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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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gute Jerome war ein Bekannter von mir. Er hatte vor einiger Zeit Louis Mountbatten Fung in der Redaktion des Island Guardian abgelöst, als der nach Vancouver auswanderte. Der Island Guardian war eines der Blätter, in denen man unter einer Menge Schrott doch hin und wieder einmal etwas fand, das ein Quentchen Wahrheit enthielt. Mit Blondel hatte ich, nachdem das mit Fung blendend geklappt hatte, auch schon einmal das Zuwerfen von Bällen geübt, und wir wußten, daß wir beide davon profitieren konnten. Eigentlich war der Journalist ein vergnügter junger Mann mit genau der Portion Gelassenheit, die man bei einem Hongkonger Boulevardblatt braucht, um sich zwischen dem, was man als Tatsache erkannt hat, dem, was der Verbreitung der Zeitung dient, und den politischen und sonstigen Fallstricken, die der Staat zieht, unbeschädigt und ohne zu stolpern hindurchzulavieren. Wenn er den Gelegenheitsdieb Bo verprügelt hatte, war ihm wohl die Dreistigkeit des Bengels überentwickelt vorgekommen – eine Feststellung, die ich persönlich ebenso hätte treffen können. Nur daß ich vielleicht mit Prügeln nicht so schnell bei der Hand bin wie ein Zeitungsmacher, der ohnehin tagtäglich irgendwelche Leute in seinem Blatt windelweich klopft – bildlich gesprochen, bitte, in tiefstem Respekt vor der Unantastbarkeit der Pressefreiheit!
    Â»Und? Hat er ihn verletzt?«
    Wu druckste eine Weile herum, dann bequemte er sich: »Nein, nein. Aber ... der Junge hat da eine Riesendummheit gemacht ... gigantische ... nachher ...«
    Â»Ich höre!«
    Er faßte Mut: »Also, er ist in der Nacht in die Redaktion eingestiegen.«
    Â»Bo? Steigt nachts in die Redaktion des Island Guardian ein? Wozu?«
    Er verzog das Gesicht, als habe er mit einem schadhaften Zahn auf eine Erdnuß gebissen. »Schmiß den Computer aus dem Fenster.«
    Ich schluckte erst einmal. Mußte mich wieder beherrschen, um nicht schallend zu lachen. »Du meinst, Bo? Den Computer? Aus dem Fenster?«
    Â»Leider, ja. Fünfte Etage.«
    Eigentlich war es egal, ob aus der Fünften oder aus der Zwölften, ein Computer nimmt so etwas übel. Das Schlimme, was ich mir vorstellen konnte, war, daß der gute Jerome Blondel nicht nur den Verlust des Gerätes zu beklagen hatte. Das ließ sich ersetzen. Die Festplatte mit den gespeicherten Informationen war unersetzbar. Ob er nun Bo wieder verprügelte? Oder anzeigte?
    Â»Hat er ... ich meine Blondel, hat er die Polizei ...?«
    Wu hörte wohl nicht so genau hin. Er klagte: »Drucker, Scanner, alles aus dem Fenster. Das ging ebenfalls zu Bruch ...«
    Â»Und du hast Angst, daß Blondel jetzt mit harten Bandagen gegen Bo vorgeht?«
    Er sah mich an wie ein Schüler, der seinem Lehrer gerade beichten muß, daß er den letzten Aufsatz über Chinas Wasserwege komplett aus dem Readers Digest abgeschrieben hat. »Es war gar nicht Mr. Blondels Computer, den er rausschmiß. Es war der vom Buchhalter. Bo war ins falsche Zimmer geraten ...«
    Während ich noch überlegte, wie ich Wu dazu bringen konnte, gemeinsan mit mir über die Story zu lachen, fügte der unglückliche Sozialhelfer an: »Schlimm war ... ein Polizist stand in der Nacht nicht weit von der Stelle, wo der Computer aufschlug. Jetzt haben sie Bo wieder zu einem Vierteljahr Jugendkolonie verknackt!«
    Ich versuchte, ihn zu beruhigen: »Das hat er verdient. An Jugendkolonie ist noch keiner gestorben. Besser geworden allerdings auch nicht. Der Buchhalter hätte ihm lieber das Fell versohlen und es dabei belassen sollen, das hilft eher ...«
    Â»Und außerdem muß er den Schaden bezahlen. Ich sammle schon!«
    Ob er erwartete, daß ich eine Spende machte? Ich gab mir Mühe, möglichst unbeteiligt auszusehen. Und dabei fiel mir ein, daß ich erst vor kurzer Zeit an Jerome Blondel gedacht hatte. Nämlich in Miß Silvas Büro, als ich auf ihrem Kalender diese etwas ominöse Eintragung »Ti. Wo.« las, alle vierzehn Tage, und kurz vor dem Verschwinden von Mrs. Ronaldo den Zusatz »Ausfall wg. Fernsehreportage.« Es war mir peinlich gewesen, Miß Silva danach zu fragen, aber mir war durch den Kopf gegangen, wenn ich herausfände, wann ein Fernsehteam »Ti. Wo.« besucht hatte, zwecks einer Reportage, würde ich nicht nur erfahren, wer oder was »Ti. Wo.« war, sondern ich wüßte dann auch etwas mehr über Miß

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