setzen, wo ich einigermaßen sicher bin, niemand spricht mich an, so daß ich bei einer Platte Dim Sum und einer Kanne Bier einfach aus meiner Ecke heraus die Gedanken auf die Reise schicken kann. Das hat, zugegeben, große Ähnlichkeit mit der Verfahrensweise der alten chinesischen Philosophen, die immer dann, wenn sie an einer unsichtbaren geistigen Mauer angekommen waren, in ein Kloster verschwanden und dort meditierten, bis neue Eingebungen sich einstellten. Vielleicht ist eben doch nicht alles was die Alten taten, im Zeitalter der globalen Vernetzung Staub von vorgestern!
    Ich jedenfalls kehrte im Hsiao Lung in Sheung Wan ein, einer der etwa hundert winzigen Kneipen

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